Montag, 28. Mai 2012

Samstag, 19. Mai 2012

Abmahnung Trak via Georg S. Mayer, Wien


Rechtlicher Hinweis: Die folgenden Positionen stellen allein die Meinung des Autors dar. Sie bleiben insofern einer Überprüfung durch Spezialisten vor Ort vorbehalten. Sie werden im Verlauf der nächsten Tage ergänzt.

Sachverhalt

Internetanschlussinhaber aus Deutschland erhalten seit dem 18.05.2012 Abmahnungen der Kanzlei Georg S. Mayer GmbH, 1010 A-Wien, im Auftrag der Trak Music KG, A-5021 Seekirchen. Ihnen wird vorgeworfen, sie hätten das Werk "4 Directions Home" des Interpreten "Tibration" unerlaubter Weise in einer Tauschbörse der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Tathandlung sei über den "Container" "Futuretrance 59" begangen worden. Innerhalb von drei Tagen (Frist 21.05.2012) sollen eine vorgefertigte Erklärung unterzeichnet werden, danebst sollen auf ein Konto 450,00€ einbezahlt werden. Als Gerichtsstand wird der Ort A-Wien benannt.

Feststellungen

Natürlich ist von einer Unterzeichnung der "Verpflichtungserkärung" abzusehen. Zahlungen sollten zuvor intensiv geprüft werden. Eine "modifizierte Unterlassungserklärung", die den Unterlassungsanspruch erfüllt, aber die kein Schuldeingeständnis darstellt, ist abzugeben. Aber Achtung: Es werden auch weitere Ansprüche geltend gemacht, auf die in einem Anschreiben zu reagieren ist!

Die Frage welche modifizierte Unterlassungserklärung dem österreichischen Recht genügend abzugeben ist, kann heute nicht geklärt werden. Es liegen sowohl ausreichende Bemusterungen für Deutschland und Österreich vor.  Der Meinung des Autors entspricht die normale deutsche "modifizierte Unterlassungserklärung" den Anforderungen (Inhalt - Ernsthaftigkeit über Strafbewehrung). Zudem hat die Trak Music in der Rechtsform einer GnBR über die Kanzlei Meier in D-Lünen bereits abgemahnt und insofern auch ausreichend deutsche modifizierte Unterlassungserklärungen angenommen.

An der Möglichkeit der Trak Music in Österreich gegen deutsche Staatsbürger gerichtlich vorzugehen gibt es keinen wirklichen Zweifel. Allerdings dürfte dies aus sachlichen Gründen kaum geschehen, es sei denn man unterzeichnet die "Orginal Verpflichtungserklärung", keine "Verpflichtungserklärung", oder gibt ein wie auch immer geartetes Schuldeingeständnis ab. 1.tens ist das Institut der Störerhaftung in Österreich vollkommen anders gestaltet als in Deutschland. Mit dem Entscheid des OGH, Beschluss vom 22.1.2008, 4 Ob 194/07v entlastet der OHG Internetanschlussinhaber bei Tathandlungen zB der Kinder: "Das bloße Zurverfügungstellen des Computers mit Internetzugang schuf zwar eine adäquate Ursache für die spätere Rechtsverletzung, der Beklagte musste aber mangels irgendwelcher Anhaltspunkte nicht damit rechnen, dass seine Tochter bei Nutzung des Internets in Urheber- und/oder Werknutzungsrecht eingreifen würde. Die Funktionsweise von Internettauschbörsen und Filesharing-Systemen kann bei Erwachsenen nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. Der Beklagte musste daher nicht wissen, dass die relevanten Daten über ein solches System auch für andere Internetnutzer zugänglich sind und damit unter Verletzung von Verwertungsrechten verbreitet werden können. Er war daher auch nicht verpflichtet, die Internetaktivitäten seiner Tochter von vornherein zu überwachen." (Beschreibung internet4jurists - Volltext ebenda). Die "deutsche" Störerhaftung gilt nicht in Österreich. Dass sich daran etwas ändern sollte ist nicht ersichtlich. Natürlich verschweigt die Abmahnung diesen Umstand. Sie ist daher kaum als rechtsanwaltliche Leistung zu klassifizieren. Weitere Punkte wären zB die Erfassung der IP-Adressen selbst. Der "Dienstleister" wird uns nicht vorgestellt. Es dürfte sich um ein deutsches Unternehmen handeln. Hier gilt es akteneinsicht in die Beschlussakte der Auskunftsgerichte zu nehmen. Problematisch ist hier, dass für "ausländische" Investigatoren in Österreich strenge Regeln gelten. So können im Gerichtsfall deutsche Sachverständigengutachten vor den Österreichischen Gerichten nicht als Funktionsnachweis herhalten. Es werden dort österreichische Gutachten verlangt.

