Der folgende Text wurde von Rechtsanwalt Mathias Straub, Kanzlei Riegger Rechtsanwälte, Ludwigsburg zur Verfügung gestellt.
LG Stuttgart: Filesharing-Klage von Rasch abgewiesen
LG Stuttgart, Urteil vom 28. Juni 2011 ( AZ: 17 O 39/ 11).
Am 28. Juni 2011 erließ die 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart ein Urteil über angebliches Filesharing im Internet, welches positiv für die Beklagten ausging. Die Klage gegen die von der Kanzlei Riegger Rechtsanwälte vertretenen Beklagten wurde abgewiesen.
Die Klägerinnen, vier große Tonträgerunternehmen (Warner Music Group Germany Holding GmbH, Universal Music GmbH, Sony Music Entertainment GmbH und EMI Music Germany GmbH & Co. KG), klagten auf Aufwendungs- und Schadensersatz wegen illegalen Anbietens von Audiodateien in peer-to-peer-Netzwerken. Vertreten wurden die Klägerinnen von der einschlägig bekannten Abmahnkanzlei Rasch Rechtsanwälte aus Hamburg.
Die Klage der Kanzlei Rasch wurde abgewiesen.
Die proMedia GmbH, welche sich mit Ermittlungen von Urheberrechtsverletzungen beschäftigt, ermittelte, dass über einen zunächst unbekannten Internetanschluss angeblich insgesamt 253 Musikdateien durch ein Filesharingprogramm (Bearshare) im Internet zum Download bereit gestellt wurden. Nachdem Strafantrag gestellt wurde ergaben die weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und Nachfrage beim zuständigen Provider, dass die angeblich ermittelte IP-Adresse zum Tatzeitpunkt dem Internetanschluss der Beklagten (einem Ehepaar) zugewiesen gewesen sein soll. Zudem gingen in vier weiteren Fällen Strafanträge jeweils der selben Anzeigeerstatter ein, denen zufolge an vier weiteren Zeitpunkten ähnlich viele Musikdateien über einen Internetanschluss in peer-to-peer-Netzwerken zum Tausch angeboten worden sein solle. Auch in diesen vier weiteren Fällen führte die Ermittlung der Staatsanwaltschaft nach erfolgter Providerauskunft zum Anschluss der Beklagten. Die Vorfälle erstreckten sich über einen Zeitraum von August 2006 bis Februar 2007.
Im Juli 2007 stattete ein Mitarbeiter der Kriminalpolizei den Inhabern des besagten Anschlusses einen Besuch in ihrer Wohnung ab. Dabei stellte sich heraus, dass das beklagte Ehepaar zusammen mit den beiden Kindern (einer Tochter, damals 15 Jahre alt und einem Sohn, damals 18 Jahre alt) nur einen gemeinsamen Computer nutzt. Die Familie gestattete dem Beamten der Kriminalpolizei die Untersuchung des Computers. Bei der Durchsuchung des Familiencomputers der Beklagten konnten weder das Filesharing-Programm noch die besagten verdächtigen Audio-Dateien gefunden werden.
Die Beklagten gaben stets an, mit der Nutzung solcher Musiktauschbörsen nichts zu tun zu haben. Auch die beiden Kinder gaben an, solche Tauschbörsen nicht genutzt zu haben. Der Anschluss wurde mit einem WLAN betrieben. Dieses hatte der Sohn der Familie nach den üblichen Verschlüsselungsstandards gesichert und mit einem individuellen Passwort versehen.
Im Juli 2008 wurden die Beklagten von der Kanzlei Rasch abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung sowie Zahlung eines Pauschalabgeltungsbetrages in Höhe von EUR 3.500,00 aufgefordert. Die Beklagten gaben schließlich zwar eine Unterlassungserklärung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ab, verweigerten aber die Bezahlung, auch nachdem ein reduziertes Vergleichsangebot in Höhe von EUR 1.800,00 unterbreitet worden war. Mit der Klage forderten die Klägerinnen EUR 2.380,80 Abmahnkostenerstattung (ausgehend von einem Gegenstandwert in Höhe von EUR 200.000,00) und Lizenzschadensersatz für 10 Lieder (EUR 300,00 pro Lied).
Entscheidung
Das Gericht folgte zunächst zwar der Ansicht, wonach eine tatsächliche Vermutung dafür spreche, dass ein Anschlussinhaber, dem zum fraglichen Zeitpunkt eine bestimmte IP-Adresse zugewiesen war, für eine Rechtsverletzung verantwortlich ist, die von dieser IP-Adresse aus begangen wurde. Daraus ergäbe sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, wenn er geltend macht, dass ein anderer die Rechtsverletzung begangen habe (BGH, GRUR 2010, 633-Sommer unseres Lebens).
Die Beklagten seien dieser sekundären Darlegungslast aber nachgekommen. Sie hätten substantiiert zu den Vorwürfen Stellung genommen und sich nicht auf einfaches Bestreiten beschränkt. Hinzu käme, dass sie – ohne dazu verpflichtet zu sein – dem Polizeibeamten bereitwillig gestatteten, den Rechner zu überprüfen. Auch dies spreche dafür, dass sie nichts zu verbergen hatten. Die Tatsache, dass dort nichts Verdächtiges gefunden wurde, stütze ihre Aussage, dies insbesondere, da diese Untersuchung lange erfolgte, bevor die Beklagten durch eine Abmahnung vorgewarnt gewesen seien. Zudem hätten Sie auch darlegen können, dass ihr WLAN-Router ausreichend gegen unbefugte Zugriffe durch Dritte gesichert war.
Dies alles reichte für das Gericht aus, um ein substantiiertes Bestreiten zu bejahen.
Zwar bereite es einer Partei grundsätzlich Probleme, Umstände oder Tatsachen zu beweisen, die im privaten Herrschaftsbereich des Prozessgegners liegen. Dennoch verbiete es sich, die nicht beweisbelastete Partei mit einer prozessualen Aufklärungspflicht zu belasten, da generell keine Partei verpflichtet ist, der Gegenpartei die für den Prozesserfolg nötigen Informationen zu beschaffen.
Um also nicht den Grundrechtsschutz des Prozessgegners über Gebühr zu beeinträchtigen, verbiete es sich, mehr als eine Modifizierung der Darlegungslast – wie vom BGH für den Anschlussinhaber vorgesehen – anzunehmen.
Zwar hätten die Klägerinnen vorliegend Indizien vorgelegt, die, gerade unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Anschluss der Beklagten mehrfach im Zusammenhang mit Rechtsverletzungen ermittelt wurde, eine tatsächliche Vermutung dafür begründeten, dass die Rechtsverletzung von den Beklagten ausging. Diese Vermutung wiederum sei durch den negativen Befund auf ihrem Rechner entkräftet worden. Es verbleibe daher bei der Beweislast der Klägerinnen für die Behauptung, dass die Beklagten die Rechtsverletzung begangen hätten. Dieser Beweis lasse sich aber weder durch Vernehmung der damaligen Ermittler noch durch Sachverständigengutachten zur Richtigkeit und Aussagekraft der Ermittlungsergebnisse erbringen. Denn auch durch diese Beweismittel könne nicht erwiesen werden, dass die Auskunft der Telekom richtig war. Solange nicht erwiesen sei, dass die IP-Adresse während des gesamten Download-Vorganges (hier ca. 7 ½ Minuten) dem Anschluss der Beklagten zugeordnet gewesen sei, stünde die Verantwortlichkeit der Beklagten nicht fest.
Die Klage war daher abzuweisen.
Fazit
Dieses Urteil ist im Ergebnis und den Begründungsansätzen selbstverständlich richtig und äußerst begrüßenswert. Insbesondere wird der von zahlreichen Filesharing-Abmahn-Anwälten behaupteten „Umkehr der Beweislast“, die man den Urteilsgründen des BGH („Sommer unseres Lebens“) entnehmen will, eine klare Absage erteilt. Es gibt in solchen Fällen keine (durch Umkehr entstandene) Beweislast des Beklagten. Lediglich die Darlegungslast wird modifiziert, was bedeutet, dass der Beklagte sich bei erwiesenermaßen über seinen Internetanschluss begangener Rechtsverletzung wohl nicht mehr nur auf bloßes Bestreiten beschränken kann. Alles andere würde auch elementaren prozessualen Grundrechten zuwiderlaufen.
Dennoch bleiben zwei wichtige Aspekte durch das Urteil unberücksichtigt:
1. Die tatsächliche Vermutung der Verantwortlichkeit eines Anschlussinhabers und somit die Modifizierung der Darlegungslast knüpft zunächst daran an, dass eine Rechtsverletzung über einen ermittelten Internetanschluss tatsächlich (erwiesenermaßen) begangen wurde. Genau dies steht aber vorliegend nach vollständiger Würdigung der Indizien und der hierzu im Gegensatz stehenden Aussagen der Beklagten nach Auffassung des Gerichts nicht fest.
Es gab somit zunächst aufgrund nicht erwiesener Rechtsverletzung (hierfür hätte auch einfaches Bestreiten der Beklagten zunächst noch genügen müssen) überhaupt keinen Anlass, eine Modifizierung der Darlegungslast den Beklagten anzulasten.
