Dienstag, 8. Juni 2010

LG Köln - 28 O 168/10

Heute wurde eine etwas unglückliche aber interessante Geschichte im Internet gestreut.

Vorgeschichte

"Wie dieses Urteil jedoch auf sogenannte "Erweiterte Modifizierte Unterlassungserklärungen" Auswirkungen zeitigt muß geprüft werden. Das Landgericht forderte ein Minimum an "Konkretisierung". Diese "könne" in einem Bezug auf "sämtliche Musikwerke" bestehen. Eine Spezifizierung auch in Richtung anderer Werkarten, die die Tauschbörsenverwertungsfirma abmahnt könnte ratsam erscheinen. Andererseits wurde nicht die Schöpfung "sämtliche Werke" beurteilt. Diese AusdrucksForm in den modifizierten Unterlassungserklärungen wurde bislang stets von der Unterlassungsgläubigerin angenommen!" [LG Frankfurt, Urteil vom 25.11.2009, Az.: 2-6 O 411/09]

Aktuell

Mit der Thematik der "Erweiterten Unterlassungserklärung" beschäftigte sich nun das Landgericht Köln. Unter Bezug auf das Vorläuferurteil aus Frankfurt betrachteten die Richter eine Formulierung "urheberrechtlich geschützte Werke des oben genannten Künstlers" als nicht ausreichend um eine Wiederholungsgefahr auszuschließen, da es an einer "Spezifizierung auf das Verletzungsobjekt" fehle. Sobald allein die Unterlassung im Rahmen der gesetzlichen Vorgabe des § 97 UrhG ausgedrückt werde enthielte eine solche Unterlassungserklärung "unklare Grenzen" in denen nicht ersichtlich sei in welcher Spezifizierung ein Vertragsstrafensanspruch zum Entfallen der Wiederholungsgefahr ausgelobt worden sei.

Eine zweite später abgegebene Unterlassungserklärung, eine sog. Titellisten-Unterlassungserklärung war offensichtlich handwerklich und faktisch schlecht zusammen gestellt. Diese wurde erst recht nicht anerkannt.

Im Unterlassungstenor führt das LG Köln hinwieder auf Antrag vor, wie eine genaue Unterlassungserklärung auszusehen habe: "Die Tonaufnahmen xxxx (Musikalbum) oder Teile dieser Tonaufnahme, sowie auf diesem Musikalbum befindliche Musikwerke" Es folgt eine Titelliste aus dem Album.

Links
Einstweilige Verfügung vom 31.03.2010
Prozesskostenhilfebescheid vom 25.05.2010

Anmerkungen

- Eine Entscheidung in der Hauptsache ist nicht erfolgt auch wenn die Ablehnung der PKH natürlich immer ein untrügliches Zeichen ist das die berüchtigte Kölner Kammer sich nicht erweichen lassen wird.

- Hauptkritikpunkt: Es ist allerdings zu unterstellen das der Verfügungskläger alle möglichen Arten in seinem langen Abmahnerleben angenommen hat. Es ist hier von einer Willkürmaßnahme auszugehen. Die Ungleichbehandlung von Abgemahnten (vgl. Urteilsserie OLG Hamm) erscheint mir rechtsmißbräuchlich.

- Zudem verstößt der Unterlassungstenor gegen die Regeln die das LG Köln dem Verfügungsbeklagten auferlegt. "... im Internet öffentlich zu machen" Da die konkrete Verletzungform sich auf "Dezentrale Netzwerke" beschränkt kann von einer grundlosen Erweiterung auf "das Internet" keine Rede sein.

- Ein denklogisches Monstrum der Absurdität findet sich jedoch am Ende des Unterlassungstenors. "...die Gelegenheit dazu zu bieten..." Ich leite aus diesem frommen Wunsch ab, dass das LG Köln einen baldigen Aufruf zum Kaufboykott der Produkte von Abmahnkünstlern verfügen wird, auf das man nicht mehr die Gelegenheit biete deren Werke rechtswidriger Weise zu veröffentlichen.

- Im PKH-Bescheid hingegen wird der mangelhafte Sachvortrag zum Thema Störerhaftung gerügt. Dies jedoch mit Kriterien die weiterhin ein mangelndes Technikverständniss der entscheidenden Richter offenbaren. Besonders ist wiederum der "Zusammenhang - Täterbezug" beispielhaft zu nennen. Aus dem Beschluß wird deutlich das es sich um ein Ehepaar handelt. Weitere berechtigte Nutzer sind nicht ersichtlich. Nun verfügen die Richter jedoch das der Ehemann und Anschlußinhaber für seine Ehefrau ein gesondertes und passwortgeschütztes Internetbenutzerkonto einzurichten habe. Eine Rechtsgrundlage hierfür wird nicht angegeben.

Auswirkungen

Besonderer Augenmerk wird weiterhin auf dem Bereich des Zweitschreibens liegen, welches Auskunft darüber gibt ob eine Unterlassungserklärung angenommen oder nicht angenommen wurde. Standardisierte UE-Modelle die sich an der Orginal-UE ausrichten sind hier weiterhin "geschützt". Erweiterungen sind immer gefährlich... selbst wenn sie von Rechtsanwälten hergestellt werden.

Das eigentliche Lehrstück aber ist: Im Frankfurter Fall ging es um eine konkrete zweite Abmahnung, sprich ob man sie zu bezahlen oder nicht zu bezahlen habe. In Köln jedoch ging es wohl eher um persönlich motivierte Skandalrappergelüstchen, der noch jede zusammengeorgelte Unterlassungserklärung annimmt solange bezahlt wird.

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