Sonntag, 12. Juli 2009

Abmahnung Graf von Westphalen

Wilde & Beuger, Köln: "Eine weitere Großkanzlei ist in der Szene der deutschen Abmahnanwälte aufgetaucht. Die Rechtsanwaltskanzlei “Graf von Westphalen” mahnt derzeit das Album “Kreuzfeuer” der deutschen Band “Subway To Sally” ab. Die Kanzlei vertritt den Rechteinhaber “DigiProtect - Gesellschaft zum Schutz digitaler Medien” und mahnt vermeintliche urheberrechtliche Verletzungen über das P2P-Netzwerk BitTorrent ab. Wie üblich, fordern auch die Subway-Anwälte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie einen pauschalen Abgeltungsbetrag in Höhe von € 480,00."

Aufgrund der Sichtung einiger Korrespondenz der Kanzlei Graf von Westphalen mit Abgemahnten gelang der Einblick in die Welt der "Pauschalabgeltungsbeträge"

Bereits in der Abmahung verweist die Kanzlei auf einen Regelstreitwert von 10 000€. Der Pauschalabgeltungsbetrag solle die bisherigen Kosten der Mandantin, der Digiprotect GmbH abdecken. Notiert werden

- Kosten des Gerichtsverfahrens
- Kosten der anwaltlichen Inanspruchnahme für Beratung, Korrespondenz, Abmahnung, Port und Kopien

In Zweitschereiben schlüsselt die Kanzlei den Betrag auf:

- 0,9 Gebühr aus SW 10000€ nach VV 2300 = 437,40€
- Anteil Anwaltskosten Auskunftsverfahren = 10€
- Anteil Gerichtskosten Auskunftsverfahren = 10€
- Anteil Auskunft Telekom = 10€
- Postpauschale = 20€

Summe: 487,40€ zzgl. 19% Mwst. = 580,00€
Deswegen liegt der Pauschalabgeltungsbetrag bei 480€.

Nun, das diese Rechnung fehlerhaft ist erscheint jedem eingängig. Das diese Rechung in der Realität absurd ist, da die Digiprotect-"Gebühren" außer Acht gelassen werden ebenso. Die Frage, die sich nun stellt ist, ob diese Rechnung rechtswidriger Natur ist. Da wir im außergerichtlichen Bereich operieren sicherlich nicht, da man ja als Anwalt in Deutschland jederzeit ein Schlupfloch findet.

Dennoch: "Die in § 128c Abs. 1 KostO-E vorgesehene Gebühr von 200 Euro orientiert sich dabei am gerichtlichen Aufwand. Sie kann im späteren Verfahren gegenüber dem Rechtsverletzer als Schadensersatz geltend gemacht werden." Die BT-Drucksache 1650/48 fordert von abmahnenden Kanzleien die Kosten im Rahmen des Schadensersatzes gelten zu machen. Zudem wird der Rechtsverletzer eindeutig als Adressat benannt und nicht der Anschlußinhaber.

Zwar liegen keinerlei Klageschriften aus dem Hause Graf von Westphalen vor, die uns deren reale Abrechnungspraxis näher bringen könnten, jedoch kann man mutmaßen, dass neben den RA-Kosten von 631€ ein Schadensersatz und die "Auskunftsverfahrenspauschale" geltend gemacht werden könnten. Diese recht leichte Erhöhung zur üblichen Anwaltschaft der Digiprotect GmbH von 50€ bis 100€ wäre zu verschmerzen. Die "Providerkosten" sind jedoch kaum durchsetzbar. Jedoch wird ein komplettes Album abgemahnt, was den Schadensersatz den man gelten machen wird nochmals um 100 - 200€ erhöhen könnte.

Problematisch erscheint jedoch, dass die "Auskunftspauschalen + Providerkosten" in Höhe von 30€ pro Abmahnung herzlich wenig mit den Abrechnungen des Auskunftsgerichts und der Telekom zu tun haben dürften.

Die dieswöchige Welle von Abmahnungen "Milow - Ayo Technologie" im Namen der Digiprotect GmbH dürfte sechstelliges Niveau erreichen. Hier zahlt man für das Auskunftsverfahren exakt 200€ an das Kölner Gericht, möchte aber -außergerichtlich-, ohne Nennung der Schadensersatzpflich auf Grund der man operiert bei 100 Abmahnungen die Summe von 3000€ dafür erhalten. Es können auch 200 oder 400 Abmahnungen sein, die Graf von Westphalen verschickt, was den "Pauschalabgeltungsbetragsgewinn" auf satte 5800€ bis 11800€ erhöhen würde. Die bisher diesem Blog bekannte Höchstzahl an IP-Adressen vor dem Kölner Auskunftsgericht wird mit 640 taxiert = 19000€ PabG.

Nicht genug verfehlt auch die Abmahnung selbst in diesen Punkten das Klassenziel, denn die Kosten werden dort "verschuldensunabhängig" auf den Anschlußinhaber übertragen, so dass man leider aufgrund dieses Schriftbeweises davon ausgehen muß, dass die Kanzlei Westphalen mit Vorsatz gegen die Vorgaben des Gesetzgebers verstoßen möchte. Zitiert wird gerne dabei aus § 97 I Satz 2 UrhG: "Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden."

Da nun wiederum in den unteren Rängen die Richterschaft zum Teil diese krude Logik unkritisch beurteilen wird und eine obere Instanz zur Klärung nicht angerufen wird ist zu vermuten, dass obiges Verhältniss "200€ investieren und Tausende €'s verdienen" noch ein paar Monate bis Jahre auch von Trittbrettfahrern übernommen wird.

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