Mittwoch, 28. Januar 2015

AG Koblenz - Klagerücknahme - 142 C 1449/14


Wie das AG Koblenz mit Schreiben vom 27.01.2015 mitteilt, wurde ein Termin zur mündlichen Verhandlung zum 25.02.2015 wegen einer Klagerücknahme durch die Klägerin aufgehoben. 

Die Klägerin, eine Gesellschaft für Forderungsmanagment - vertreten durch eine Kanzlei aus Ettlingen -, hatte Ende November Klage gegen einen Internetanschlussinhaber erhoben. Beantragt wurde den Beklagten zu verurteilen an die Klägerin 651,80€ an Rechtsanwaltskosten als Aufwendungsersatz für eine Abmahnung aus dem Jahr 2010, ferner 500,00€ als Schadensersatz, schließlich 169,50€ an Inkassokosten zu leisten. Gesamtstreitwert: 1.321,30€. Die Firma iObserve, Ettlingen habe beweissicher fest gestellt, dass im März 2010 ein pornographisches Werk eines einschlägigen Herstellers über den Anschluss des Beklagten in einer Internettauschbörse angeboten worden sei. Der Hersteller habe die hieraus resultierenden Ersatzansprüche der Klägerin übertragen. Die Klägerin trug natürlich ausführlich zu den einzelnen Ansprüchen vor.

Zuznächst wandte der Beklagte in seiner Erwiderung ein, dass die Inkassokosten nicht von ihm zu erstatten seien (vgl. BGH, NJW 2005,2991). Der bisherige Klagevortrag zu dem behaupteten Schadensersatzanspruch sei unsunbstantiiert und die Ansprüche daher zu diesem Zeitpunkt zurückzuweisen (fehlende "Unterlagen"). Der auf 500,00€ bezifferte Anspruch sei im Bereich der pornographischen Billigproduktionen als überhöht anzusehen. Dies betreffe auch den von der Klägerin gewählten Ansatz für die Bemessung des Gegenstandswert für die Abmahnung (bspw. OLG Hamm, Beschluss vom 26.03.2013 - 22 W 42/13, AG Düsseldorf, Urteil vom 20.05.2014 - 57 C 16445/13 ...). 

Zum Tatvorwurf selbst äußerte sich der Beklagte dahingehend, dass eine weitere Person in Form der Ehefrau den Anschluss zu dem angeblich ermittelten Zeitpunkt genutzt habe. Damit sei bereits die tatsächliche Vermutung erschüttert, er selbst habe die Tathandlung allein zu verantworten (BGH, Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - AG Hamburg,Urteil vom 21.08.2014 - 35a 127/13; AG Charlottenburg, Urteil vom 12.08.2014 - 224 C 175/14; AG Frankenthal, Urteil vom 14.07.2014 - 3b C 145/14; AG München Urteil vom 15.07.2014 – 158 C 19376/13, etc.). Zwecks Erfüllung seiner sekundären Darlegungslast trug der Beklagte weiter über die häuslichen Umstände vor. Ebenso ausführlich wurde das Thema "Störerhaftung" von ihm besprochen. 

Der Beklagte  bezog sich hernach auch auf die jüngsten Beschlüsse des AG Koblenz zum Thema eines Beweisvertungsverbots aufgrund fehlender Auskunftsbeschlüsse ("Reseller"-Beschlüsse vom 24.11.2014 - 411 C 250/14 und vom 02.01.2014 - 153 C 3184/14). 

Wie bei der Ermittlungsfirma iobserve "üblich" war ebanso das Thema "Ermittlungstechnik" ausführlich zu besprechen. Der Beklagte trug vor, er habe nach Ermittlungen dieser Firma aus dem Frühjahr 2010 insgesamt vier Abmahnungen erhalten (Verjährt - drei). Neben Detailpunkten wandte der Beklagte ein, dass die Abmahnungen unterschiedliche Clients (Filesharingprogramme) als Tatmittel bezeichnen würden - dies sogar zu gleichen Zeiten. Er habe jedoch weder den einen noch den anderen Client benutzt, da er über eine besondere Softwarelösung verfüge, die einen gänzlich anderen Client beinhalte. Der Beklagte legte zu den insgesamt 13 vorliegenden Ermittlungsdaten nsA ausreichend vor. Zum Teil gelang es zu behaupten und unter Beweis zu stellen, dass der Beklagte auch faktisch die Tathandlungen nicht begangen haben konnte. Neben vielen formalen Problemen, hinterfragte der Beklagte die Befähigung  eines für die Korrektheit zur Verfügung gestellten Zeugen der Ermittlungsfirma. Die Klägerin hatte behauptet ein Herr R. - sei heute Geschäftsführer der Firma R GmbH, welche als Rechtsnachfolgerin der Frima iObserve fungiere. Der Beklagte belegte anhand HR-Auszügen, dass die Frima iobserve jedoch schlicht erschlossen sei. Die Frima R.GmbH  sei die Rechtsnachfolgerin der Firma G. GmbH und nicht der iObserve. (Spannende Fragen .. zB in wie fern ein unabhängiger Sachverständiger in einer nicht mehr vorhandenen Firma Untersuchungen anstellen solle... .)