2. Die Beklagten hatten vorliegend das „Glück“ einer polizeilichen Untersuchung ihres Computers. Hätte es diese Untersuchung nicht gegeben, wären gleichwohl auf dem PC eben so wenig verdächtige Audiodateien und eben so wenig Filesharing-Programme installiert gewesen. Der Sachverhalt wäre zu 100% identisch. Allerdings hätten die Beklagten dies dann nicht „beweisen“ bzw. möglicherweise nicht mit der vom Gericht geforderten Glaubhaftigkeit „darlegen“ können. Es wäre wahrscheinlich eine Verurteilung erfolgt, gestützt auf nicht hinreichend glaubhafte Darlegungen im Wege der sekundären Darlegungslast.
Bereits hieran zeigt sich, dass der von zahlreichen Gerichten eingeschlagene Weg, Anschlussinhaber auch in Fällen nicht eindeutig erwiesener Rechtsverletzungen zu der Erbringung weitreichender sekundärer Darlegungen zu verpflichten, ein falscher ist. Denn dann hängt es letztlich zumeist vom Zufall ab, ob ein Anschlussinhaber solche Darlegungen erbringen kann oder nicht. Jedoch ist es mit rechtsstaatlichen Grundsätzen schlechthin unvereinbar, den Erfolg oder Verlust eines Rechtsstreits für eine (nicht beweisbelastete!) Partei weitgehend dem Zufall zu überlassen.
Auf Anfrage (mail@ra-riegger.de) stellen wir das Urteil gerne und jederzeit im Volltext zur Verfügung.
RA Mathias Straub (11.07.2011)
Dienstag, 12. Juli 2011
Sonntag, 10. Juli 2011
Systematische Abmahntätigkeit III
I - Grundsätzliches
Im November 2010 beschäftigte sich dieser Blog mit der besonderen Situation einer südwestdeutschen Abmahnkanzlei. Hier nun der weitere Verlauf bis zum Stichtag 30.06.2011.

Die Graphik spricht für sich, wobei natürlich nur die Kanzlei selbst die exakten Daten kennt. Besonderheiten sind zu berücksichtigten: Die Abmahnungsanzahl wurde ab dem letzten Quartal 2010 durch die Verwendung von Altlogs aus 2009 geschönt.
Auch ist zu beachten, dass mit dem Entscheid des Amtsgerichts Düsseldorf vom 05.04.2011, Az.: 57 C 15740/09 und den Äußerungen des Landgerichts Düsseldorf zum Thema des Schadensersatzes ddas verbliebene Abmahnpaket (Nichtzahler) im Wert zerfallen ist. Es gilt als bestätigt, dass die neueren Vergleichsangebote durch die Kanzlei sowohl den einstigen Schadensersatzbetrag von 500,00€ auf 300,00€ senken und insgesamt nur noch ein Betrag von 200,00€ zur Bereinigung einer One-Song-Abmahnung gefordert wird.
II - "Schadensberechnung"
Berechnet man die verbliebenen Forderungen mit einer Zahlerquote von 37,5% und einem Basiswert von (alt) 450,00€ ergäbe sich bei etwa 136.000 Gesamtabmahnungen seit dem zweiten Quartal 2009 noch ein Bestand von 85.000 Nichtzahlern und ein Bestand von 38.250.000,00€. Es wurden also dahingehend 22.950.000,00€ in die Kassen der Abmahnkanzlei, Rechteinhaber, Loggerbude gespült. Zieht man die fixen Kosten für Loggerbude und Auskunftsbeschluss ab (7.480.000,00€), verbleiben noch etwa 15.470.000,00€ an Eingang, der wiederum einen Satz von 113,75€ pro Abmahnung bedeuted. Ein vergleichbares System wie das Waldorf-System würde einen Vergleichswert von etwa 200,00€/Abmahnung generieren.
Mit den neuen Vergleichswerten muss aber das verbliebene Paket nun auf 17.000.000,00€ (von 38.250.000,00€) geschätzt werden. Hiervon könnten noch etwa 3.400.000,00€ vor der Verjährung realisierbar sein. Sowohl die bekannten Maßnahmen einer Vielzahl von Personen als auch die veränderte Rechtsprechung haben somit für einen deutlichen Rückgang der Geldflüsse gesorgt.
III - Potential
Das Potential in Abmahnzahlen dürfte im Vergleichszeitraum auf 210.000 Abmahnungen anzusetzen sein. Es wurde also um ca. 35,2% verfehlt, was die schöne Summe an ca. 12.500.000,00€ ergibt.
IV - Ausblick
Verbleibt das System in diesem Zustand, wobei die Altlogs irgendwann zu Ende gehen dürften ist mit einem Jahreswert von 15.000 zu rechnen, oder einem Rückgang zum Potential vom 83,3%. Ob sich das System wieder erholen kann ist sehr fraglich.
Ein System, dass unter Berücksichtung der Rechtsprechung nur noch etwa 1.687.500,00€ an Zahlungseingängen pro Jahr aquirieren kann und somit einen Rohertrag für REchteinhaber und Abmahnkanzlei von 862.500,00€ kann mit einem Wert von 57,5€/Abmahnung kaum noch wirtschaftlich geführt werden. Erholungen durch "spektakuläre" Gerichtserfolge sind nicht in diesem Jahr zu erwarten.
Dienstag, 21. Juni 2011
AG Düsseldorf, Urteil vom 05.04.2011, Az.: 57 C 15740/09
Das Amtsgericht in Düsseldorf hat in einer interessanten Entscheidung über die angemessenen Kosten einer sogenannten Sampler-Abmahnung entschieden. Den Volltext findet man hier.
Unter einer Sampler-Abmahnung versteht man, wenn ein Rechteinhaber (hier Tonträgerhersteller) nach einer fest gestellten Rechtsverletzung in einer p2p-Tauschbörse im Rahmen eines "Chart-Kontainers" ("Top 100 - Single Charts"), oder im Handel veröffentlichten Samplers ("Future Trance No 1541") die Verletzung von Rechten bezüglich eines Einzeltitels auf dem Sampler abmahnt.
Das Amtsgericht Düsseldorf legte unter Berücksichtigung des BGH-Urteils vom 12.05.2010 - I ZR 121/08 und der folgenden Entscheidung des OLG Frankfurt vom 20.12.2010 - 11 O 52/07 den für die Berechnung der erstattungsfähigen Rechtsanwaltkosten maßgeblichen Streitwert bei 2.500,00€ fest.
Hieraus berechnen sich angemessene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 229,50€ für eine Einzelsong-Abmahung, so das Amtsgericht Düsseldorf.
Der Sachverhalt in Kürze: Ein Anschlußinhaber hatte nach dem Erhalt einer Abmahnung zugegeben, dass sein Sohn für die Tathandlung verantwortlich gewesen sei. Recht spannend dazu der Entscheid des AG Düsseldorf, eine Aufsichtpflichtpflichtverletzung des Anschlußinhabers gegenüber dem zum Tatzeitpunkt 25-jährigen Sohn bestünde nicht. (Vgl. OLG Köln, Beschluss vom 24.03.2011, 6 W 42/11)
Die Anwendung des § 97a UrhG, Abs. 2 (100€-Deckelung) wurde genauso abgelehnt, wie die Einwendungen des Beklagten es läge eine rechtmißbräuchliche Abmahnung vor.
Insgesamt ist das Urteil allerdings zu begrüßen. Da nun zwei spezialisierte Gerichtsstände die Kosten einer Einzel-Song-Abmahnung in dieser Art bewertet haben ist zu hoffen, dass weitere Gerichtsstände folgen werden.
Dennoch muß Kritik geübt werden: Dem Beklagten wurden die Kosten der Ermittlung, die Kosten des Auskunftsverfahrens im Wert von 55,48€ zugeschlagen. Dies ist rechtsfehlerhaft, da diese Kosten ausweislich der zu Grunde zu legenden Bundestags-Drucksache nur im Rahmen des Schadensersatzes vom Täter verlangt werden können.
Unter einer Sampler-Abmahnung versteht man, wenn ein Rechteinhaber (hier Tonträgerhersteller) nach einer fest gestellten Rechtsverletzung in einer p2p-Tauschbörse im Rahmen eines "Chart-Kontainers" ("Top 100 - Single Charts"), oder im Handel veröffentlichten Samplers ("Future Trance No 1541") die Verletzung von Rechten bezüglich eines Einzeltitels auf dem Sampler abmahnt.
Das Amtsgericht Düsseldorf legte unter Berücksichtigung des BGH-Urteils vom 12.05.2010 - I ZR 121/08 und der folgenden Entscheidung des OLG Frankfurt vom 20.12.2010 - 11 O 52/07 den für die Berechnung der erstattungsfähigen Rechtsanwaltkosten maßgeblichen Streitwert bei 2.500,00€ fest.
Hieraus berechnen sich angemessene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 229,50€ für eine Einzelsong-Abmahung, so das Amtsgericht Düsseldorf.
