Montag, 14. Dezember 2009

Abmahnungen richtig lesen









Eine freundliche Abmahnkanzlei hat uns bezüglich des Punktes "2. Ersatzansprüche" versichert:

- Lt. Rechnung der Rechteverfolgungsfirma wird ein Betrag in Höhe von 50€/ermittelter IP-Adresse abgerechnet.
- Lt. Rechnung der Deutschen Telekom wird ein Zeitvolumen für den Komplettauftrag von 1,5 Stunden für eine Datenabfrage im zweistelligen Bereich für 71,56€/h = 107,34€ berechnet. Hinzukommen die kosten jür 1 CD bei dieser Größe = 4,54€. Summe 111,88€.
- Für das Verfahren "Auskunft nach § 101 UrhG" wird eine 0,8-Geschäftsgebühr für einen Rechteinhaber aus einem Streitwert von 3 000€ = 151,14€ ermittelt. Eine zweite Auslagenpauschale entfällt.

Für eine stinknormale Massenabmahnungsrechnung bei 25 "gelieferten" IP-Adressen für eine Abmahung rechnet sich das wie folgt:

1 x RvF = 50€ = 50€
1 x Telekom = 111,88€ : 25 = 4,29€
1 x Auskunft Köln = 151,14€ : 25 = 6,04€
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Summe = 60,33€
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Wie ist eine solche reale und einfach für jede Abmahung herzustellende Rechnung mit dem obigen Textbaustein vereinbar, der in jeder aktuellen Abmahung dieser Kanzlei zu finden sein dürfte, und der von Kosten für das gesamte Verfahren in Höhe von bis zu 300€ spricht? Wie sieht der Betrag nach der Reduzierung im "Pauschalabgeltungsbetrag" aus? Weshalb steht dort nicht der konkrete Betrag? Soll etwa der Hinweis ... "ja wir schätzen das doch nur, ist doch nicht Ernst gemeint mit den 300€, lesen sie doch das ist doch nur ein hypothetischer Höchstwert.. usw..." eine ausreichende Erläuterung darstellen?

Ich rede über ein Produkt
- , dass genutzt wird um gegen Einige Personen einstweilige Verfügungen zu erlassen
- , dass deutlich eine Klageandrohung ausspricht
- , dass bei jeder anderen Kanzlei die Anspruchsgrundlagen für die späteren Klagen bei Nichtzahlung enthält

Ich rede über ein ernstes Produkt und nicht über einen Aprilscherz in dem hypothetische Fantasiebeträge stehen sollten. Welchen Kriterien entspricht eine Abmahung in der steht: "Wir fordern sie auf, ... die in dieser Angelegenheit entstandenen Kosten zu tragen." und bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass die in der Abmahung erläuterten entstandenen Kosten aus der Luft gegriffene Aprischerzbeträge sind, die mit eher belustigenden Textimplantaten wie "bis ... zu - darfs noch ein bisschen mehr sein?", "unter Freunden wären das jetzt aber...", "vielleicht nehmen wir heute mal diesen Streitwert hier?" (siehe auch Baxter-Bericht: "Die Streitwerte (hier: € 400.000,-) seien dabei ebenfalls Erfahrungswerte, die auf Entscheidungen von Gerichten basieren. Herr RA Clemens Rasch weist darauf hin, daß dieser Wert deutschlandweit variiert.") garniert sind.

Davon abgesehen: Da gleichzeitig "Zeugenaussagen kursieren" die der namentlichen RvF nur 30€ pro IP-Adresse zusprechen wollen, die die entsprechende Mandantin gar nicht zu tragen hat, sondern die durch eine Drittfinanzierung finanziert werden ist nicht mal klar, ob diese Kosten überhaupt in der Abmahnung auftauchen sollten. Das dabei auch noch der Schadensersatz als Variable geltend gemacht wird, die von Abmahung zu Abmahung schwankt bringt noch mehr Durcheinander. Es ist letztlich nicht nachvollziehbar welche Ansprüche überhaupt geltend gemacht werden.

Sind dabei andere besser? Immerhin, so zB die Kanzlei Westphalen pauschalisieren manche Kanzleien die Werte. 10€ Telekom, 20€ Auskunftsverfahren. Das erscheint zwar immer noch seltsam, aber dort werden diese Kosten direkt dem Pauschalabgeltungsbetrag zugeordnet. Der Schadensersatz fällt hier aus dem Pauschalabgeltungsbetrag vollständig heraus, was zwar wiederum mit den "Anweisungen" des Gesetzgebers kollidiert man solle die Auskunftskosten als Schadensersatz gelten machen, aber wenigstens kann ich als normal Sterblicher nachvollziehen welche Beträge für was zu bezahlen sind. Das es hier spezielle Probleme mit der realen Abrechnung "im Innenverhältniss" gibt ist allseits bekannt.

Absurd - einfach nur absurd. Man ist mittlerweile im Bereich der Berechnung von Prozeßkostenrisiken bei manchen Kanzleien bei Möglichkeiten "von bis zu" einem Dutzend angekommen. Dabei darf man nicht unterschätzen, dass man seitens des Verfassers sehr motiviert von einem erfahrenen Richter kommt. Dieser hatte uA sehr wohl verstanden, dass die unterschiedlichen Sätze der RvFs 30€ - 50€ - 75€ einer tieferen Betrachtung über deren reales Zustandekommen dringenst anstehen. Mit pauschalen Werten für "Auskunftskosten" brauchte man dem schon gar nicht kommen.

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