Der Beklagte beantragte die Klage abzuweisen. Hierauf zog die Klägerin die Klage zurück. 

PS: Der Beklagte ist "Selbstverteidiger", der sich professionelle Unterstützung bei der "Interessengemeinschaft gegen den Abmahnwahn", die untröstlich ist, dass dieses Verfahren nicht mit Urteil entschieden wird. Da hierdurch dem Beklagten keine eigenen Rechtsanwaltskosten entstanden sind - sind auch keine Kostenanträge zu stellen.

Donnerstag, 22. Januar 2015

AG Frankfurt, Urteil vom 15.01.2015 - 32 C 2977/14 (90)


Die Kanzlei des Herrn Rechtsanwalts Stefan Zdarsky (Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz) in Frankfurt, welche traditionell (AG Frankfurt, Urteil vom 06.09.2013 - 32 C 3369/12 (72), oder AG Frankfurt, Urteil vom 13.10.2009 - 30 C 394/09) zu den empfehlenswertesten Kanzleien am Gerichtsstandort Frankfurt gehört, teilt mit dass wie im Volltext anschließend dargestellt das AG Frankfurt eine Klage der Europool GmbH/Baumgarten-Brandt gegen einen Anschlussinhaber abgewiesen hat.

Die Klägerin verlangte nachdem eine Ermittlungsfirma einen Rechtsverstoß, welcher über den Anschluss des Beklagten erfolgt sein soll, den Beklagten zur Zahlung von insgesamt 955,60€ zu verpflichten.

Der Beklagte wandte jedoch entscheidungserheblich ein, dass er selbst zum angeblichen Tatzeitpunkt über 300 Kilometer entfernt gewesen sei und seinen Computer vor einer Geschäftsreise abgeschaltet habe. Neben ihm hatten jedoch seine Ehefrau und ein Au-Pair-Mädchen Zugriff auf den Internetanschluss. Diese hätten auf Nachfrage des Beklagten jedoch versichert die Tathandlung nicht begangen zu haben.

Aufgrund der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12) habe der Beklagte mit diesem Vortrag bereits die tatsächliche Vermutung erschüttert, er selbst habe die Tathandlung selbst begangen und er wäre damit auch bereits seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen. Weitere Nachforschungspflichten für den Beklagten hätten sich nicht ergeben, wobei das Gericht anmerkt, dass die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast bereits überspannt seien, wenn man einen konkreten Vortrag zu einem bestimmten Tag und Zeitpunkt fordern würde, da es nach Monaten (Abmahnung) oder gar Jahren (Klage) auch für erwachsene Haushaltsmitglieder nicht nachvollziehbar sei, ob sie sich zu diesem Zeitpunkt tatsächlich zB zu Hause augehalten hätten.






Donnerstag, 15. Januar 2015

AG Hannover, Urteil vom 10.12.2014 - 550 C 6417/14


Mit der folgenden Entscheidung setzt das AG Hannover die jüngste Rechtsprechung des LG Hannover Urteil vom 15.8.2014 – 18 S 13/14 konsequent fort. Ob gegen des Urteil Berufung eingelegt wurde, oder ob es rechtskräftig ist ist derzeit nicht bekannt.

Die Klägerin behauptete Rechte an einem "Horrorstreifen" inne zu halten, die im Jahr 2010 durch ein unerlaubtes Anbieten in einer Filesharing-Tauschbörse verletz wurden. Dies sei über den Internetanschluss des Beklagten geschehen. Die Klägerin beantragte den Beklagten zur Leistung von 807,80€ an Rechtsanwaltskosten und 200,00€ an Schadensersatz an sie zu verpflichten.

Der Beklagte wandte zunächst ein, er habe die Tathandlung nicht begangen. Auch habe zum maßgeblichen Zeitpunkt seine Lebensgefährtin Zugriff auf den Anschluss gehabt.

Das Gericht wies die Klage als unbegründet ab.