Der Sachverhalt in Kürze: Ein Anschlußinhaber hatte nach dem Erhalt einer Abmahnung zugegeben, dass sein Sohn für die Tathandlung verantwortlich gewesen sei. Recht spannend dazu der Entscheid des AG Düsseldorf, eine Aufsichtpflichtpflichtverletzung des Anschlußinhabers gegenüber dem zum Tatzeitpunkt 25-jährigen Sohn bestünde nicht. (Vgl. OLG Köln, Beschluss vom 24.03.2011, 6 W 42/11)
Die Anwendung des § 97a UrhG, Abs. 2 (100€-Deckelung) wurde genauso abgelehnt, wie die Einwendungen des Beklagten es läge eine rechtmißbräuchliche Abmahnung vor.
Insgesamt ist das Urteil allerdings zu begrüßen. Da nun zwei spezialisierte Gerichtsstände die Kosten einer Einzel-Song-Abmahnung in dieser Art bewertet haben ist zu hoffen, dass weitere Gerichtsstände folgen werden.
Dennoch muß Kritik geübt werden: Dem Beklagten wurden die Kosten der Ermittlung, die Kosten des Auskunftsverfahrens im Wert von 55,48€ zugeschlagen. Dies ist rechtsfehlerhaft, da diese Kosten ausweislich der zu Grunde zu legenden Bundestags-Drucksache nur im Rahmen des Schadensersatzes vom Täter verlangt werden können.
Dienstag, 14. Juni 2011
Über die Verjährung von Ansprüchen im Abmahnwahn - IV
Im heutigen Teil IV dieser Serie soll in der Kürze auf ein besonderes Problem im Bereich der Verjährung hingewiesen werden. Der aktuelle Anlass sind die vielzähligen Waldorf-Verjährungsklagen über die noch anderweitig zu berichten sein wird.
Die Kanzlei Waldorf ist dabei von den bisherigen Verjährungsklagen (RA Haas + Rasch) abzusondern. Der Grund liegt im Bereich des Schadensersatzes, der im Wege der Lizenzanalogie auf mindestens 300,00€/350,00€ pro Werk durch die Klägerinnen bemessen wird. Es steht auch fest das zumindest bevorzugt "Doppelabmahnungen" zweier Werke in einer Abmahnung für einen/zwei Rechteinhaber vor Gericht gebracht werden.
Nehmen wir das Beispiel
RA-Kosten aus 2 x 10.000,00€ Streitwert mit Gebührenfaktor 1,0 = 646,00€ zzgl. 20,00€ Pauschale und 2 x 350,00€ Schadensersatz = 700,00€.
Man sieht schon: 700,00€ Schadensersatz ist doch ein etwas lukrativer Betrag.
Ist man nun Anschlußinhaber der glaubhaft machen kann, dass die Tat nicht von einem selbst begangen wurde kann man damit rechnen nicht zur Zahlung des Schadensersatzes verpflichtet zu werden. Es kommt hier in Betracht, dass man über die sog. Störerhaftung zur Zahlung der Abmahngebühren verpflichtet wird.
Gibt man dabei aber im Verfahren an, dass zB eine Tathandlung durch eine andere Person in Betracht kommt und diese Person bestätigt die Tathandlung könnte man unter Umständen nicht zur Übernahme des Schadensersatzes verpflichtet werden. Jedoch ist damit zu rechnen, dass die Schadensersatzwerte dann von den angegebenen Tätern durch die Kanzlei Waldorf verlangt werden.
Nach so vielen Jahren? Auch wenn die Tathandlung zB im Oktober 2006 begangen wurde und erst im Juli 2011 die Täterschaft offenbar wurde geht das in jedem Fall. (Einschränkung beachten)
Nach § 102 UrhG: Verjährung
"Auf die Verjährung der Ansprüche wegen Verletzung des Urheberrechts oder eines anderen nach diesem Gesetz geschützten Rechts finden die Vorschriften des Abschnitts 5 des Buches 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. Hat der Verpflichtete durch die Verletzung auf Kosten des Berechtigten etwas erlangt, findet § 852 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung."
ist ein Anspruch aus einer "Bereicherung" frühestens nach 10 Jahren verjährt (§ 852 BGB)
Auch die vielzitierten "lizenzanalogischen Schadensersatzberechnungen" zählen grundsätzlich zu den Ansprüchen die zu den § 818 BGB, Abs. 2 und/oder § 812 BGB, Abs. 1 Herausgabeansprüchen gehören.
Gibt ein Täter einer unerlaubten Handlung im Jahr 2011 also die Tahandlung aus 2006 zu, "so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet."
Der Täter zahlt den lizenzanalogischen Schadensersatz.
Einschränkung: Da wir ja erst am Anfang der Verjährungnummer und der Waldorf-Klagen stehen gibt es noch keine wesentlichen Urteile zu diesem Thema. Es ist auch nicht bekannt, ob zB Waldorf überhaupt Interesse daran hat. Geringere Schadensersatzanteile wie 150,00€ sind natürlich weniger stark gefährdet.
Die Kanzlei Waldorf ist dabei von den bisherigen Verjährungsklagen (RA Haas + Rasch) abzusondern. Der Grund liegt im Bereich des Schadensersatzes, der im Wege der Lizenzanalogie auf mindestens 300,00€/350,00€ pro Werk durch die Klägerinnen bemessen wird. Es steht auch fest das zumindest bevorzugt "Doppelabmahnungen" zweier Werke in einer Abmahnung für einen/zwei Rechteinhaber vor Gericht gebracht werden.
Nehmen wir das Beispiel
RA-Kosten aus 2 x 10.000,00€ Streitwert mit Gebührenfaktor 1,0 = 646,00€ zzgl. 20,00€ Pauschale und 2 x 350,00€ Schadensersatz = 700,00€.
Man sieht schon: 700,00€ Schadensersatz ist doch ein etwas lukrativer Betrag.
Ist man nun Anschlußinhaber der glaubhaft machen kann, dass die Tat nicht von einem selbst begangen wurde kann man damit rechnen nicht zur Zahlung des Schadensersatzes verpflichtet zu werden. Es kommt hier in Betracht, dass man über die sog. Störerhaftung zur Zahlung der Abmahngebühren verpflichtet wird.
Gibt man dabei aber im Verfahren an, dass zB eine Tathandlung durch eine andere Person in Betracht kommt und diese Person bestätigt die Tathandlung könnte man unter Umständen nicht zur Übernahme des Schadensersatzes verpflichtet werden. Jedoch ist damit zu rechnen, dass die Schadensersatzwerte dann von den angegebenen Tätern durch die Kanzlei Waldorf verlangt werden.
Nach so vielen Jahren? Auch wenn die Tathandlung zB im Oktober 2006 begangen wurde und erst im Juli 2011 die Täterschaft offenbar wurde geht das in jedem Fall. (Einschränkung beachten)
Nach § 102 UrhG: Verjährung
"Auf die Verjährung der Ansprüche wegen Verletzung des Urheberrechts oder eines anderen nach diesem Gesetz geschützten Rechts finden die Vorschriften des Abschnitts 5 des Buches 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. Hat der Verpflichtete durch die Verletzung auf Kosten des Berechtigten etwas erlangt, findet § 852 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung."
ist ein Anspruch aus einer "Bereicherung" frühestens nach 10 Jahren verjährt (§ 852 BGB)
Auch die vielzitierten "lizenzanalogischen Schadensersatzberechnungen" zählen grundsätzlich zu den Ansprüchen die zu den § 818 BGB, Abs. 2 und/oder § 812 BGB, Abs. 1 Herausgabeansprüchen gehören.
Gibt ein Täter einer unerlaubten Handlung im Jahr 2011 also die Tahandlung aus 2006 zu, "so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet."
Der Täter zahlt den lizenzanalogischen Schadensersatz.
Einschränkung: Da wir ja erst am Anfang der Verjährungnummer und der Waldorf-Klagen stehen gibt es noch keine wesentlichen Urteile zu diesem Thema. Es ist auch nicht bekannt, ob zB Waldorf überhaupt Interesse daran hat. Geringere Schadensersatzanteile wie 150,00€ sind natürlich weniger stark gefährdet.
Dienstag, 31. Mai 2011
OLG Köln 6 W 30/11, Beschluss vom 20.05.2011
Erneut setzt das Oberlandesgericht Köln in einem "Filesharing-Verfahren" eindeutige Zeichen, auch wenn der Beschluss nicht in allen Bereichen positiv punkten kann. Auch erscheint mir die Reaktion als zu spät. Wir reden hier schließlich über ein Standard-Produkt, dass mittlerweile weit über 200 000 Privathaushalte kennen müßten und das wohl schon im Jahr 2006 entworfen und erstmalig versandt wurde:

Daher ist aber das Vorgehen und der eindeutige Erfolg der von der Kanzlei Richter & Süme in Hamburg erstritten wurde umso bemerkenswerter. Hunderten anderen hilft er nicht mehr.
Volltext
Die Angelegenheit begann mit einem Vorgang, den die Richter am OLG Köln als "erst in jüngerer Zeit" vorkommenden und "in früher kaum vorstellbarem Umfang" Vorgang bezeichnen. Eine Privatperson erhielt eine urheberrechtliche Abmahnung; es sei über den Internetanschluß eine Rechtsverletzung in "Tauschbörsen" fest gestellt worden. Zum weiteren Ablauf liest man die Zusammenfassung von RA Sebastian Dosch.
