Donnerstag, 18. März 2010

BGH, mündliche Verhandlung vom 18.03.2010 - I ZR 121/08

Update: Es wird berichtet, dass die Urteilsverkündung auf den 12.05.2010 um 09:00 Uhr gelegt wird.

Der folgende Text wurde mir dankenswerter Weise von der Frau Rechtsanwältin Nicole Schneiders, Kanzlei Harsch & Kollegen, Rastatt übermittelt. (Aus Zeitgründen unkommentiert - Je nach Verlautbarung des BGH werde ich einen ausführlichen Kommentar am Wochenende nachreichen)

BGH - Verhandlung am 18.03.2010

OLG Frankfurt a. M. – 11 U 52/07 – Urteil vom 1. Juli 2008

"Die Klägerin ist Inhaberin der Rechte an dem Musiktitel "Sommer unseres Lebens". Mit Hilfe der Staatsanwaltschaft wurde ermittelt, dass der Titel im Internet über eine dem Beklagten zugewiesene IP-Adresse zum Herunterladen angeboten wurde. Die Klägerin hat behauptet, der WLAN-Anschluss des Beklagten, der in der fraglichen Zeit in Urlaub war, sei aktiviert und nicht ausreichend gesichert gewesen. Sie begehrt vom Beklagten Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten.


Das Landgericht Frankfurt hat den Beklagten im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen (veröffentlicht in GRUR-RR 2008, 279). Nach dem Sach- und Streitstand sei davon auszugehen, dass der Beklagte die Rechtsverletzung nicht selbst begangen habe (§ 97 UrhG). Da der Beklagte zum maßgeblichen Zeitpunkt Im Urlaub gewesen sei und auch kein Dritter Zugang zu dem Computer des Beklagten gehabt habe, könne die rechtsverletzende Handlung nur von einem Dritten begangen worden sein. Dieser habe die WLAN-Verbindung des Anschlusses des Beklagten von außerhalb genutzt, um sich Zugang zu diesem zu verschaffen. Der Beklagte hafte auch nicht als Störer. Er habe keine Prüfungspflicht dergestalt, dass er seinen WLAN-Anschluss gegen unbefugte Nutzung durch Dritte sichern müsse. Der Beklagte hafte nicht generell wegen der abstrakten Gefahr eines Missbrauchs, sondern erst, wenn – anders als im Streitfall – konkrete Anhaltspunkte für einen Missbrauch bestünden. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Klägerin mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der sie ihre Klageanträge weiterverfolgt."


(Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs)

Der BGH wies in der rund 1 ½ stündigen mündlichen Verhandlung auf die Halzband-Entscheidung, sowie die Entscheidung zu Jugendgefährdenden Schriften über Ebay hin und diskutierte die Anwendung dieser Haftungsmaßstäbe in Bezug auf den vorliegenden Rechtsstreit und die Haftung für W-LAN Netz Betreiber. Diese Entscheidungen, so der Senat, seien aber nicht ohne Weiteres auf den verhandelten Fall anzuwenden.

Der BGH stellte in diesem Zusammenhang klar, dass sich eine Schadensersatzpflicht nach dem Urheberrecht aufgrund deliktischer Haftung nur wegen Täterschaft nicht wegen einer Störerhaftung ergebe. Gegenüber dem Störer stehe dem verletzten Rechteinhaber nur ein Unterlassungsanspruch zu.

Daneben führte der Senat aus, dass die Kosten für eine Abmahnung auch auf 100 € durch den Gesetzgeber begrenzt wurden und dies auch auf die Filesharing-Fälle zuträfe.


Die Klägerin ließ ausführen, dass die Entscheidung grundsätzliche Bedeutung habe und im Falle einer Bestätigung des OLG Frankfurt künftig sanktionslos Urheberrechtsverletzungen begangen werden könnten.

Diskutiert wurden in diesem Zusammenhang auch, inwieweit der W-LAN Netzbetreiber sein Netzwerk vor Eingriffen Dritter schützen muss und ob ein Anschlussinhaber generell Prüf- und Überwachungspflichten inne habe, bei deren Verletzung er als Störer in Haftung genommen werden kann. Der Senat spracht in diesem Zusammenhang interessanterweise von „Obliegenheiten". Eine Obliegenheit bezeichnet im Schuldverhältnis Pflichten minderen Grades, die vom Gläubiger nicht eingeklagt werden können und bei deren Verletzung sich der Schuldner auch nicht schadensersatzpflichtig macht.

Es bleibt zu erwarten, dass der Bundesgerichtshof erstmals grundsätzlich feststellt, welche Sicherungsmaßnahmen von einem Anschlussinhaber bei Betreiben eines W-LAN zu erwarten sind.

Die Beklagtenvertreterin wies darauf hin, dass als Verkehrssicherungspflicht nur eine konkrete Gefahrenlage in Betracht kommt, nicht wie bei der Gefährungshaftung. Die Fälle der Gefährdungshaftung z.B. im Straßenverkehr, habe der Gesetzgeber bewußt eng eingegrenzt und nicht auf das Urheberrecht ausgedehnt. Das OLG Frankfurt hatte eine Haftung generell abgelehnt und es als „allgemeines Lebensrisiko“ gesehen, das im konkreten Fall zum Nachteil der Rechteinhaberin verwirklicht habe.

Eine Entscheidung des BGH soll am 18.03.2010 gegen 16:30 Uhr der Presse bekannt gegeben werden. Der Senat ließ hierbei offen, ob der konkrete Fall durch eine Sachentscheidung durch entschieden wird oder lediglich ein Verkündungstermin bekannt gegeben wird.

In der Verhandlung selbst waren viele bekannte Gesichter großer Abmahnkanzleien vertreten. Das Urteil wird sowohl von Seiten der Abgemahnten als auch von den Abmahnenden mit Spannung erwartet.

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