Montag, 15. Oktober 2012

KG Berlin 24 U 167/11 + 24 U 168/11


Zu den Volltexten der Urteile des LG Berlin geht es hier.

Zu der mündlichen Verhandlung vom 15.10.2012 nun der Bericht des Herrn Rechtsanwalts und Notars Volker Küpperbusch, Kanzlei Dr. Stracke, Bubenzer & Kollegen, Bielefeld. Der Bericht wurde redaktionell geringfügig verändert. 

Fortgang der Verfahren
Die Berufung vor dem Kammergericht wurde von den Klägern in beiden Fällen umfänglich begründet. Die Bevollmächtigten der Kläger, eine Kanzlei aus Hamburg, versuchten dort, die angebliche Rechteinhaberschaft ebenso wie die angebliche Haftung des Beklagten (deren Annahme der aktuellen Rechtsprechung den aktuellen Urteilen der Landgerichte Köln und Hamburg, des Oberlandesgerichts Köln und des Bundesgerichtshofs widersprochen hätte) nunmehr im Berufungsverfahren weiter zu begründen.

Dabei wurden im Verfahren der einen Klägerin Beweismittel vorgelegt, deren Inhalt aufgrund tatsächlicher Umstände, die der Richtigkeit entgegenstehen dürften, fragwürdig waren. Den Hinweis, dass von Amts wegen nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts über die Frage der rechtlichen Behandlung – Abgabe der Akte an die Staatsanwaltschaft – entschieden werden möge, hat das Gericht nicht aufgenommen. Hierüber wird vom Beklagten zu entscheiden sein. (Hinweis: Die Klägerin im Verfahren 24 U 167/11 hatte einen Beweis in Form einer eidesstattlichen Versicherung vorgelegt. Diese war von der beaufragten Ermittlungsfirma is Jahr 2009 datiert worden. Allerdings wurde ein Formular verwendet, welches - nach mehreren Namensänderungen der Firma - einer Firma die erst seit dem 24.03.2011 offiziell existent war zugehörig ist.)

Zurücknahme per ersten Berufung unmittelbar vor der Verhandlung per Telefax:
Am Morgen der Verhandlung um ca. 09:00 Uhr ging in der Kanzlei des Vertreters der Beklagten die Berufungsrücknahme ein, die gleichzeitig auch das Gericht erreichte, welches mit Beschluss von 10:00 Uhr, eine Stunde vor der geplanten Verhandlung, den Termin aufgehoben hat. Die Klägerin wurde des Rechtsmittels für verlustig erklärt und hat alle Kosten des Verfahrens 1. und 2. Instanz zu tragen.

Die zurückgenommene Klage betraf das Verfahren 24 U 167/11, in welchem die oben angesprochenen Beweismittel enthalten waren.

Die andere Sache 24 U 168/11 wurde vor dem Kammergericht verhandelt.

Die Hinweise des Gerichts:
Die Verhandlung in der Sache 24 U 168/11 wurde mit den Anträgen begonnen. Der Vertreter der Klägerin bat das Gericht darum, vor der Antragstellung erst die gerichtlichen Hinweise abzuwarten. Das Gericht hat hierzu keinen Anlass gesehen und mitgeteilt, dass nur bei abweichender Ansicht Hinweise erforderlich seien, man werde aber auf Basis des Sachvortrags entscheiden können. Damit war die Grundrichtung eindeutig.

Nach den Anträgen (die gleichen wie schon im Verfahren vor dem Landgericht Berlin) gab das Gericht Hinweise darauf, wie es die Sache beurteilt.

Der zuständige 24. Senat des Kammergerichts unter Vorsitz des Vorsitzenden Richter am Kammergericht Harte führte zum Vortrag der klägerischen Softwarefirma sodann Folgendes aus:

Die Klägerin hat schon nicht ausreichend dargelegt, überhaupt Rechteinhaberin zu sein. Nach dem sogenannten Schutzlandprinzip hätte sie nach deutschem Recht Inhaberin von Schutzrechten sein müssen. Sie hat es nicht geschafft, dies dem Gericht darzustellen