Tatsächlich ist der Bescheid zum Thema "W-LAN-Absicherung im Urlaub" nur logisch. Die "beste" Absicherung der Welt vor einem Zugriff eines unbekannten unberechtigten Dritten auf ein Funknetzwerk ist das Abschalten des Funknetzwerks. Aus welcher rechtlicher Grundlage dieser Gedankengang beruht verschweigt das OLG Köln. Eine Haftung des Anschlussinhabers als Störer aus der behaupteten Tat heraus ist vorliegend nicht aus dem Urteil des BGH, I ZR 121/08 vom 12.05.2010 ableitbar. Der Anschlußinhaber macht geltend, er habe ausreichende Sicherungsmaßnahmen ergriffen. Der BGH verweist im Urteil vom 12.05.2010 ausdrücklich auf rechtliche Grundlagen, die immer wieder von Gerichten ignoriert werden: "Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden .... Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält .... Daher reicht es anerkannter Maßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise ... für ausreichend halten darf, um andere Personen - hier die Kunden - vor Schäden zu bewahren, und die den Umständen nach zuzumuten sind; Voraussetzung für eine Verkehrssicherungspflicht ist, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können." (Volltext)
"Dabei haftet der Antragsgegner nach seinem eigenen Vortrag als Störer. Denn er hat die angesichts der von ihm behaupteten mehrtägigen Abwesenheit nächstliegende Sicherheitsmaßnahme seines W-LANs unterlassen, indem er dieses nicht abschaltete." Nächstliegend? Nächstliegend ist den Router anzulassen, damit die gespeicherten Sicherheitseinstellungen nicht verloren gehen. Der Ratschlag der Kölner Richter sorgt in Privathaushalten ohne Gebrauchsanleitung eher für ein mehr an unzureichend gesicherten Funknetzwerken. Zudem wird wieder nicht beachtet, dass ein Ausschalten eines Routers keine Internetverbindung beendet. Von dem Zustand des Nichtbegründet seins der richterlichen Meinung mal ganz abgesehen. Ich wälze gerne die "Gebrauchsanleitungen" der Routerverkäufer. Der hinweis auf den Urlaubsbereich ist mir vollständig fremd.
"Schatz! Häng noch die Wäsche ab und schalt den Router aus! Ich befürchte eine Rechtsverletzung in Tauschbörsen während unserer Abewesenheit über ein zwar ausreichend gesichertes W-LAN, aber man kann ja nie wissen, Schatz!"
Dagegen muß man den Bereich zur KostenNICHTerstattung der Einstweiligen Verfügung als sehr fortschrittlich und auch begründet loben. An der informellen Strategie der Verbraucherschutzportale wie Netzwelt.de oder gerade dem Verein gegen den Abmahnwahn e.V. zur Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung ändert sich nichts. Im Gegenteil. Der Beschluss stärkt diese Portale.
Endlich stellt das (in diesem Einzelfall) OLG Köln klar, ein abmahnender Rechteinhaber, der sich mit der Abmahnung an Privathaushalte richtet unterliegt besonderen Kriterien, wenn er sich die Frage stellt ob das Rechtschutzbbedürfnis "Unterlassung" so dringlich ist, dass er eine Einstweilige Verfügung beantragen muß wenn er keine Unterlassungserklärung bekommt. Das OLG sagt: Nicht dann, wenn die Abmahnung selbst massive Warnhinweise enthält so wie sie oben dargestellt sind. Diese Hinweise zur möglichen Unwirksamkeit von Erklärungen wie sie "im Internet angeboten" werden sind ausreichend, um den Unterlassungsschuldner von der Abgabe einer Erklärung abhalten zu können. Als "Einschränkung" gilt hier im vorliegenden Fall die Forderung + Warnheinweis des Rechteinhabers für alle "geschützten Werke des Unterlassungsgläubigers" die Unterlassung zu erklären, obwohl der verständige Abgemahnte nur für ein bestimmtes (dasjenige an der eine Rechtverletzung begangen wurde) Werk eine Unterlassung zu erklären hat. Das Gericht führt sogar zu den seit Jahren diesbezüglich verwendeten Textbausteinen der Abmahnkanzlei X. aus, sie würden nicht wie gefordert dem Abgemahnten einen Weg weisen, der "zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung geboten war."
Alle Achtung: Man solls nicht übertreiben, aber wie soll man sich das nun vorstellen? Die Abmahnungen der Kanzlei X. sind in dem zentralsten Bereich überhaupt nicht ausreichend? Wieso kann man dann eine Kostenerstattung für dieses nicht ausreichende Produkt verlangen? Also ... ich befürchte das kann Ärger geben, sollte die Kanzlei X. jemals Kostenerstattungen fordern, auch wenn man der veröffentlicheten Ansicht ist, man würde am heimischen Gerichtsstand alles gewinnen.
Das Gericht stärkt im weiteren Verlauf gerade die nicht antwaltlich vertretenen Abgemahnten. Es legt zur Auslegung von Rektionen dieser Gruppe (nicht grundsätzlich, einzelfallabhängig) fest, sie als Personen die geschäftlich unerfahren und rechtlich nicht beraten sind einzustufen. Die Übertragung des Tatbestandsmerkmals "gewerblicher Umfang" zur Einstufung der Schwere der Rechtsverletzung aus dem Auskunftsverfahren käme nicht in Betracht zur Einstufung eines Abgemahnten als "gewerblich tätige" Person.
Im Abspann des Beschlusses verteilt das OLG Köln noch so einige "Roten Karten", die hier nicht unerwähnt bleiben dürfen. Die ... nennen wirs "Puristen" der nichtjuristischen Informationsdienstleistungen zum Thema Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung wie der Verein gegen den Abmahnwahn, oder das Portal "Netzwelt.de" verweigerten sich nach Sichtweise des OLG Köln vollkommen zu Recht den Tendenzen anderer nichtjuristischer Interessengruppen die das Internet mit stets veränderten "UEs", Vorbeuge- und Erweiterungsthesen beglücken. Eine solche Empfehlung könne nur "im Einzelfall erteilt werden und erfordert die Kenntnis der Umstände der Rechtsverletzung". Diesem Erforderniss werden diese Interessengruppen nicht gerecht. Sie sind auch nicht dafür qualifiziert.

Daher ist aber das Vorgehen und der eindeutige Erfolg der von der Kanzlei Richter & Süme in Hamburg erstritten wurde umso bemerkenswerter. Hunderten anderen hilft er nicht mehr.
Volltext
Die Angelegenheit begann mit einem Vorgang, den die Richter am OLG Köln als "erst in jüngerer Zeit" vorkommenden und "in früher kaum vorstellbarem Umfang" Vorgang bezeichnen. Eine Privatperson erhielt eine urheberrechtliche Abmahnung; es sei über den Internetanschluß eine Rechtsverletzung in "Tauschbörsen" fest gestellt worden. Zum weiteren Ablauf liest man die Zusammenfassung von RA Sebastian Dosch.
Tatsächlich ist der Bescheid zum Thema "W-LAN-Absicherung im Urlaub" nur logisch. Die "beste" Absicherung der Welt vor einem Zugriff eines unbekannten unberechtigten Dritten auf ein Funknetzwerk ist das Abschalten des Funknetzwerks. Aus welcher rechtlicher Grundlage dieser Gedankengang beruht verschweigt das OLG Köln. Eine Haftung des Anschlussinhabers als Störer aus der behaupteten Tat heraus ist vorliegend nicht aus dem Urteil des BGH, I ZR 121/08 vom 12.05.2010 ableitbar. Der Anschlußinhaber macht geltend, er habe ausreichende Sicherungsmaßnahmen ergriffen. Der BGH verweist im Urteil vom 12.05.2010 ausdrücklich auf rechtliche Grundlagen, die immer wieder von Gerichten ignoriert werden: "Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden .... Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält .... Daher reicht es anerkannter Maßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise ... für ausreichend halten darf, um andere Personen - hier die Kunden - vor Schäden zu bewahren, und die den Umständen nach zuzumuten sind; Voraussetzung für eine Verkehrssicherungspflicht ist, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können." (Volltext)
"Dabei haftet der Antragsgegner nach seinem eigenen Vortrag als Störer. Denn er hat die angesichts der von ihm behaupteten mehrtägigen Abwesenheit nächstliegende Sicherheitsmaßnahme seines W-LANs unterlassen, indem er dieses nicht abschaltete." Nächstliegend? Nächstliegend ist den Router anzulassen, damit die gespeicherten Sicherheitseinstellungen nicht verloren gehen. Der Ratschlag der Kölner Richter sorgt in Privathaushalten ohne Gebrauchsanleitung eher für ein mehr an unzureichend gesicherten Funknetzwerken. Zudem wird wieder nicht beachtet, dass ein Ausschalten eines Routers keine Internetverbindung beendet. Von dem Zustand des Nichtbegründet seins der richterlichen Meinung mal ganz abgesehen. Ich wälze gerne die "Gebrauchsanleitungen" der Routerverkäufer. Der hinweis auf den Urlaubsbereich ist mir vollständig fremd.
