Donnerstag, 12. Juli 2012

AG Hamburg, Az.: 36a C 272/12 - Klagerücknahme


I - Kernddaten

Klage vom 27.03.2012 - Verfügung vom 21.05.2012 - Gegenstandswert 500,00€
Klägerin: Polnischer Spieleentwickler vertreten durch rka, Hamburg
Beklagter: Selbstverteidiger, externer Sachverständiger (unentgeltlich)

Rücknahme der Klage ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage am 03.07.2012.
Die Klage kann iÜ noch bis ins Jahr 2015 neu erhoben werden. (§ 269 ZPO)

II - Sachverhalt

Ein ehemals in der Schweiz ansässiges p2p-Überwachungsunternehmen hatte im Juni 2011, in einem Zeitraum von 6 Tagen 1 Stunde und 16 Minuten insgesamt 56 Einzelnachweise einer Rechtsverletzung an dem Werk "T... W... 2", ausgehend von insgesamt sieben unterschiedlichen IP-Adressen, die im Rahmen von zwei Auskunftsverfahren nach § 101, Abs. 9 UrhG dem Anschluss des Beklagten durch den Provider zugeordnet wurden erstellt. 

Der Beklagte wurde abgemahnt, gab eine "modifizierte Unterlassungserklärung" ab und zahlte nicht.

Zügig erhob die Klägerin Klage am Amtsgericht Hamburg, wohl "in Ansehung der oben ersichtlichen Vielzahl der über den Internetanschluss fest gestellten Verstöße", da hier "Fehler bei der Ermittlung von IP-Adressen und/oder deren Zuordnung zum Internetanschluss des Beklagten" auszuschließen seien.

Der Beklagte beantragte die Klage abzuweisen

III - Verteidigung

Das Gericht hatte zunächst am 21.05.2012 ein schriftliches Verfahren ohne mündliche Verhandlung nach § 495a ZPO verfügt. Dem Beklagten blieben somit (ohne Fristverlängerungsantrag) zwei Wochen nach Zustellung der Klage Zeit auf die Klage zu erwidern. Er hielt die Frist ein.

In der Erwiderung bestand der Beklagte auf einer Prüfung der Zuständigkeit des Gerichts (keine Entscheidung). Er bestritt die Aktivlegitimation der Klägerin. Auf Basis des (nicht rechtskräftigen) Urteils des LG Berlin, Az.: 15 O 2/11), ebenso ein Verfahren mit polnischem Spielehersteller, bestritt der Beklagte überaus substantiiert (incl. Beweisvideo), dass die Klägerin (wie behauptet) das streitgegenständliche Spiel in Eigenregie hergestellt habe. Zudem hatte die Klägerin nach Ansicht des Beklagten hier die Rechtekette nicht ausreichend dargelegt. Dies gilt ebenso für die Vergabe von ausschließlichen Verwertungsrechten. Der Beklagte stellte über Veröffentlichungen Unstimmigkeiten im Vortrag der Klägerin fest. Diese hielt nach Angaben der Verffentlichungen zu den Tatzeitpunkten keinerlei Rechte, da diese bei einer "Mutterfirma" der Klägerin lagen und diese mit bekannten Publishern Verträge geschlossen hatte. Darüber hinaus bezog sich die streitgegenständliche Datei nicht wie behauptet auf eine Version des Spiels, welche (wie behauptet) im deutschsprachigenRaum vertrieben wurde, sondern auf eine Version für den US-amerkanischen Markt. Abschließend befand der Beklagte, dass sich die Klägerin auch nicht auf die Vermutungswirkung des § 10, Abs. 1 UrhG berufen könne.

Der Beklagte bestritt insofern, dass die Beschlüsse des  Landgerichts Köln der Maßgabe der Offensichtlichkeit einer Rechtsverletzung (§ 101, Abs. 2 UrhG) entsprechen. Er erkannte ein Beweisverwertungsverbot.

Der Beklagte führte den Einwand des Rechtsmißbrauchs nach BGH, Urteil vom 15.12.2011, Az.: I ZR 174/10.

Recht ausführlich (wie man im Rahmen von zwei Wochen und einem Auslandsaufenthalt des Beklagten vortragen kann) legte der Beklagte Angaben, die im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorzubringen sind vor. Er benannte die Nutzungsberechtigten des Anschlusses. Von wesentlicher Bedeutung waren hier Ereignisse in der angeblichen Tatwoche, wie der Tod einer nahen Verwandten, ein Auslandsaufenthalt eines Nutzungsberechtigten, eine Großveranstaltung, die der überaus angesehene und ehrenamtlich überaus aktive Beklagte, der von untadeligem Ruf ist betreute. Natürlich verabsäumte der Beklagte nicht über das Thema der "W-LAN-Absicherung" seines Routers zu berichten. Der Beklagte gab sogar an, sog. p2p-Tauschbörsen zu ausschließlich legalen Zwecken zu nutzen. Der Beklagte verdeutlichte seine Sicht der Rechtslage.

Die Ermittlungen der spezialisierten Firma wurden durch den Beklagten nicht allein mit Nichtwissen bestritten. Neben der obigen Problematik - die Ermittlungsfirma hatte behauptet die streitgegenständliche Version überprüft zu haben, wobei es sich offensichtlich um eine andere Version handelte - konnte der Beklagte Zweifel an der "Echtheit" eines als Anlage und Beweis geführten "Verifizierungsprotokolls", ausgestellt von der Ermittlungsfirma als "Versicherung an Eides statt" vorbringen. Ohne das hierüber entschieden wurde, und/oder ein forensisches Gutachten erstellt wurde (was aber irgendwann wohl noch kommen wird), bemerkte der Beklagte anhand von Gegenüberstellungen der Unterschrift eines der Unterzeichner, dass diese nicht von einer Person, sondern von mehreren stammen müßten, ergo keine eigenhändige Unterschrift eines Zeugen darstellen könnten. Auch im Allgemeinen wurde der Vortrag der Klägerin vom Beklagten zu den Ermittlungen als zu unreichend bewertet.

IV - Ergebnis

Die Klägerin zog nach dem Vortrag des Beklagten ohne weitere Begründung die Klage zurück.      

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