Dienstag, 28. September 2010

KG Berlin, Beschluss vom 02.09.2010, Az.: 24 W 72/10

Der folgende Bericht wurde durch die freundliche Unterstützung des Herrn Rechtsanwalts Volker Küpperbusch, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtschutz und für Urheber- und Medienrecht aus der Kanzlei Dr. Stracke, Bubenzer & Kollegen, Bielefeld ermöglicht.

Das KG Berlin hat im Rahmen einer Verfahrenswertbeschwerde einen durchaus interessanten Beschluss gefaßt. Eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren ist noch nicht erfolgt.

Zum Sachverhalt

Der Antragsgegner hatte im März des Jahres 2010 gegenüber der Antragstellerin, die über ein sehr enormes Repertoire an Musiktiteln verfügt und sich regelmäßig von einer sehr bekannten Medienrechtskanzlei vertreten läßt eine sog. modifizierte Unterlassungserklärung bezüglich eines Albums (lt Beschluss) einer bekannten Künstlerin abgegeben. Im Mai 2010 wurde jedoch durch eine Ermittlungsfirma eine angebliche erneute Rechtsverletzung bezüglich eines weiteren Tonträgers der Antragstellerin festgestellt und im Folgenden abgemahnt. Der Antragsgegner reagierte erneut mit einer modifizierten Unterlassungserklärung. Er verabsäumte jedoch die Einhaltung der gesetzten Frist um einen durchaus beachtlichen Zeitraum. Zum Fristablauf nebst einer kleinen Wartezeit hatte die Antragstellerin am Landgericht Berlin den Erlaß einer Einstweiligen Verfügung beantragt. Dem wurde statt gegeben.

Das Landgericht Berlin setzte als Streitwert (gemäß Antrag) für das Verfügungsverfahren fest:
LG Berlin 16 O 256/10:
Streitwert für Verfügungsverfahren 10.000,00€ für einen Musiktitel
Streitwert für Hauptsacheverfahren 15.000,00€ für einen Musiktitel

Streitwertbeschwerde

Der Antragsgegner führte darauf hin eine Verfahrenswertbeschwerde.

Am 25.08.2010 hatte das Landgericht Berlin die Beschwerde abgelehnt und den Fall dem Kammergerich Berlin zum Entscheid überbegeben. Das LG arguemtierte auf Basis des § 3 ZPO - Werfestsetzung nach freiem Ermessen. In der Begründung wies es auf den Umstand hin, dass es sich nicht um die erste Rechtsverletzung des Antraggegners handeln würde. Hinzugefügt wurde das die Richter (anders als zum Beispiel in München, oder wie in jeder gängigen Abmahnung vorgebracht) nicht etwa den "volkswirtschaftlichen Gesamtschaden" zu berücksichtigen hätten [BGH, Beschluss vom 30.11.2004, Az.: VI ZR 65/04]. Jedoch würde berücksichtigt, dass die Antragstellerin mit "erheblichem Kostenaufwand einen umfangreichen technischen Apparat zur Aufspürung von Rechtsverletzungen pflegen müsse, so daß ihr Unterlassungsinteresse nicht zu gering bemessen werden dürfe." [Hinweis: Zur letzteren Theorie gäbe es viel zu sagen, jedoch schwieg wie ich hier auch das KG Berlin dazu]

Der Beschluss des Kammergerichts

Das KG Berlin führte aus, dass das Landgericht den Streitwert nach den Grundsätzen die das KG Berlin vertritt beanstandungsfrei fest gelegt hatte.



Im Weiteren berichtet das KG Berlin äußerst Erstaunliches:




Der Beschluss vom 30.04.2010 - 24 W 45/10 ist bislang nicht veröffentlicht worden. Dankenswerter Weise stellte die bekannte Medienrechtskanzlei auf Seiten der Antragstellerin Datenmengen zur Verfügung die in Verbindung mit den Beschlüssen des KG Berlin wie folgt zusammen gefaßt werden können:

aktuelle Streitwerttabelle - Verfügungsverfahren

Kammergericht Berlin 24 W 45/10 - Beschluss vom 30.04.2010
Streitwert für Verfügungsverfahren 10.000,00€ für ein Album aus 12 Musiktiteln
(konkl.) Streitwert für Hauptsacheverfahren 15.000,00€ für ein Album aus 12 Musiktiteln

Kammergerich Berlin 24 W 72/10 - Beschluss vom 02.09.2010
Streitwert für Verfügungsverfahren gegen "Mehrfachabgemahnten" 10.000,00€ für einen Musiktitel
Streitwert für Hauptsacheverfahren dto. 15.000,00€ für einen Musiktitel

Landgericht Frankfurt 2-06 O 268/10 - Beschluss vom 07.06.2010
Streitwert für Verfügungsverfahren 50.000,00€ für fünf Musiktitel

Landgericht Leipzig 05 O 1631/10 - Beschluss vom Unknown/2010
Streitwert für Verfügungsverfahren 10.000,00€ für einen Musiktitel
Streitwert für Hauptsacheverfahren 20.000,00€ für einen Musiktitel

Landgericht Düsseldorf 12 O 509/09 - Beschluss vom 12.01.2010
Streitwert für Verfügungsverfahren 50.000,00€ für fünf Musiktitel

Landgericht Düsseldorf 12 O 313/10 und 12 O 297/10
- Beschlüsse vom 02.08.2010 und 13.08.2010
Streitwert für Verfügungsverfahren 10.000,00€ für einen Musiktitel

Landgericht Stuttgart 17 O 274/10 - Urteil vom 03.08.2010
Streitwert für Hauptsacheverfahren 10.000,00€ für einen Musiktitel (Überprüfung notwendig)

LG Hamburg 310 O 162/10 - Beschluss von ???/2010
Streitwert für Verfügungsverfahren 110.000,00€ für ein Album aus 26 Musiktiteln

Streitwerttheorie bezüglich einzelenen Musiktiteln


Das Kammergericht Berlin lehnt eine Korrektur des Streitwertes nicht gänzlich ab, sondern teilt mit das bei einer "isolierten Betrachtung" und entsprechendem Einzelfall eine Minderung möglich wäre. Zu einem konkreten Betrag äußerte es sich jedoch nicht:




Zum Abschluß mißt das KG Berlin vorgelegten "Chartauszügen" und sonstige Materialien über die legale Verbreitung des streitgegenständlichen Titels weder streitwertsenkende noch -erhöhende Wirkung im Verfahren bei.

Hinweis: Nach § 68 GKG, Abs. 3 sind solche Verfahren gebührenfrei. Jedoch werden keine Rechtsanwaltskosten erstattet.

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