"Schatz! Häng noch die Wäsche ab und schalt den Router aus! Ich befürchte eine Rechtsverletzung in Tauschbörsen während unserer Abewesenheit über ein zwar ausreichend gesichertes W-LAN, aber man kann ja nie wissen, Schatz!"
Dagegen muß man den Bereich zur KostenNICHTerstattung der Einstweiligen Verfügung als sehr fortschrittlich und auch begründet loben. An der informellen Strategie der Verbraucherschutzportale wie Netzwelt.de oder gerade dem Verein gegen den Abmahnwahn e.V. zur Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung ändert sich nichts. Im Gegenteil. Der Beschluss stärkt diese Portale.
Endlich stellt das (in diesem Einzelfall) OLG Köln klar, ein abmahnender Rechteinhaber, der sich mit der Abmahnung an Privathaushalte richtet unterliegt besonderen Kriterien, wenn er sich die Frage stellt ob das Rechtschutzbbedürfnis "Unterlassung" so dringlich ist, dass er eine Einstweilige Verfügung beantragen muß wenn er keine Unterlassungserklärung bekommt. Das OLG sagt: Nicht dann, wenn die Abmahnung selbst massive Warnhinweise enthält so wie sie oben dargestellt sind. Diese Hinweise zur möglichen Unwirksamkeit von Erklärungen wie sie "im Internet angeboten" werden sind ausreichend, um den Unterlassungsschuldner von der Abgabe einer Erklärung abhalten zu können. Als "Einschränkung" gilt hier im vorliegenden Fall die Forderung + Warnheinweis des Rechteinhabers für alle "geschützten Werke des Unterlassungsgläubigers" die Unterlassung zu erklären, obwohl der verständige Abgemahnte nur für ein bestimmtes (dasjenige an der eine Rechtverletzung begangen wurde) Werk eine Unterlassung zu erklären hat. Das Gericht führt sogar zu den seit Jahren diesbezüglich verwendeten Textbausteinen der Abmahnkanzlei X. aus, sie würden nicht wie gefordert dem Abgemahnten einen Weg weisen, der "zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung geboten war."
Alle Achtung: Man solls nicht übertreiben, aber wie soll man sich das nun vorstellen? Die Abmahnungen der Kanzlei X. sind in dem zentralsten Bereich überhaupt nicht ausreichend? Wieso kann man dann eine Kostenerstattung für dieses nicht ausreichende Produkt verlangen? Also ... ich befürchte das kann Ärger geben, sollte die Kanzlei X. jemals Kostenerstattungen fordern, auch wenn man der veröffentlicheten Ansicht ist, man würde am heimischen Gerichtsstand alles gewinnen.
Das Gericht stärkt im weiteren Verlauf gerade die nicht antwaltlich vertretenen Abgemahnten. Es legt zur Auslegung von Rektionen dieser Gruppe (nicht grundsätzlich, einzelfallabhängig) fest, sie als Personen die geschäftlich unerfahren und rechtlich nicht beraten sind einzustufen. Die Übertragung des Tatbestandsmerkmals "gewerblicher Umfang" zur Einstufung der Schwere der Rechtsverletzung aus dem Auskunftsverfahren käme nicht in Betracht zur Einstufung eines Abgemahnten als "gewerblich tätige" Person.
Im Abspann des Beschlusses verteilt das OLG Köln noch so einige "Roten Karten", die hier nicht unerwähnt bleiben dürfen. Die ... nennen wirs "Puristen" der nichtjuristischen Informationsdienstleistungen zum Thema Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung wie der Verein gegen den Abmahnwahn, oder das Portal "Netzwelt.de" verweigerten sich nach Sichtweise des OLG Köln vollkommen zu Recht den Tendenzen anderer nichtjuristischer Interessengruppen die das Internet mit stets veränderten "UEs", Vorbeuge- und Erweiterungsthesen beglücken. Eine solche Empfehlung könne nur "im Einzelfall erteilt werden und erfordert die Kenntnis der Umstände der Rechtsverletzung". Diesem Erforderniss werden diese Interessengruppen nicht gerecht. Sie sind auch nicht dafür qualifiziert.
Mittwoch, 11. Mai 2011
AG Hamburg - Harburg - Klagerücknahme
In jüngster Zeit kommt es verstärkt zu Meldungen über massive Schwierigkeiten mit dem zentralen Mahngericht in Berlin-Wedding. Diese Probleme sollten nicht zu Kurzschlusshandlungen bei den Betroffenen führen. Wie der folgende Vorgang zeigt sollte man sich qualifizierter Hilfe bedienen, wie man sie zum Beispiel bei den Aktiven des Webseitenportals bei Netzwelt.de erfährt.
Ein Abgemahnter einer südwestdeutschen Kanzlei reagierte auf die Abmahnung mit der Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung. Er zahlte jedoch den geforderten Betrag nicht. Es folgten nach der Annahme der Unterlassungserklärung zahlreiche Zahlungsaufforderungen unterschiedlicher Rechtsanwaltskanzleien und einer Inkassofirma. Der Abgemahnte hatte zwar ausreichend der Forderung widersprochen. Dieser Widerspruch wurde jedoch ignoriert.
Ende März 2011 traf den Abgemahnten jedoch der Schlag: Im Briefkasten fand sich ein Vollstreckungsbescheid des AG Berlin-Wedding in dem die stolze Summe von 1.803,15€ prangte. Der Abgemahnte hatte keinen Mahnbescheid erhalten.
Im Vollstreckungsbescheid stand jedoch: "Dieser Bescheid wurde Ihnen schon einmal zugestellt. Da die Zustellungsurkunde vom Zustellers falsch ausgefüllt war, war die Zustellung unwirksam und muss nun wiederholt werden." Diese Behauptung des Mahngerichts ist definitiv falsch. Dem Abgemahnten wurde auch zuvor kein weiterer Mahnbescheid zugestellt.
Selbstverständlich legte der Abgemahnte sofort Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid ein.
Er versuchte aber gleichzeitig die jeweiligen Zustellungsurkunden mit einem rechtlich perfekten Antrag zu erhalten. Einerseits würde man als Betroffener schon gerne einmal wissen was denn genau bei dem Amtsgericht Berlin-Wedding falsch läuft. Liegt es nun an der Schlampigkeit des Gerichts selbst, oder ist es eine bereits auffällig gewordene private Zustellerfirma die stets behauptet Mahnbescheide und Vollstreckungsbescheide zugestellt zu haben, obwohl die Betroffenen nie etwas erhalten haben? Andererseits kann eine nicht fehlgeschlagene Zustellung eines Mahnbescheides rechtliche Auswirkungen zeitigen.
Das Amtsgericht Berlin-Wedding ignoriert auch vollständig die Konsequenzen, die ein solcher Fall mit sich bringt. In einem Extremfall der derzeit am Amtsgericht Erfurt liegt (Verfahren ruht) kam es zu keiner Zustellung eines Vollstreckungsbescheides. Daher wurde auch kein Einspruch eingelegt. Die Meldung kam von einer Rechtsanwaltskanzlei die zur Zahlung der Summe auforderte. Zwei Gerichte (ein unzuständiges) wollten dem Opfer nicht helfen, sondern bedeuteten, dass sie den Einspruch wegen Fristversämniss nicht akzeptieren wollen und daher das Opfer zur Zahlung verpflichtet sei. Das Opfer müsste nun versuchen zu beweisen das die Zustellung nicht statt gefunden hat. Das bedeuted man muß dem Zusteller im Rahmen einer mündlichen Verhandlung nachweisen das er die Zustellung nicht durchgeführt hat. Das kann letztlich nur gelingen wenn Weihnachten und Neujahr zusammen fallen (oder man sich qualifizierter Hilfe bedient). Am Ende hätte das Opfer zu befürchten mehrere Tausend € zu verbraten, nur weil ...
... das Mahngericht in Berlin-Wedding offensichtliche Fehler bei sich selbst oder bei Zustellerfirmen duldet. Man hat wohl Anlass sich bei der Behördenleitung zu beschweren.
Der Abgemahnte in unserem aktuellen Fall hatte jedoch Glück im Unglück. Er konnte Einspruch rechtzeitig einlegen. Trotz Antrag hat man ihm die Zustellurkunden nicht übersandt, was sehr tief blicken läßt. Man hat seitens des Mahngerichts Berlin-Wedding den Fall an das Streitgericht AG Hamburg - Harburg abgegeben.
Dort stellte sich aber heraus, dass die Klägerin nicht Willens war in ein streitiges Verfahren einzusteigen. Klar: Man hat es auch nicht im Mahnbescheidsantrag beantragt. Es wurde also durch das Fehlverhalten des AG Berlin-Wedding oder einer Zustellerfirma ein unnützer und ungewollter Rechtsstreit provziert.
Dieser wurde jedoch "abgesagt". Die Klägerin zog die Klage zurück. Der Vollstreckungsbescheid wurde durch das Gericht für gegenstandslos erklärt. Die kosten des Verfahrens trägt in der Regel die Klägerin.