Über das weitere wird zeitnah informiert. Da (wie früher mal) auch zB Vernichtungsansprüche geltend gemacht werden, sollte man darauf durchaus reagieren. Die Behauptung der Kanzlei Mayer, es drohten strafrechtliche Ermittlungen ist alledings an Albernheit kaum zu überbieten.

PSchen: Top-Juristen sollten allerdings in Abmahnungen vom 14.05.2012, die erst am 18.05.2012 zugehen (wohl Brieftaubenpost?) die richtigen Deutschen Paragraphen zu zitieren wissen. So ist der fehlerhaft eingebaute § 3 TKG, Ziffer 30d jedem halbwegs informierten Nichtjuristen auffällig, da er weiß, dass es diesen nicht mehr gibt.   


Donnerstag, 17. Mai 2012

OLG Köln, Beschluss vom 20.01.2012, Az.: 6 W 242/11


Unter Bezugnahme auf die Entscheidung OLG Köln, Beschluss vom 07.09.2011, Az.: 6 W 82/11 half die "Beschwerdekammer" des OLG Köln der Beschwerde einer Anschlussinhaberin ab, die sich gegen die erolfgte Beauskunftung Ihrer Daten an einen Abmahner wehrte.

Volltext 20.01.2012
Volltext 07.09.2011

Die Ausführungen des Gerichts sind überaus erstaunlich. Ob diese aber über die Auskunftsverfahren hinaus Wirkung zeigen ist fraglich. Auch wäre nicht bekannt, dass die Auskunftsschleuder LG Köln sich von diesen Beschlüssen hat abhalten lassen - insofern grundrechtsverletzend - den "etablierten" Abmahnern weiteres Abmahnkapital zu verschaffen.

Im Kern stellt das OLG Köln fest: "Der Rechteinhaber muss daher, bevor er mit der Ermittlung von Rechtsverletzungen beginnt, sicherstellen, dass diese Ermittlungen ordnungsgemäß durchgeführt werden und dass er dies dokumentieren kann. Setzt er hierfür eine Software ein, muss diese durch einen unabhängigen Sachverständigen überprüft und regelmäßig kontrolliert werden. Eine nachträgliche Untersuchung der eingesetzten Software durch das Gericht mit ungewissem Ausgang (vgl. Beschluss des Senats vom 7.9.2011 – 6 W 82/11) genügt dagegen nicht, um eine Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung begründen zu können." Im Beschluss vom 07.09.2011 wird eine Frist von 6 Monaten nach der ermittelten Tathandlung für eine nachträgliche Untersuchung der Software gesetzt.

