Freitag, 17. Februar 2012

AG München 142 C 10921/11, Urteil vom 15.02.2012

Update - Offizieller Bericht von Dr. Bernhard Knies

Amtsgericht München, Az. 142 C 10921/11 Urteil vom 15.2.2012:

Keine Störerhaftung des Vermieters für seinen Mieter für illegales Filesharing:

Neues Urteil in Sachen Störerhaftung und Filesharing: Das Amtsgericht München hat mit einem durch unsere Kanzlei erstrittenen Urteil vom 15. Februar 2012 eine Klage von Waldorf Frommer im Auftrag eines großen Musiklabels abgewiesen und damit ein wichtiges Urteil zur Haftung von Vermietern gesprochen. Der Beklagte hatte nachweisen können, dass er für den illegalen Download und das Angebot von Musikdateien nicht selber verantwortlich war, sondern sein Mieter, dem er im Rahmen des Mietvertrages Zugang zu seinem W-LAN gewährt hatte. Zudem war der Mieter im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung zur Nutzung des W-LAN Netzes darauf hingewiesen worden, dass er über den Internet Anschluss keine Urheberrechtsverletzungen begehen dürfe.

Das Amtsgericht München hat hierzu geurteilt, dass in dieser Konstellation den Vermieter keine Störerhaftung trifft. Er muss insofern nicht für das Fehlverhalten seines Mieters einstehen.

Der Beklagte hat nach Auffassung des Amtsgerichts keine Prüfpflichten verletzt. Mit Aufnahme einer Klausel in den Mietvertrag, in dem sich der Mieter gegenüber seinem Vermieter zur rechtskonformen Nutzung des ihm überlassenen Netzzugangs verpflichtet, habe der Vermieter seinen Prüfpflichten ausreichend Rechnung getragen.

Das Urteil liegt auf einer Linie mit Urteilen, die die Haftung von Erwachsenen für Urheberrechtsverletzungen anderer Erwachsener kritisch sehen.

So hat etwa bei einem volljährigen Sohn das LG Mannheim mit Urteil vom 29.9.2006 (Az. 7 O 76/06 JurPC Web-Dok. 33/2007) die Meinung vertreten, dass die Eltern nicht auf Unterlassung in Anspruch genommen werden können. Kritisch äußert sich auch das OLG Köln beim gemeinsam genutzten Anschluss von Ehegatten (Beschluss vom 24.3.2011, Az. 6 W 42/11), hier gebe es wohl keine Überwachungspflichten.

Das vorliegende Urteil ist nicht rechtskräftig.

Newsticker

Neues Urteil zum Filesharing: Amtsgericht München vom 15.2.2012 Az. 142 C 10921/11: Keine Störerhaftung des Vermieters für Urheberrechtsverletzungen des Mieters, wenn dieser den Anschluß des Vermieters befugtermassen und nach Belehrung benutzen durfte

Besprechung folgt (im Übrigen ein Netzweltler) - Berufung 99,9% - Nicht rechtskräftig

Auf das Urteil weist hin:
Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Rechtsanwälte Knies & Albrecht
Widenmayerstr. 34 - 80538 München

Update

Zum überraschenden Urteil des Amtsgerichts München vom 15.2.2012 Az. 142 C 10921/11 noch ein paar zusätzliche Informationen.

Interessant ist sicherlich die bislang einmalige Struktur des Vorgehens. Der Beklagte hatte sich nach einer Abmahnung der Kanzlei Waldorf ("Wir gewinnen in München immer"TM) im Jahr 2007 still und leise beständig in einem bekannten Verbraucherschutzforum mit Informationen versorgt. Er schrieb dort nur einen Beitrag, meldete sich jedoch im August 2011 bei den Verantwortlichen des Forums nach Eingang der Klagebegründung. Durch eine Bemusterung mit einem dort entwickelten Text konnte der Beklagte in diesem Bereich "selbst verteidigend" seine persönlichen Angaben, die im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorzubringen sind eigenhändig ermitteln und eintragen. Er erarbeitete sich dabei die notwendige Beweisführung selbst. Dem Textautor verblieb die Rolle eines Supervisors. Er durfte den Text inhaltlich kontrollieren, absegnen und gab nützliche strategische Hinweise an den vertretenden Rechtsanwalt. Dieser konnte sich auf die juristischen Aspekte und die Verhandlungsführung konzentrieren. Obschon die Stimmung nach der "Vergleichsverhandlung" eher negativ war, zahlte sich dieses Vorgehen aus. Nicht nur unter neutralen rechtlichen Gesichtspunkten (wie man aus dem Volltext des Urteils sehen wird) ist die Entscheidung zu begrüßen. Sie rückt auch die Arbeit der beteiligten Elemente, die man offensichtlich an "kritischen" Gerichtsständen für gerechte Entscheidungen benötigt ins rechte Licht. Es darf also zu Recht von inem erneuten Meilenstein in der Kunst der Verteidigung in Filesharing-Verfahren gesprochen werden.

Für die Urteilsbegründung wird noch einige Zeit benötigt werden. Im Herbst sieht man sich dann vor dem Landgericht.

Hinzuweisen wäre noch darauf, dass dem Beklagten keinerlei finanzielle Zusagen Dritter gemacht wurden, oder er in seinen Entscheidungen in irgend einer Art beeinflusst wurde.

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