Nun hat sich jedoch der Abgemahnte bei den qualifizierten Aktiven des Portals Netzwelt.de gemeldet. DAS dürfte seltenheitswert aufweisen. Die Dunkelziffer derjenigen die zu unqualifizierten Portalen gehen, oder gleich kostenpflichtige Rechtsanwaltliche Leistungen in Anspruch nehmen dürfte 1 : 10 betragen. Personen die entweder Fristen versäumen, Falschberatungen unterliegen, oder mehrere hundert € an Rechtsanwaltskosten selbst bezahlen müssen.
Ein Abgemahnter einer südwestdeutschen Kanzlei reagierte auf die Abmahnung mit der Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung. Er zahlte jedoch den geforderten Betrag nicht. Es folgten nach der Annahme der Unterlassungserklärung zahlreiche Zahlungsaufforderungen unterschiedlicher Rechtsanwaltskanzleien und einer Inkassofirma. Der Abgemahnte hatte zwar ausreichend der Forderung widersprochen. Dieser Widerspruch wurde jedoch ignoriert.
Ende März 2011 traf den Abgemahnten jedoch der Schlag: Im Briefkasten fand sich ein Vollstreckungsbescheid des AG Berlin-Wedding in dem die stolze Summe von 1.803,15€ prangte. Der Abgemahnte hatte keinen Mahnbescheid erhalten.
Im Vollstreckungsbescheid stand jedoch: "Dieser Bescheid wurde Ihnen schon einmal zugestellt. Da die Zustellungsurkunde vom Zustellers falsch ausgefüllt war, war die Zustellung unwirksam und muss nun wiederholt werden." Diese Behauptung des Mahngerichts ist definitiv falsch. Dem Abgemahnten wurde auch zuvor kein weiterer Mahnbescheid zugestellt.
Selbstverständlich legte der Abgemahnte sofort Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid ein.
Er versuchte aber gleichzeitig die jeweiligen Zustellungsurkunden mit einem rechtlich perfekten Antrag zu erhalten. Einerseits würde man als Betroffener schon gerne einmal wissen was denn genau bei dem Amtsgericht Berlin-Wedding falsch läuft. Liegt es nun an der Schlampigkeit des Gerichts selbst, oder ist es eine bereits auffällig gewordene private Zustellerfirma die stets behauptet Mahnbescheide und Vollstreckungsbescheide zugestellt zu haben, obwohl die Betroffenen nie etwas erhalten haben? Andererseits kann eine nicht fehlgeschlagene Zustellung eines Mahnbescheides rechtliche Auswirkungen zeitigen.
Das Amtsgericht Berlin-Wedding ignoriert auch vollständig die Konsequenzen, die ein solcher Fall mit sich bringt. In einem Extremfall der derzeit am Amtsgericht Erfurt liegt (Verfahren ruht) kam es zu keiner Zustellung eines Vollstreckungsbescheides. Daher wurde auch kein Einspruch eingelegt. Die Meldung kam von einer Rechtsanwaltskanzlei die zur Zahlung der Summe auforderte. Zwei Gerichte (ein unzuständiges) wollten dem Opfer nicht helfen, sondern bedeuteten, dass sie den Einspruch wegen Fristversämniss nicht akzeptieren wollen und daher das Opfer zur Zahlung verpflichtet sei. Das Opfer müsste nun versuchen zu beweisen das die Zustellung nicht statt gefunden hat. Das bedeuted man muß dem Zusteller im Rahmen einer mündlichen Verhandlung nachweisen das er die Zustellung nicht durchgeführt hat. Das kann letztlich nur gelingen wenn Weihnachten und Neujahr zusammen fallen (oder man sich qualifizierter Hilfe bedient). Am Ende hätte das Opfer zu befürchten mehrere Tausend € zu verbraten, nur weil ...
... das Mahngericht in Berlin-Wedding offensichtliche Fehler bei sich selbst oder bei Zustellerfirmen duldet. Man hat wohl Anlass sich bei der Behördenleitung zu beschweren.
Der Abgemahnte in unserem aktuellen Fall hatte jedoch Glück im Unglück. Er konnte Einspruch rechtzeitig einlegen. Trotz Antrag hat man ihm die Zustellurkunden nicht übersandt, was sehr tief blicken läßt. Man hat seitens des Mahngerichts Berlin-Wedding den Fall an das Streitgericht AG Hamburg - Harburg abgegeben.
Dort stellte sich aber heraus, dass die Klägerin nicht Willens war in ein streitiges Verfahren einzusteigen. Klar: Man hat es auch nicht im Mahnbescheidsantrag beantragt. Es wurde also durch das Fehlverhalten des AG Berlin-Wedding oder einer Zustellerfirma ein unnützer und ungewollter Rechtsstreit provziert.
Dieser wurde jedoch "abgesagt". Die Klägerin zog die Klage zurück. Der Vollstreckungsbescheid wurde durch das Gericht für gegenstandslos erklärt. Die kosten des Verfahrens trägt in der Regel die Klägerin.
Nun hat sich jedoch der Abgemahnte bei den qualifizierten Aktiven des Portals Netzwelt.de gemeldet. DAS dürfte seltenheitswert aufweisen. Die Dunkelziffer derjenigen die zu unqualifizierten Portalen gehen, oder gleich kostenpflichtige Rechtsanwaltliche Leistungen in Anspruch nehmen dürfte 1 : 10 betragen. Personen die entweder Fristen versäumen, Falschberatungen unterliegen, oder mehrere hundert € an Rechtsanwaltskosten selbst bezahlen müssen.
Mittwoch, 27. April 2011
Herr Lampmann besitzt Persönlichkeit!
Bereits am 20.01.2011 berichtete dieser blog uA von einer Glosse, die ein gewisser Herr Lampmann zu Werbezwecken produziert und vertrieben hat. Neben den üblichen Retortenargumenten eines Abmahners findet eine auffällig pubertäre Beschäftigung mit langjährig bekannt integren Personen der "Gegenseite" statt, die Puristen zudem als zur Schau gestellte, elitaristisch geprägte Anwaltsarroganz werten würden.
Tut man aber lieber nicht. Denn wie der Herr Rechtsanwalt Marcus Dury, Saarbrücken zu berichten weiss, sorgen schon kleinstmöglichste athmosphärische Störungen zu der plötzlichen Ausbildung von Persönlichkeit bei Herrn Lampmanns Mandanten(innen) und zu dahinfolgenden klägerischen Unternehmungen:
Klage wegen Twittermeldung - 140 Zeichen und Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts
Die Kölner Anwaltskanzlei Lampmann / Behn / Rosenbaum hatte Herrn Rechtsanwalt Marcus Dury LL.M. wegen einer Twittermeldung abgemahnt und verklagt.
In der bereits im November 2010 ergangenen Abmahnung wurde der Vorwurf erhoben, durch eine Twittermeldung vom 26.11.2010 auf dem Twitter-Account - "Filesharing_RA" seien die Rechte einer Filmverleih-Firma verletzt worden.
Die Meldung lautete
"Uns liegt eine Abmahnung der Kanzlei Lampmann Behm Rosenbaum vor. Abgemahnt wird ein [ZENSIERT]-Film der C. Filmverleih GmbH"
Der Filmverleih fühlt sich durch diese Meldung in seinem Unternehmenspersönlichkeitsrecht verletzt und hält sie für "kreditgefährdend".
Mit der nun eingereichten Klage verfolgt der Filmverleih den Ersatz der angeblich entstandenen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 911,80 €. Ein solcher Kostenerstattungsanspruch besteht aber nur, wenn durch die Twittermeldung tatsächlich irgendwelche Rechte des Filmverleihs verletzt wurden.
Im Rahmen des Tweets wurde eine Einordnung des Filmes zu einem bestimmten Genre vorgenommen, das nach Ansicht des Filmverleihs nicht zutreffend war und das überwiegend leicht bekleidete Menschen zeigt.
In der Abmahnung heißt es, die Twittermeldung enthalte "unwahre, herabsetzende Tatsachenbehauptungen".
Die Filmvereleiherin sieht sich selbst ausschließlich als Rechteinhaberin von "hochwertigen, mit entsprechenden Preisen dekorierten Filmwerken", Filme des in der Twittermeldung genannten Genres gehörten nicht zu Ihrem Repertoire.
Als Streitwert für den Unterlassungsanspruch setzte die Kanzlei sodann einen Betrag i.H.v. 25.000 € an.
Allein um irgendwelchen zeitraubenden und unfruchtbaren gerichtlichen Auseinandersetzungen mit der Kanzlei und der Filmverleihfirma aus dem Weg zu gehen, gab Herr Rechtsanwalt Dury LL.M. daraufhin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zwei Unterlassungserklärungen ab, eine Erklärung unmittelbar gegenüber der Kanzlei Lampmann Behn Rosenbaum und eine Erklärung gegenüber dem Filmverleih. In diesen Erklärungen verpflichtete er sich, nicht mehr zu behaupten,
"Uns liegt eine Abmahnung der Kanzlei Lampmann Behm Rosenbaum vor. Abgemahnt wird ein [ZENSIERT]-Film der C. Filmverleih GmbH".