Selbstverständlich erfüllt kein einziger "Rechteinhaber" das Sachverständigen-Kriterium. Eine Rückwirkung ist aber ausgeschlossen, da bislang nur galt, dass der "Rechteinhaber" die Erfüllung sog. "Parameter" glaubhaft per Zeugenbeweis und/oder Eidesstattlicher Versicherung machen mußte, um an die Datenmengen zu kommen. ("Die Antragstellerin hat dargelegt, dass die von ihr zum Auffinden der Rechtsverletzungen eingesetzte Software zuverlässig arbeitet, die Parameter der aufzufindenden Dateien zutreffend ermittelt worden sind, die Software ordnungsgemäß in Betrieb gesetzt worden ist und zum Auffinden der im Tenor genannten IP-Adressen zu den dort bezeichneten Zeitpunkten geführt hat." (OLG Köln, Beschluss vom 21.10.2008, Az.: 6Wx 2/08)). Schon hiermit hatten so einige Abmahner Probleme. 

Wie auch immer sich die Richter des OLG die Umsetzung dieses Beschlusses vorstellen, sprich ob denn nun alle Ermittlungsfirmchen dieser Abmahnwelt eine gerichtliche Einweisung erhielten, oder dies noch aussteht ... ob denn nun die Richter am LG "Auskunftsschleuder" Unterweisungen erhielten ... faktisch gestaltet sich eine rechtmäßige Ermittlung wie folgt.

Wird die Ermittlungsfirma "Extravaganzia" von einem Rechteinhaber beauftragt unerlaubte Handlungen in Tauschbörsen zu ermitteln, die ein konkretes Werk betreffen, muss sie pro Hashwert/Datei und pro Auskunftsbeschluss über einen externen Sachverständigen über zwei Stichproben uber 4 Stunden Dauer nachweisen, dass die Ermittlungen stets fehlerfrei verliefen. Sie kann bei einer Rate von 99,9% nicht mehr wie früher den ganzen Klatsch an den Bevollmächtigten des Rechteinhabers abgeben, sondern muss die erhobenen Daten gänzlich in die Tonne jagen.

Der Sachverständige muss pro Auskunftsbeschluss a) eine Zeitabrechnung in Rechnung stellen und b) stets mit dem Auskunftsantrag ein Sachverständigengutachten beilegen.

Wie bereits angemerkt: Das dürfte auch in Zukunft natürlich nicht so gemacht werden.

Die Kosten aber könnte der "Rechteinhaber" von den späteren begründet Abgemahnten über den Weg des Schadensersatzverlangens fordern und ggfs. einklagen.

Beispielrechungaus dem berüchtigten "Evidenzia-System"

Dort wurden in einem 4/3-Tageszyklus (Montags + Donnerstags ist Auskunftstag) sagen wir mal durchschnittlich 100/75 IP-Adressen für einen Hashwert/Datei gefischt. Der hinzu zu ziehende Sachverständige muss also für jeden Auskunftstag und insofern 16 Arbeittstunden vor Ort prüfen und hernach in insgesamt 4 Arbeitsstunden ein Gutachten erstellen. Macht unter Brüdern 1.200,00€. Dies jedoch nicht etwa "pro Woche". Überwacht die Evidenzia zehn unterschiedliche Hashwerte/Dateien genau zehn Mal. Wir hätten dann nur 12.000,00 Gutachterkosten für die Ermittlung von 1.750 IPs, also nur 6,85€ pro IP.

Daher ist das jetzt schon hörbare Gejammere der Rechteinhaber über solche "verschärften" Kriterien als grundlos abzuweisen.

Sowohl von der Organisation, als auch der Kostenseite ist der Beschluss des OLG Köln daher mehr als sinnstiftend. Er schafft zudem Arbeitsplätze in der Abmahnindustrie und nicht nur einzelne Millionaros, die vereinsamt an 10 Rechnern sitzen und vor lauter Unterzeichnen von Eidesstattlichen Versicherungen und Datentransfers gar nicht zur Überprüfung ihrer Software (geschweige denn zum Auffinden von Fehlern derselben) kommen.

