Sonntag, 23. November 2014

AG Schorndorf - 6 C 521/14 - Klagerücknahme


Heute nun ein in jeglicher Hinsicht hilfreicher Beitrag.

Zunächst erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 28.05.2014 Klage am AG Stuttgart. Da dieses für den Wohnort des Beklagten nicht zuständig ist (§ 104a UrhG) wurde der Rechtsstreit ans AG Schorndorf verwiesen. Die Klägerin behauptete alleinige Lizennehmerin für den deutschsprachigen Raum und damit ausschließliche Nutzungsrechteinhaberin an einem drittklassigen Horrorstreifen zu sein. Eine spezialisierte Ermittlungsfirma habe den Internetanschluss des Beklagten am 01.02.2010 bei einer Rechtsverletzung in einer Internettauschbörse erfasst. Die Klägerin beantragte den Beklagten auf die Zahlung von 200,00€ Schadensersatz und zur Ersttung von 807,80€ an Rechtsanwaltskosten für die Abmahung zu verurteilen.

Der Beklagte hatte sich nach der Abmahnung an eine nicht spezialisierte Kanzlei in Ortsnähe gewandt. Diese gab zwar eine modifizierte Unterlassungserklärung ab - riet aber dem späteren Beklagten zur Zahlung von 100,00€ als Vergleichangebot. Die Kanzlei wurde durch den Beklagten nach Eintreffen der Klage nicht mehr beauftragt. Aufgrund einer Krankheit des Beklagten, die ihm eine Verteidigung massiv erschwerte, übernahm der gesondert bevollmächtigte Sohn und alleinige aktive Nutzungsberechtigte des Anschlusses zunächst die Vertretung. Er hatte auch nicht die Absicht einen Anwalt einzuschalten. So wandte er sich an ein bekanntes Verbraucherschutzforum, um sich professioneller Hilfe zu versichern. Das Gericht verfügte bereits in der ersten Verfügung einen Termin zur Güteverhandlung auf den 09.09.2014 und gab dem Beklagten zwei Wochen Zeit auf die Erwiderung zu reagieren.

In der fristgerecht abgegebenen Erwiderung monierte der Beklagte zunächst, dass in den Klageanträgen und im Vortrag der Klägerin die bereits erfolgte Zahlung (100€) nicht aufgenommen wurde. Er fand es befremdlich, dass ein nach Angaben der Klägerin am 16.02.2010 erstveröffentlichtes Werk bereits am 01.02.2010 in einer Internettauschbörse auffinbar gewesen sein soll. Er bestritt insgesamt, dass die Klägerin aktivlegitimiert sei und legte für diese Behauptung Belege vor. Er führte umfangreich zu den einzelenen Anspruchshöhen aus. Der Beklagte erhob die Einrede der Verjährung. Das Gericht wurde darauf hingewiesen, dass es dem Mahnbescheidsantrag an der erforderlichen Individualisierung fehle, und somit durch die Zustellung des Mahnbescheides kein verjährungshemmendes Ereignis eingetreten sei. Der Beklagte trug im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast ausreichend vor, um jegliche Tatbeteiligung abszustreiten. Er und seine Ehefrau hatten selbst keine Computer und nutzten das Internet nicht. Einziger Nutzer sei der im Haushalt lebende erwachsene Sohn. Dieser hatte jedoch die Tathandlung gegenüber dem Beklagten nach Erhalt der Abmahnung bestritten. Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage.

Nach mehreren Gespächen entschied der Bevollmächtigte des Beklagten doch eine rechtsanwaltliche Vertretung in anspruch zu nehmen. Schließlich konnte er auch nur bedingt in einer Doppelfunktion vor Gericht auftreten, zumal bekannt war, dass die Klägerin regelmäßig Verhandlungstermine wahr nehmen ließ. Der Beklagte wandte sich im August 2014 an eine auf Urheberrecht spezialisierte Kanzlei. Gerade zum Zeitpunkt der Mandatierung und damit vier Wochen vor dem Verhandlungstermin traf überraschend die Klagerücknahme ein. Die Klägerin zog die Klage aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts und insbesondere wegen des Gesundheitszustandes des Beklagten die Klage zurück. Die Klägerin trägt damit die Kosten des Verfahrens. Nun stellte die beauftragte Urheberrechtskanzlei ihre Beratungsleistungen (zu Recht) mit 201,71€ incl. MwSt. dem Beklagten in Rechnung. Da allerdings aufgrund der frühen Klagerücknahme eine Bestellung der Kanzlei vor Gericht nicht erfolgt war, mußte der Beklagte diesen Betrag selbst tragen. Aufgrund der besonderen Konstellation übernahm hiervon die Spendenaktion gegen den Abmahnwahn die Hälfte (100€).

Natürlich ist das Ergebnis insgesamt für den Beklagten eher mäßig. Unnötiger Weise wurde ein Betrag von 100,00€ nach der Abmahnung überwiesen und eine nicht spezialisierte Kanzlei eingeschaltet. Die Verhandlungen mit der Urheberrechtskanzlei dauerten verhätlinismäßig lange, wobei natürlich keiner mit der frühen Rückname rechnen konnte. Dennoch ist wichtig fest zu stellen, dass man die Kostenbelastung hier hätte durch sofortiges Handeln beklagtenseits hier vermeiden hätten können.


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