Die Erklärungen wurde von den Anwälten Lampmann Behn Rosenbaum und dem Filmverleih jeweils angenommen, etwaige Unterlassungsansprüche wurden erfüllt.
Der Filmverleih vertritt in der Klage weiterhin den Standpunkt, die Twittermeldung sei als "unwahre Tatsachenbehauptung" einzuordnen, die "kreditgefährdend" gewesen sei und einen nicht unerheblichen Eingriff in das "Unternehmenspersönlichkeitsrecht" der Filmvereliherin darstelle.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass sich der Tweet auf den Film "Die Beschissenheit der Dinge" bezog, der von seinem Titel her durchaus einen Fäkalbezug aufweist und diverse Sexszenen enthält, die entkleidete kopulierende Menschen zeigen. Darüber hinaus werden männlichen Genitalien verschiedener "Darsteller" unbedeckt auf der Leinwand gezeigt.
Sollte sich die von dem Filmverleih vertretene Rechtsansicht vor Gericht durchsetzen, wird in Zukunft jede unternehmensbezogene Äußerung im Internet zu einem kostspieligen Unterfangen, wenn die subjektive Einschätzung des Äussernden von einem Gericht nicht für allgemeinverbindlich erklärt wird.
Die Einordnung eines Filmes zu einem bestimmten Filmgenre, das dem Hersteller / Filmverleih nicht passt, kann dann zum Beispiel schnell 911,80 € kosten.
Wir werden an dieser Stelle über den Fortgang des Verfahrens berichten.
Persönlicher Kommentar: Diese Meldung finde ich voll Porno!
Tut man aber lieber nicht. Denn wie der Herr Rechtsanwalt Marcus Dury, Saarbrücken zu berichten weiss, sorgen schon kleinstmöglichste athmosphärische Störungen zu der plötzlichen Ausbildung von Persönlichkeit bei Herrn Lampmanns Mandanten(innen) und zu dahinfolgenden klägerischen Unternehmungen:
Klage wegen Twittermeldung - 140 Zeichen und Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts
Die Kölner Anwaltskanzlei Lampmann / Behn / Rosenbaum hatte Herrn Rechtsanwalt Marcus Dury LL.M. wegen einer Twittermeldung abgemahnt und verklagt.
In der bereits im November 2010 ergangenen Abmahnung wurde der Vorwurf erhoben, durch eine Twittermeldung vom 26.11.2010 auf dem Twitter-Account - "Filesharing_RA" seien die Rechte einer Filmverleih-Firma verletzt worden.
Die Meldung lautete
"Uns liegt eine Abmahnung der Kanzlei Lampmann Behm Rosenbaum vor. Abgemahnt wird ein [ZENSIERT]-Film der C. Filmverleih GmbH"
Der Filmverleih fühlt sich durch diese Meldung in seinem Unternehmenspersönlichkeitsrecht verletzt und hält sie für "kreditgefährdend".
Mit der nun eingereichten Klage verfolgt der Filmverleih den Ersatz der angeblich entstandenen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 911,80 €. Ein solcher Kostenerstattungsanspruch besteht aber nur, wenn durch die Twittermeldung tatsächlich irgendwelche Rechte des Filmverleihs verletzt wurden.
Im Rahmen des Tweets wurde eine Einordnung des Filmes zu einem bestimmten Genre vorgenommen, das nach Ansicht des Filmverleihs nicht zutreffend war und das überwiegend leicht bekleidete Menschen zeigt.
In der Abmahnung heißt es, die Twittermeldung enthalte "unwahre, herabsetzende Tatsachenbehauptungen".
Die Filmvereleiherin sieht sich selbst ausschließlich als Rechteinhaberin von "hochwertigen, mit entsprechenden Preisen dekorierten Filmwerken", Filme des in der Twittermeldung genannten Genres gehörten nicht zu Ihrem Repertoire.
Als Streitwert für den Unterlassungsanspruch setzte die Kanzlei sodann einen Betrag i.H.v. 25.000 € an.
Allein um irgendwelchen zeitraubenden und unfruchtbaren gerichtlichen Auseinandersetzungen mit der Kanzlei und der Filmverleihfirma aus dem Weg zu gehen, gab Herr Rechtsanwalt Dury LL.M. daraufhin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zwei Unterlassungserklärungen ab, eine Erklärung unmittelbar gegenüber der Kanzlei Lampmann Behn Rosenbaum und eine Erklärung gegenüber dem Filmverleih. In diesen Erklärungen verpflichtete er sich, nicht mehr zu behaupten,
"Uns liegt eine Abmahnung der Kanzlei Lampmann Behm Rosenbaum vor. Abgemahnt wird ein [ZENSIERT]-Film der C. Filmverleih GmbH".
Die Erklärungen wurde von den Anwälten Lampmann Behn Rosenbaum und dem Filmverleih jeweils angenommen, etwaige Unterlassungsansprüche wurden erfüllt.
Der Filmverleih vertritt in der Klage weiterhin den Standpunkt, die Twittermeldung sei als "unwahre Tatsachenbehauptung" einzuordnen, die "kreditgefährdend" gewesen sei und einen nicht unerheblichen Eingriff in das "Unternehmenspersönlichkeitsrecht" der Filmvereliherin darstelle.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass sich der Tweet auf den Film "Die Beschissenheit der Dinge" bezog, der von seinem Titel her durchaus einen Fäkalbezug aufweist und diverse Sexszenen enthält, die entkleidete kopulierende Menschen zeigen. Darüber hinaus werden männlichen Genitalien verschiedener "Darsteller" unbedeckt auf der Leinwand gezeigt.
Sollte sich die von dem Filmverleih vertretene Rechtsansicht vor Gericht durchsetzen, wird in Zukunft jede unternehmensbezogene Äußerung im Internet zu einem kostspieligen Unterfangen, wenn die subjektive Einschätzung des Äussernden von einem Gericht nicht für allgemeinverbindlich erklärt wird.
Die Einordnung eines Filmes zu einem bestimmten Filmgenre, das dem Hersteller / Filmverleih nicht passt, kann dann zum Beispiel schnell 911,80 € kosten.
Wir werden an dieser Stelle über den Fortgang des Verfahrens berichten.
Persönlicher Kommentar: Diese Meldung finde ich voll Porno!
Dienstag, 26. April 2011
Porno-Streitwerte-Skandal in München
Über die Frage in wie weit ein in seinen Rechten durch angebliche Tauschbörsenaktivitäten verletzer Pornohersteller Schadensersatz vom angeblichen Verletzter verlangen kann darf juristisch weiter gestritten werden.
Vom Gerichtsstandort München (dem Pornoklagenhafen Deutschlands) bei dem auch grundsätzliche Bedenken zur Schadensersatzfrage existieren gibt es Neues zu berichten
Alter Pornostreitwert 161 C 10296/10 vom 20.07.2010

Neuer Pornostreitwert 161 C 29888/10 vom 22.03.2011

Es handelt sich natürlich um Vergleiche. Die folgenden Angaben sind nur Vergleichswerte zu Vergleichen, die keinen Kostenfestsetzungsbeschluss ersetzen.
Alter Streitwert - Kosten nach RVG
Neben der Zahlung von 651,80€ werden aus dem Streitwert 1.051,80€ anteilige Rechtsanwalts- und Gerichtskosten in Höhe von 750,33€ fällig. Die Klägerin trägt 300,13€, der Beklagte 450,20€.
Neuer Streitwert - Kosten nach RVG
Neben der Zahlung von 651,80€ werden aus dem Streitwert zB 720,00€ anteilige Rechtsanwalts- und Gerichtskosten in Höhe von 587,03€ fällig. Die Klägerin trägt nun 58,70€, der Beklagte 528,33€.
Zusammenfassung
Nach PKR-Angaben (die wie gesagt keinen Kostenfestsetzungbeschluss ersetzen) werden die Pornohersteller seit dem Frühjahr 2011 an ihrem Vergleichbahnhof in München um jeweils 391,50€ entlastet. Die Beklagten werden jedoch gleichermaßen um 228,20€ belastet.
Natürlich verdient diese Innovative Rechtsprechung unseren Dank. Mit der Entlastung von fast 400,00€ kann ein neues Werk produziert werden. So stützen wir den Pornographie-Standort Deutschland. Im Übrigen scheint die Entlastung System zu haben. Aus dem Dezember ist noch ein Beschluss bekannt in dem die Klägerin zur Kostenübernahme von 20% verpflichtet wurde.
Das "Endurteil" des Richter D.
So richtig schön wird es jedoch erst, wenn man die Sache mit dem einzig bekannten "Endurteil" aus München vom 20.12.2010 vergleicht.
1. Beklagte mit "Vergleich" zahlen genauso viel wie Beklagte mit "Endurteil" (Vorsicht! Extrakosten wie Gutachterbeauftragung beachten! Muß nicht immer stimmen).
2. Richter D. hat am Streitwert nichts verändert. Damit wird der Klägerseite dort ein nomineller Anteil von 256,18€ der Kosten zugeschlagen. Dem Beklagten werden aber 417,99€ zugeschlagen.
