Mittwoch, 9. Juni 2010

§ 97a UrhG, Absatz 2 - Update

§ 97a UrhG, Absatz 2
(2) Der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung beschränkt sich in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100 Euro.

Ein neueres Dokument von Seiten der 3p-digiprotect-Anwaltskanzlei kann heute diskutiert werden.

Rechtsanwalt Malte Dedden aus Kehl berichtet von modifizierten Abmahnungen der Kanzlei Kornmeier. Es wird zitiert: „Zwar hat der BGH mit Urteil vom 12.05.2010 (AZ I ZR 121/08) anlässlich eines Falles, der vor der Einführung von § 97a Abs. 2 UrhG zu entscheiden war, die fiktive Anwendung von § 97a Abs. 2 UrhG bejaht. Gegenstand dieses Falles war jedoch nur ein einzelner Singletonträger und nicht ein Langspieltonträger.“ - Dies ist vollständig falsch. Der Gegenstand eines Verfahren wird stets von den Parteien bestimmt. Diese legen über die sog. Anträge fest über was das Gericht bestimmen soll. Die Rechtsprechung hierzu ist eindeutig: "Ein Gericht entscheidet unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO über etwas anderes, als beantragt ist, wenn es seinem Urteilsausspruch über einen Unterlassungsantrag einen anderen Klagegrund zugrunde legt als denjenigen, mit dem der Kläger seinen Antrag begründet hat." [BGH, Urteil vom 03.04.2003, Az: I ZR 1/01] Kein Gericht (mit wenigen Ausnahmekonstellationen, zB Schmerzensgeld, etc.) kann rechtskonform einer Partei mehr zusprechen als beantragt wurde. Weniger jedoch immer.

Dies geschieht offensichtlich im BGH-Urteil vom 12.05.2010 in doppelter Hinsicht.

- Der Klägerin steht anders als in den regelmäßig auftauchenden fehlerhaften Klagebegründungen, die von allen Frankfurter Instanzen entweder direkt oder gar inkorrekt wieder gegeben wurden kein Unterlassungsanspruch in der beantragten Form zu. Der Sachverhalt besteht nicht (Beispiel) in der angeblichen Verbreitung eines Tonträgers, sondern in der Verbreitung einer einzelnen Musikaufnahme. Die Behauptung der Kanzlei Kornmeier dieser Gegenstand wäre von Beginn an zur Debatte gestanden ist absolut falsch.

- Zudem verfügt der BGH eine Änderung des Unterlassungsanspruchs auf die vorliegende konkrete Verletzungsform. [vgl. Urteil vom 12.05.2010 ab Rn37]

Wie jedoch RA Malte Dedden notiert hat sich an der seltsamen Praxis im Hause Kornmeier nichts geändert: "Die Argumentation der Kollegen mag aber auch auf eine Verwechslung zurückzuführen sein: der gerügte Verstoß betrifft einen Sampler, der beigefügte Entwurf einer Unterlassungserklärung jedoch ein Album der betreffenden Künstlerin." Dies ist natürlich das untrügliche Zeichen das diese Kanzlei die Anwendung gelten Rechts ablehnt und weiterhin auf der Unterzeichnung von Unterlassungserklärungen besteht die nicht in der geforderten Art und Weise auf die konkreten Rechtsverletzungen Bezug nehmen [vgl. LG Köln, Beschluss vom 25.05.2010, Az. 28 O 168/10 und LG Frankfurt, Urteil vom 25.11.2009, Az.: 2-6 O 411/09] Damit ist von einer Unterzeichnung dieses Dokuments grundsätzlich abzusehen und eine modifizierte Unterlassungserklärung mit dem genauen Umfang der fest gestellten Rechtsverletzung zu erstellen.

Hiebei wird aber nun die Kostenfrage wichtig. Die Kanzlei Kornmeier verkennt, dass ihre fort geführte Praxis Privathaushalte in eine unnötige Kostensituation bringt. Statt per Anwendung des § 97a UrhG, Abs. 2 den korrekten Betrag in einer one-Song-Abmahnung zu fordern und eine klare Unterlassungserklärung zu formulieren entstehen dem abgemahnten Internetanschlußinhaber Kosten die in den Bereich des zu erstattenden Schadensersatzes fallen. [vg. § 628 BGB, Abs. 2] Es ist hier stark zu vermuten das die Kanzlei Kornmeier sogar komplett ihre Zahlungsansprüche verliert. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH verliert nämlich ein Rechtsanwalt seinen Vergütungsanspruch für bereits erbrachte Leistungen nach einer durch sein vertragswidriges Verhalten veranlassten Kündigung insbesondere dann, wenn ein neuer Anwalt bestellt werden muss, für den die gleichen Gebühren nochmals entstehen. [vgl. zB BGH, Urteil vom 23.04.2009, Az.: I ZR 167/07] Der BGH zum Sinn einer Abmahnung: "Der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten gemäß §§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB setzt, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, weiter voraus, dass die Abmahnung dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Abgemahnten entsprach. Diese Voraussetzung ist regelmäßig erfüllt, wenn der Abmahnende den Abgemahnten wegen dessen Rechtsverstoßes auch gerichtlich hätte auf Unterlassung in Anspruch nehmen können. Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten beruht auf der Erwägung, dass die berechtigte Abmahnung dem Schuldner zum Vorteil gereicht, weil der Gläubiger, der zunächst abmahnt, statt sofort Klage zu erheben oder einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu stellen, dem Schuldner damit die Möglichkeit gibt, eine gerichtliche Auseinandersetzung auf kostengünstige Weise durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abzuwenden (BGH, Urt. v. 1.6.2006 - I ZR 167/03, GRUR 2007, 164 Tz. 12 = WRP 2007, 67 - Telefax-Werbung II)." [BGH, Urteil v. 18.07.2008, Az. I ZR 219/05] Die momentanen One-Song-Abmahnungen stellen eine definitv vertragswidrige Leistung dar.

Um zu diesem Bereich unnötige Spekulationen schon im Kern zu ersticken: Eher still und heimlich haben einige Personen eine solche Konstellation sehr erfolgreich - allerdings auf AG-Niveau- durchgespielt. Man wird sicherlich eine passende Gelegenheit finden die komplettierten Argumente dereinst vorzutragen.

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