- Die Klägerin ist nicht selbst Urheberin des hier betroffenen Werkes. Sie hat vorgetragen, ca. 60 weisungsgebundene Programmierer hätten das Werk (in Polen) geschaffen, weshalb sie Rechteinhaberin geworden sei. Dieser Vortrag reiche zur Substantiierung des Vortrages nicht aus, nachdem „die Beklagtenseite genau hier den Finger in die Wunde gelegt hat“. Die Beklagtenseite könne hier zunächst wirksam mit Nichtwissen bestreiten, da ihr selbst Mittel zur Erkenntnis selbst nicht zugänglich seien. Es bleibe alleinige Sache der Klägerin, darzulegen und zu beweisen, wie und von wem sie die Rechte erlangt haben will. Der Vortrag der Klägerseite dazu sei zu faktenarm
Die Anforderungen an den Vortrag der Klägerin dürften zwar nicht überspannt werden, eine konkrete Darlegung der Vorgänge und Rechteübertragung sei jedoch unerlässlich

- Alleiniges Recht, welches der Klägerin zur Verfügung stünde, wäre die Regelung des § 69b UrhG. Demnach wäre sie Rechteinhaberin, wenn Angestellte für sie weisungsgebunden die Programmierung durchgeführt hätten (die Klägerseite sprach immer wieder von „Freelancern“, dies dürften m.E. nach keine Personen i.S.d. § 69b UrhG sein, der Senat hat sich dazu nicht geäussert)

- Der § 10 UrhG (Vermutung der Urheberschaft) helfe der Klägerin nicht. Absatz 1 gelte nur für den Urheber selbst, nicht aber für den Nutzungsberechtigten, das Gesetz unterscheide zwischen Urhebervermerk und Copyright – Vermerk. Darüber hinaus ist dort gerade nicht die Klägerin bezeichnet, sondern eine andere Softwarefirma, so dass § 10 Abs. 2 UrhG auch nicht greift.

- Der § 10 Abs. 3 UrhG greife ebenfalls nicht, da dieser nur für Unterlassungsansprüche und einstweiligen Rechtsschutz gelte, also hier ebenfalls nicht anwendbar sei

- Tonträgerin ist die Klägerin ebenfalls nicht, hat dies nur kurz angesprochen, aber keinen relevanten Vortrag dazu gebracht. Rechte aus § 85 UrhG kommen also ebenfalls nicht in Betracht.

- Anlass zur Zulassung der Revision durch das Kammergericht bestehe nicht, es handele sich um eine Sachentscheidung auf Basis des Vortrags, die Zulassungsbeschwerde scheitert am Streitwert (zulässig ist die Beschwerde nur bei einem Streitwert ab 20.000 €)

Zu den weiteren Fragen (fehlende Haftung des Beklagten, keine Täterhaftung, keine Störerhaftung, Höhe der Ansprüche etc) nahm das Kammergericht keinerlei Stellung, da (leider) wegen nach dem derzeitigen Stand nicht bestehender Rechteinhaberschaft hierzu kein Anlass bestand.

Der Klägeranwalt erhielt sodann Gelegenheit, darüber zu entscheiden, ob die Berufung zurückgenommen werden sollte.

Nachdem er kurz Rücksprache hielt, „bot er an“, die Sache insgesamt zu beenden und auch keine weiteren Ansprüche geltend zu machen, wenn der Beklagte zum Vergleich bereit sei, hier einer Kostenaufhebung zuzustimmen, also seine eigenen Kosten des Verfahrens zu tragen. Ansonsten werde man dann eben vor einem anderen Gericht nochmal - diesmalaus „Störerhaftung“ - vorgehen. Diesem „Angebot“ war nicht zuzustimmen, zumal nicht unerhebliche Kosten durch die zwei Instanzen entstanden sind.

Die Berufung wurde dann zurückgenommen und ein weiteres Verfahren vor einem klägerfreundlichen Gericht angekündigt. Ich habe den Klägeranwalt bereits darauf hingewiesen, dass dem zwingende rechtliche Erwägungen entgegenstehen dürften. Es dürfte sich um den Versuch handeln, hier noch etwas Kosten zu „retten“. Selbstverständlich wird der Prozessbevollmächtigte dem Beklagten raten, sich mit den notwendigen Mitteln auch gegen eine solche Inanspruchnahme, die schon unzulässig sein dürfte, zu wehren. Man darf gespannt sein, ob die Drohung wahr gemacht wird.

Das Gericht hat dann auch in dieser zweiten Sache beschlossen, dass die Klägerin des Rechtsmittels der Berufung verlustig ist und die Kosten des Verfahrens insgesamt zu tragen hat.

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