Samstag, 12. Mai 2012

OLG Thüringen, Urteil vom 21.03.2012, Az. 2 U 602/11


Via RA Ole Damm

Die Spezial-Frage der rechtlichen Bewertung, der mit urheberrechtlichen Abmahnungen stets geforderten Abgabe einer bestimmten und vorgefertigten Unterlassungserklärung, führt gerne in besondere Urteile und Beschlüsse. Besondere Berühmtheit erlangte der Beschluss des OLG Köln vom 20.05.2011, Az.: 6 W 30/11, und das nicht etwa weil er die "alten" Versionen der Abmahnungen der Kanzlei Waldorf-Frommer 2006 - 2011 vollständig untaugliche Abmahnungen darstellen, sondern weil der Heimathafen des dortigen Lieblingsanwalts den Kölner Beschluss totalignoriert (BGH-fähig).

Nun beschäftigte sich das OLG Thüringen allerdings im wettbewerbsrechtlichen (bedingt übertragbar aufs Urheberrecht) Segment mit der Frage der Geltung einer unterschriebenen "Orginal-Unterlassungserklärung", wenn ein Vertragsstrafenversprechen in der Höhe von 25.000,00€ gefordert wird.

Hier ein adäquates Beispiel aus dem Abmahnwahn:  


Das OLG Thüringen hatte letztlich ein solches Produkt (25.000,00€) als nichtig bewertet. Damit kann in erster Linie die Vertragsstrafensumme in Höhe von 25.000,00€ nicht eingefordert werden.Nicht eingefordert bedeuted im Übrigen hier gar nicht = 0,00€. (Sollte das Gericht keine Kostenteilung beschlossen haben gingen die Verfahrenskosten im Bereich von 11.000,00€ + Spesen ganz an die erfolglose Klägerin.)

Angesichts der Argumentationslinien des OLG Thüringen muss ich erkennen, dass die obige Orgnal-Unterlassungserklärung, sofern vom Abgemahnten unterschrieben ebenso nichtig zu werten ist. Die wichtigsten:

1. "Eine unangemessene Benachteiligung liegt vor, weil die Klausel ohne Differenzierung nach Art, Umfang, Schwere und Grad des Verschuldens des konkreten Verstoßes eine Vertragsstrafe in einer erheblichen und so auch nicht üblichen Höhe vorsieht (vgl. OLG Hamburg Magazindienst 2000, 23)." 


Es gibt hier keinerlei Ansatzpunkte, die für die Höhe der Vertragsstrafe (6.000,00€) vorgetragen wären. Ebenso werden keine graduellen Unterschiede erläutert. 


2. Fehlende "Differenzierung" ("Es kann der Klausel nicht entnommen werden, inwieweit der Kläger beabsichtigt hatte, geringfügige Verstöße oder nur aufgrund leichter Fahrlässigkeit begangene Verstöße zusammenzufassen."

Mehr als interessant: Jede "Orginal"- aber auch jede "modifizierte" Unterlassungserklärung enthält nach dem Hamburger Brauch die Floskel "für jeden Fall der Zuwiderhandlung". Es dürfte jedoch klar sein, dass zwischen dem Versuch eines Verstoßes gegen den § 19a UrhG (Werk in Tauschbörse nur 3% angeladen) und einem schwunghaften Raubkopiehandel an 250 "Kunden" für 5€/Stück ein kleiner Unterschied besteht. 

3. "Bei der Bemessung einer Vertragsstrafe kommt es - unter Berücksichtigung von Schwere und Ausmaß der Zuwiderhandlung - auf den Sanktionscharakter der Vertragsstrafe und deren Funktion an, weitere Zuwiderhandlungen zu verhüten, ferner auf die Gefährlichkeit der Zuwiderhandlung für den Gläubiger, auf das Verschulden des Verletzers und - gegebenenfalls - auf die Funktion der Vertragsstrafe als pauschalierter Schadensersatz (BGH GRUR 1994, 146 - Vertragsstrafebemessung). Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist die vom Kläger vorgegebene Vertragsstrafe unangemessen hoch."