Zunächst habe der Beklagte die "tatsächliche Vermutung" mit seinem Vortrag erschüttert, er selbst sei für die Tathandlung verantwortlich. Es genüge hierfür bereits regelmäßig, wenn Hausgenossen auf den Anschluss zugreifen könnten. Die sekundäre Darlegungslast des Beklagten ginge auch nicht so weit, dass er durch eigene Nachforschungen einen Täter der Handlung ermitteln und benennen müsse. Unschädlich sei es auch, wenn die Lebensgefährtin des Beklagten ihm gegenüber versichert habe die Tathandlung nicht begangen zu haben. Der Beklagte habe insgesamt in Abrede gestellt, dass die Handlung über seinen Anschluss begangen worden sei und durch die Darlegung, die Lebensgefährtin habe Zugriff auf den Anschluss nehmen können nur aufgeziegt, dass nicht nur er als Täter in Frage komme. Letztlich habe die Klägerin auch nichts vorgetragen, was auf eine Tat oder Tatbeteilgung des Beklagten hinweisen würde. (Weitere Anforderungen an den Beklagtenvortrag waren nicht zu stellen.)

Eine etwaige Störerhaftung - ausgelöst durch die Verletzung von Prüf- und Sorgfaltspflichten sei durch die Klägerin nicht dargelegt worden. Jedenfalls bestünden in dieser Konstellation für den Beklagten keine Überwachungspflichten gegenüber seiner Lebensgefährtin, die er verletzt habe. Auch sei eine mangelnde Absicherung des Anschlusses (W-LAN-Funknetzwerk) nicht erkennbar.

Samstag, 10. Januar 2015

RAK Hamburg spricht Rüge gegen Rechtsanwalt aus


Wie die Beschwerdeabteilung der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer mit Schreiben vom 08.01.2015 mitteilt, ist eine von mir im August 2014 geführte Beschwerde gegen ein Kammermitglied für berechtigt gehalten worden. Die Kammer erteilte eine Rüge gegen einen lokalen Rechtsanwalt wegen Verstoßes gegen § 43 b und § 43 c BRAO. Der konkrete Umfang der Rüge ist mir nicht bekannt.

Hintergrund der Beschwerde waren die Aktivitäten einer Internetplattform, die exclusive Berichte mit Beteiligung des Rechtsanwalts mit Bildern des Rechtsanwalts veröffentlichte. In diese Bilder wurde redaktionell der Hinweis "Fachanwalt für Medienrecht" eingefügt. Ein solcher Titel existiert nicht. Zudem hatte der Rechtsanwalt zuvor erfolglos versucht, den Fachanwaltstitel in diesem Rechtsgebiet zu erwerben. Die Beschwerde brachte zudem vor, dass insbesondere eine bestimmte Veröffentlichung wohl "irreführende Werbung" im Sinne des später veröffentlichten Urteils des LG Hamburg vom 07.08.2014 - 327 O 118/14 darstellen würde. Besondere Dringlichkeit einzuschreiten bestand im Sinne der Beschwerde durch den Umstand, dass sich die Veröffentlichungen zielgerichtet an einen recht großen Kreis an potentiellen Mandanten wandten.

Bereits zwei Wochen nach der Beschwerde übersandte die Hanseatische Rechtsanwaltskammer die Beschwerde an den Rechtsanwalt, welcher zur Stellungnahme aufgefordert wurde. Die angegriffene Bild-Werbung wurde unverzüglich entfernt. Die Stellungnahme des Rechtsanwalts liegt mir nicht vor.

Nach meinem persönlichen Fazit ist die Hanseatische Rechtsanwaltskammer hier für ihre konsequente Haltung und sehr zügige Vorgehensweise nur zu loben. Neben der eigentlich selbstverständlichen Anforderung an den Rechtsanwalt, sich nicht eines ihm nicht zustehenden Titels zu berümen, zeigt der Hinweis auf § 43b BRAO der RAK mir persönlich doch, dass man kritisch gegenüber verschiedenen Werbeformen von Rechtsanwälten im Internet gegenüber steht. Hier mag sich dies strikt (ich kenne keine Schriftstücke zwischen Anwalt und RAK) an der Rechtsprechung des LG Hamburg  -siehe oben- orientieren.

Werbung die auf eine Erteilung eines Mandats im Einzelfall gerichtet ist  verstößt gegen anwaltliche Berufspflichten. Werbung mit einem nicht vorhandenen Titel sowieso.

PS: Selbstverständlich kam es von der Internetplattform, die Hauptursache der Beschwerde war zu unverständlichen Veröffentlichungen über die laufende Beschwerde. Man veröffentlichte mehrfach, die behauteten Tatsachen der Beschwerde wären erweislich nicht wahr und es läge ein Verstoß der Beschwerde gegen § 4, Abs. 8 UWG des Beschwerdeführers vor. [Derzeit habe ich keine Veranlassung Äußerungen des Rechtsanwalts selbst, die in Form von emails vorliegen zu thematisieren.] Vor ein paar Tagen fiel auch das Wort "denunzieren".

Ein panischer Gegenangriff, der lautlos verpufft ist.