Dienstag, 19. Oktober 2010

AG Wermelskirchen, Az.: 2a C 193/10

Kurzbericht von der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2010, die nicht nur optische Elemente von Interesse zu bieten hatte.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Rechteverwertungsgesellschaft aus dem Hessischen Raum erhob über eine Hauptstadtkanzlei Klage nach Widerspruch im Mahnvefahren wegen Abmahnkosten und Schadensersatz aus Urheberrechtsverletzung wegen der Verbreitung einer Tonaufnahme in sog. p2p-Tauschbörsen.(Übliche "Filesharingkostenklage - Einzeltitelabmahnung - Sampler"). Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage.

Streitgegenstand

Die Klägerin beantragte den Beklagten zur Zahlung von 915,30€ zu verpflichten. Dieser Betrag bestand aus Rechtsanwaltkosten aus einer 1,3-Gebühr aus einem Streitwert von 10.000,00€ = 631,80€. Hinzu kamen die gesamtschuldnerisch vorgetragenen Kosten für das Auskunftsverfahren am Landgericht Köln in Höhe von 203,50€ und eine Ermittlungspauschale in Höhe von 80,00€. Weiteregehende Schadensersatzforderungen sind unbekannt.

Themenzusammenfassung

Das Thema der Aktivlegitimation konnte nachdem die Klägervertreterin zwei Mal falsch zugeordnete Angaben als Anlage beigefügt hatte mit dem dritten Dokument das in der Verhandlung übergeben wurde geklärt werden.

Diskutiert wurde von der Richterin mit der Klägervertreterin das Thema der Rechtsmißbräuchlichkeit derartiger Abmahnungen. Auch entwickelte die Richterin Zweifel an den vorgelegten "Ermittlungsbeweisen", nachdem der Beklagtenvertreter auf ein neueres Gutachten in einem Verfahren am Amtsgericht Köln über identische Ermittlungsmethoden hingewiesen hatte. Die Richterin sah sich jedoch außer Stande die Beweisfrage ohne die Einschaltung eines Sachverständigen zu klären (dlK: da es sich schlicht um eine andere Ermittlungsfirma handelt). Zum Thema der gesamtschuldnerischen Verpflichtung eines Abgemahnten aus einer Liste von zB 97 Abgemahnten äußerte die Richterin erhebliche rechtliche Bedenken. [§ 423BGB] Zum Thema der Störerhaftung wurde sehr wenig diskutiert. Umso intensiver beschäftigte sich die Richterin mit der Anwendbarkeit einer Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs in Sachen § 97a UrhG, Abs. 2.

Vergleich

Aufgrund des hohen Kostenrisikos entschied der Beklagte im Einklang mit der Bevollmächtigten der Klägerin einem richterlichen Vergleichsangebot zuzustimmen. Die Parteien einigten sich auf 450,00€, die der Beklagte bei gleichzeitiger Kostenaufhebung an die Klägerin zu entrichten habe.

Kommentarbereich Vergleichsökonomie

Ich nutze gerne die Gelegenheit um auch auf Fehlmeinungen die im Internet in eischlägigen Diskussionforen kursieren einzugehen. Der Beklagte wurde sehr wohl über die Tragweite seiner Entscheidung aufgeklärt. Ein Prozeß mit Gutachtereinschaltung und gleichzeitig der Klärung der Frage der Rechtsmißbräuchlichkeit und der Anwendbarkeit des § 97a UrhG, Abs. 2 ist in jedem Fall BGH-fähig. Ein negatives Urteil für die Klägerin stand in der hier möglichen Einschätzung eventuell zur Debatte, wobei in jedem Fall weitere Instanzen sehr sicher angerufen worden wären.

Die Klägerin jedoch muß sich den Vorwurf gefallen lassen durch die Zustimmung zu einem Vergleich prozeßökonomisch im Besten Fall seltsam vorzugehen. Nachdem das Gericht über die bisherigen Erkentnisse von Beauftragungen und Kostenaufteilungen seitens der Rechteverwertungsfirma im Verhältniss zu den jeweiligen Bevollmächtigten aufgeklärt wurde legte die Kanzlei über die entstandenden Kosten eine Rechnung vor. Diese beträgt für die Abmahnung die entsprechend beantragten 651,80€ (beantragt wurden 20€ weniger ...). Die Rechung wurde bezahlt. Nach dem Vergleich kann nun natürlich der Betrag auf die erzielten Werte angeglichen werden, so daß der Kanzlei für die Abmahnung (denklogisch) ein Wert von ca 116,50€ verbleibt, also etwa eine 0,22-Gebühr aus einem Streitwert von 10.000,00€. Für die mündliche Verhandlung und den gesamten Rechtsstreit entstehen nun jedoch der Klägerin Kosten in Höhe von 432,80€. Hinzugefügt werden müssen die Abwesenheitspauschale und Fahrtkosten (Berlin - ca. Köln), die weit über 400,00€ betragen werden (es sei denn die Prozeßbevollmächtigte erschien zB aus Köln und/oder hat ihren Sitz dort). Dabei hat die Klägerin selbst aus ihrem Vorgehen nur die Kosten für den Auskunftsbeschluss und die Kosten für das Mahnverfahren und die Kosten der Ermittlungsfima erhalten. Das bedeutet ein Verlust im Verfahren zwischen 432,80€ und ca. 800,00€.

Ein wirtschaftlicher DrittWert hingegen ist angesichts des Verfahrensverlaufs nicht erkennbar. Er darf jedoch (gerade im Bereich des § 97a UrhG, Abs 2) als äußerst bedenklich und negativ für die Klägerin eingestuft werden.

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