Nehmen wir mal den "pauschalisierten Schadensersatz", der gerade in den TGC-Verfahren diskutiert wird als Beispiel, nämlich 182,00€ und legen ihn neben das geforderte Vertragsstrafenversprechen in Höhe von 6.000,00€ erkennen wir einen Unterschied (bei zB gleicher Verletzungshandlung) von 5.818,00€. Interessanter Weise sucht die Kanzlei im Beispiel am Gerichtsstand Berlin solche Schadensersatzforderungen bei einer erstmaligen Zuwiderhandlung durchzusetzen. Nach der Logik der Kanzlei da müßte also in der "Orginal-Unterlassungserklärung" ein Wert von 165.000,00€ stehen. 

Dienstag, 8. Mai 2012

AG Hamburg, Urteil vom 30.04.2012, Az.: 36a C 479/11

Update 10.05.2012
(Unbestätigt) Es wird nun im Net geplaudert, der Beklagte habe sich zur (An-)Zahlung durch eine Falschberatung durch eine "Verbraucherschutzzentrale" verleiten lassen. Damit wäre auch klar, dass er keine "modifizierte Unterlassungserklärung" abgegeben hat, sondern ein Schmierstück mit der rechtlichen Wirkung eines doppelten Schuldeingeständnisses.

Heute berichtet die Kanzlei von Dr. Martin Bahr von einem neueren Urteil des Amtsgericht Hamburg (nicht rechtskräftig) in Sachen Rasch - "Musikindustrie". (Pressemitteilung)

Es liegt kein Volltext vor, also kann über die Hintergründe des Falls nicht spekuliert werden. Dennoch ist klar, dass die von dem Beklagten nach der Abmahnung getätigte "Anzahlung" von 250,00€ ihm das prozessuale Genick gebrochen haben dürfte. Es ist daher mal wieder dringend anzuraten, von solchen Praktiken Abstand zu nehmen, da eine "Anzahlung" stets als Schuldeingeständnis gewertet werden muss.

Wesentlich Neues bringt das Urteil nicht mit sich. Ein Vergleich zum Urteil des AG Hamburg vom 27.06.2011, Az. 36A C 172/10 (Volltext), in dem die Tathandlung selbst in der mündlichen Verhandlung vom Beklagten "zugegeben" wurde, zeigt keine wesentlichen Veränderungen.

Anzumerken sind folgende Dinge, die den Schadensersatz betreffen. Im Urteil vom 27.06.2011 ergibt die Rechung der Richter, nachdem die Klägerin offensichtlich nur einen Mindest-Schadensersatz in Höhe von 66,66€ pro  Musiktitel beantragte, einen "Basis-Schadensersatz" in Höhe von 100,00€ pro Musiktitel, auf den ein "Verletzerzuschlag von 50% = 50,00€ zu rechnen sei, was bei 15 Musiktiteln einen Wert von 2.250,00€ ergibt. Nun aber sind die Lebenshaltungskosten seit letztem Jahr für die schicken Autos per Benzinpreis drastisch gestiegen. Daher hält das Gericht es nun für erforderlich im Urteil vom 30.04.2012 die Sätze zu erhöhen. Pro Musiktitel sei nun ein Wert von 151,51€ (+51,51%) gerechtfertigt. Mit dem "Verletzerzuschlag" sind wir bei 11 Musiktiteln bei 2.500,00€.

Hinzu kommt (der Sachverhalt im Urteil vom 30.04.2012 wird nicht besprochen), dass im Urteil vom 27.06.2011 wie auch im neueren Urteil die vollständig idiotische These der "unbegrenzten Downloadmöglichkeit" einer fest gestellten Verbreitungszeit von 3 Stunden angedichtet wird. Sogar das Rasch-freundliche OLG Köln hatte gegen diese Theorie im berüchtigten "Hinweisbeschluss" 6 U 67/11, der allerdings nie in ein Urteil gegossen wurde geltend gemacht. Auch wenn gegen die lizenzanalogische Schätzung eines Schadensersatzes nichts einzuwenden ist - im Streitfall vom 27.06.2011 ist eine Verbreitung des Albums im Zeitraum von 3 Stunden durch den Beklagten nachgewiesen. Zu berücksichtigen ist, dass die Ermittlungsfirma der Klägerin das Album zuvor und später überwachte und damit genau fest stellen kann, ob die Zeitangabe realistisch ist. Mit einem einfachen Screenshotsystem (Intervall zB 10 Minuten) kann die tatsächliche Verbreitung zu einer konkreten Tathandlung nachgewiesen werden. Logischer Weise führt die physikalische Begrenzung des Angebots zu einer Beschränkung in der Masse. Hier würde man von maximal 135 Titeln, die verbreitet wurden ausgehen können, wobei die konkreten Schwarmteilnehmer fest zu stellen wären. Der aktuelle Satz (151,51€) wird nun nicht erläutert. In ein erlaubtes GEMA-Modell umgerechnet steht eine Verbreitung von 15 000 Verbreitungen entgegen. Es ist daher nur logisch anzunehmen, dass derjenige, welcher eingeht 135 Titel zu verbreiten (bewußt, über das Abschalten des Uploads) nie im Leben eingewilligt hätte eine Vereinbarung zu 15 000 Titeln zu unterzeichnen. Zudem enthebt der "Verletzerzuschlag" des AG Hamburg auch die Ansicht "selbst schuld - wußte das es illegal ist" dieser Rechnung jegliche Grundlage.

Hauptpunkt aber ist: Selbst wenn man annähme, dass nur 10 Leute im Zeitraum von den berüchtigten 3 Stunden erwischt worden wären und die verteilten Fragmente in weiteren 50 Fällen relevant geworden wären ... wir sind dann bei 60 Abmahnungen mit einem Schadesersatzpotential in Höhe von 150.000€. Dem gegenüber steht ein relaer "Gewinnausfall" von ... etwa 270,00€.

Angesichts dessen darf sich das AG Hamburg den Nicknamen "Goldesel" gerne an die Türe kleben.

Montag, 7. Mai 2012

Schröder - Klagen - Was zu sagen wäre

Schon seit geraumer Zeit überzieht die Kanzlei Lutz Schröder aus Kiel die Republik mit sonderbaren Abmahnungen aus dem Pornosegment. Betroffenen Anschlussinhabern wird unterstellt, sie selbst, oder Dritte hätten über ihren Anschluss über eine "Tauschbörse" britische Privatpornos, die von kaum vertickbarer Qualität sind und die von allerlei illustren "Rechteinhabern" auf Webseiten, die kaum Besuch finden können angeboten werden verbreitet.

Nach dem Gießkannenprinzig erhob nun die Kanzlei auch Leistungsklagen. Es befinden sich in dieser Liste jedoch auch Fälle von denen an dieser Stelle bereits berichtet wurde (Ungewinnbar nach schwerem Fehler).

Von den großen und "spezialisierten" Gerichstständen hört man jedoch ... gar nichts. Hört man von Ihnen nichts, ist von einem "Vergleichsbahnhof" auszugehen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass eine Vielzahl der Beklagten keinen Täterbezug erkennen kann. Dies ist stets ein Indiz für eine potentiell fehlerhafte Ermittlung.

Nach der Auswertung mehrerer der abgeschlossenen Fallakten kann folgendes beigetragen werden:

1. Unstrittig existiert "auf den ersten Blick" eine halbwegs logische Verwertungskette. Die jeweiligen Laufblder können urheberrechtlichen Schutz in Anspruch nehmen. Zudem ergeben "Testdownloads", dass hinter den verschiedenen Dateien, die stets unter falschem Namen in Tauschbörsen eingespeist wurden, sich auch tatsächlich die bewußten Laufbilder befinden.

2. Zum 1007ten Mal: Es gilt - wie auch in allen anderen FilesharingFällen - umfangreich im Bereich der sekundären Darlegungslast vorzutragen. Ansonsten ist man auch hier chancenlos. Was man hier im Jahr 2012 noch erleben kann ist teilweise jämmerlich. "Einige" Rechtsanwälte der Abwehrfront haben frühzeitig auf dieses Problem hingewiesen. Der Autor selbst hat mit der Schiene "Musterklageerwiederung - RA Christian Solmecke" im Frühjahr 2009 (von Beginn an) im Vorgriff der Entscheidung des BGH vom 12.05.2010 ("Sommer unseres Lebens") Standards gesetzt. Dieser Bereich ist und bleibt der wichtigste - auch wenn man sich als Beklagter gerade in einem Porno-Verbreitungsverfahren hierdurch einem Pseudo-Terror-Strafrechtsverfahren ausgesetzt fühlt. Ohne ausreichende Darlegung - keine Erfolgsaussicht!

3. Die Ergebnisse zu den "Ermittlungen" der Firma "LoogBerry IT GmbH, Berlin" bieten jedoch genügend anlaß berechtigte Zweifel an der Solidität der Ermittlungen zu entwickeln. Neben den üblichen Merkmalen einer zweifelshaften Ermittlung (EV - Beschreibung des Ermittlungsvorgangs, etc.) und weiteren Besonderheiten ist es mal wieder die Schlüssigkeit der Ermittlungen, die ins Auge sticht.

Ich erläutere nun die Vorgehensweise. Das hierbei natürlich keine "Erfolgsversprechen" in den Raum gestellt werden, jeder einzelfall einer gesonderten Überprüfung obliegt, die Ermittlungsfirma durchaus auch Täter ermittelt haben kann, sollte klar sein. Zudem sind die Rechtsstreite die zu Grunde gelgt werden abgeschlossen.

3.1 Selbstverständlich ist stets die Akteneinsicht in das Auskunftsverfahren anwaltliche Pflichtübung.

3.2 Häufig kommt es vor, dass ein Anschlussinhaber des Verbreitens von zwei Werken bezichtigt wird.

3.3 Überprüfungsanleitung

Aus den vorliegenden "IP-Adressenlisten" läßt sich unschwer die Ermittlungssystematik erkennen. Diese führt unweigerlich in die Kern-Fragestellung des Beschlusses des OLG Köln, 6 W 5/11, vom 10.02.2011.

Als erstes sind die "wahllos" erscheinenden "IP-Adressenlisten" nach Regionalknotenpunkten zu sortieren.
Man verwende hierzu die Webseite "utrace.de". Man wird (hier ein Beispiel, dass sich pro "IP-Adressenliste" je nach Größe der Liste mehrfach wiederholt) überrascht festellen, dass eine schlüssige Ermittlung vorgelegt wird:

79.205.33.xx auf dem Werk ZZZ.avi am 05.03.2011 um 06:58 - Reg-Kntpkt X in Niedersachsen
79.205.34.xx auf dem Werk ZZZ.avi am 06.03.2011 um 08:58 - Reg-Kntpkt X in Niedersachsen

Die Ermittlung ergibt also, dass über den Internetanschluss eines Inhabers ein identisches Werk über einen identischen Reginalknotenpunkt verbreitet wurde. Insofern kann auch nur ein Anschlußinhaber beauskunftet und abgemahnt worden sein. 

Diese Systematik findet sich stets. Über den Zeitraum einer "Zwangstrennung" hinweg oft auch in drei Ermittlungsergebnissen. 

Wie auch im Fall "CSR" ist insofern zur grundsätzlichen Feststellung der Schlüssigkeit der Ermittlung zu fordern, dass die beauskunfteten Daten des Providers/Resellers abgeglichen werden. Stellt man fest, dass die einzelnen Vorwürfe stets den gleichen Anschlußinhaber betreffen, steht die Ermittlung in diesem Bereich (!) solide da. Aus der Praxis (CSR) darf jedoch in Zweifel gezogen werden, dass nur einer eine Abmahnung erhielt.