Damit zahlt der verurteilte "Störer" 1.069,79€, während die späteren Vergleicher 1.180,13€ zahlen.
Vom Gerichtsstandort München (dem Pornoklagenhafen Deutschlands) bei dem auch grundsätzliche Bedenken zur Schadensersatzfrage existieren gibt es Neues zu berichten
Alter Pornostreitwert 161 C 10296/10 vom 20.07.2010

Neuer Pornostreitwert 161 C 29888/10 vom 22.03.2011

Es handelt sich natürlich um Vergleiche. Die folgenden Angaben sind nur Vergleichswerte zu Vergleichen, die keinen Kostenfestsetzungsbeschluss ersetzen.
Alter Streitwert - Kosten nach RVG
Neben der Zahlung von 651,80€ werden aus dem Streitwert 1.051,80€ anteilige Rechtsanwalts- und Gerichtskosten in Höhe von 750,33€ fällig. Die Klägerin trägt 300,13€, der Beklagte 450,20€.
Neuer Streitwert - Kosten nach RVG
Neben der Zahlung von 651,80€ werden aus dem Streitwert zB 720,00€ anteilige Rechtsanwalts- und Gerichtskosten in Höhe von 587,03€ fällig. Die Klägerin trägt nun 58,70€, der Beklagte 528,33€.
Zusammenfassung
Nach PKR-Angaben (die wie gesagt keinen Kostenfestsetzungbeschluss ersetzen) werden die Pornohersteller seit dem Frühjahr 2011 an ihrem Vergleichbahnhof in München um jeweils 391,50€ entlastet. Die Beklagten werden jedoch gleichermaßen um 228,20€ belastet.
Natürlich verdient diese Innovative Rechtsprechung unseren Dank. Mit der Entlastung von fast 400,00€ kann ein neues Werk produziert werden. So stützen wir den Pornographie-Standort Deutschland. Im Übrigen scheint die Entlastung System zu haben. Aus dem Dezember ist noch ein Beschluss bekannt in dem die Klägerin zur Kostenübernahme von 20% verpflichtet wurde.
Das "Endurteil" des Richter D.
So richtig schön wird es jedoch erst, wenn man die Sache mit dem einzig bekannten "Endurteil" aus München vom 20.12.2010 vergleicht.
1. Beklagte mit "Vergleich" zahlen genauso viel wie Beklagte mit "Endurteil" (Vorsicht! Extrakosten wie Gutachterbeauftragung beachten! Muß nicht immer stimmen).
2. Richter D. hat am Streitwert nichts verändert. Damit wird der Klägerseite dort ein nomineller Anteil von 256,18€ der Kosten zugeschlagen. Dem Beklagten werden aber 417,99€ zugeschlagen.
Damit zahlt der verurteilte "Störer" 1.069,79€, während die späteren Vergleicher 1.180,13€ zahlen.
Donnerstag, 14. April 2011
Musikalische Komödie Leipzig
Das es um die Spielfähigkeit in der arg maroden Musikalischen Komödie in Leipzig nicht gut bestellt ist wußte man schon lange. Zum 07.04.2011 ordnete der Oberbürgermeister Burkhard Jung eine städtische Finanzspritze von 100.000,00€ zwar dringendste Maßnahmen zur Erhaltung der Spielfähigkeit an. Angesichts der durch mich recherchierten Vorfälle bei einer Veranstaltung am 30.03.2011 sind diese Maßnahmen als nicht ausreichend zu bezeichnen.
Landgericht Leipzig, Beschluss vom 30.03.2011, Az.: 05 O 842/11
Sachverhalt
Die Firma U. GmbH mahnte im Januar 2011 über die Rechtsanwaltskanzlei R. einen Internetanschlußinhaber wegen der angeblichen Verbreitung eines Musikwerks der Gruppe A. in einer „Tauschbörse“ ab. Der Abgemahnte reagierte mit anwaltlichem Schreiben und einer modifiziert-erweiterten Unterlassungserklärung. Eine Reaktion erfolgte nicht.
Als er im März 2011 eine erneute Abmahnung des gleichen Typs von Rechtsanwaltskanzlei R. erhielt, die jedoch nun im Namen einer Firma E. GmbH, welche Rechte an einem Titel eines DeutschBlondinenjodelpopwerks geltend machte, verwies der Anschlußinhaber auf die bereits abgegebene Unterlassungserklärung. Die Abmahnung würde ins Leere gehen, da der Abgemahnte bereits eine ausreichende Unterlassung auch gegenüber der Firma R. erklärt habe.
Die Rechtsanwaltskanzlei R. beantragte nun ohne weitere Korrespondenz eine Einstweilige Verfügung.
Beschluss – Antrag
Schon der textbausteingestaltete Antrag beinhaltet in erheblichem Maße als unsubstantiiert zu klassifizierende Punkte. So erläutert der Antrag der Firma E. GmbH, dass eine wirksame Drittunterwerfung nur in Ausnahmefällen in Betracht käme, sprich eine Erklärung gegenüber der Firma U. GmbH gleichzeitig eine Erklärung gegenüber der Firma E. enthalten könne. Dies wäre nur möglich wenn sich beide Firmen innerhalb einer bestimmten Lizenznehmerkette befänden. Eine Rechtsgrundlage oder Urteilsverweise fehlen selbstverständlich.
Der erste „Fehler“ des Vortrags einer gewissen Rechtsanwältin K. ist, dass Sie die zu Grunde zu legende Lizennehmerkette auf das streitgegenständliche Werk setzt. Es hätte die Lizenznehmerkette des Werks der U. GmbH sein müssen. Der zweite „Fehler“ besteht darin das keine rechtliche Grundlage des Behaupteten angegeben wird.* (Ende beachten) Der dritte „Fehler“ besteht darin, dass die Tatsache, die U. GmbH befände sich mit der E. GmbH bezüglich des streitgegenständlichen Werks nicht in einer Lizennehmerkette nicht glaubhaft gemacht wird (Zeugenbeweis – Eidesstattliche Versicherung). Somit bleibt der Vortrag insgesamt eine persönliche Meinung der Rechtsanwältin K, die auch noch den vierten "Fehler" in sich trägt, dass … die Meinungsäußerung falsch ist (Tip des Tages: Hanseatisches OLG, Urteil vom 23.07.2008, Az.: 5 U 159/06). Tatsächlich steht die U. GmbH bezüglich des streitgegenständlichen Werks schon Kraft des Urheberpersönlichkeitsrechts in einer Lizennehmerkette mit der E. GmbH.
Eine richterliche Äußerung zu diesem Thema erfolgte nicht.
Der Beschluss
Der Beschlusstenor richtet sich ausschließlich an eine täterschaftliche Handlung. Dem Antragsgegner wird verboten das streitgegenständliche Werk „auf einem Computer für den Abruf für andere Teilnehmer von Filesharing-Systemen über das Internet bereit zu stellen...“.
Dies wirft die Frage auf mit welcher Begründung der beantragte Tenor von den bekannten Wortlauten der Orginal-Unterlassungserklärung abweicht. Wie später dargelegt handelt es sich hier um eine anwaltsübliche Begründung per Weglassen von Dokumenten. Der Antrag selbst stellt sich als unschlüssig dar (OLG Köln, Beschluss vom 24.03.2011, Az.: 6 W 42/11)
Man könnte nämlich meinen, der Antragsgegner habe über seinen Rechtsanwalt die Tathandlung zugegeben. Dem ist jedoch nicht so.
„Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht zwar eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Daraus ergibt sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, der geltend macht, eine andere Person habe die Rechtsverletzung begangen...“ (BGH, Urteil vom 12.05.2010, Az.: I ZR 121/08)
„Als sekundäre Darlegungslast wird die Last einer Gegenpartei bezeichnet, sich im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behauptungen der darlegungspflichtigen Partei zu äußern.“ (Kleines 1x1)
Das Landgericht Leipzig führt in Anlehnung an das BGH-Urteil aus, dass der Abgemahnte in der Ablehnung der zweiten Abmahnung sich nicht zu dem Tatvorwurf geäußert habe. Daher sei eine tatsächliche Vermutung gegeben, er selbst sei der Täter.
Nach dem Landgericht Leipzig dehnt sich also eine prozessuale Erklärungspflicht dann auf eine außergerichtliche Abmahnung aus, wenn … wenn … wenn... ja es fehlt leider an einer Erklärung. . Die Richter ignorieren dabei den gesetzlichen Wortlaut des § 97a UrhG, der die Abmahnung erkennbar vor die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens stellt.
Mit dieser rechtsfehlerhaften Meinung spart man sich komplizierte Erläuterungen über die Frage zu welchen Angaben ein Abgemahnter nun tatsächlich verpflichtet ist. Trägt der Abgemahnte jedoch wie im Streitfall der Antragstellerin begründet vor, dass er der Ansicht sei bereits die Abmahnung sei unbegründet und damit sei ein Anspruch auf Unterlassung nicht gegeben hat er bereits seinen ihm prozessual obliegenden Erklärungspflichten zu den Behauptungen der darlegungspflichtigen Partei genügt. Ob er dann Recht hat oder nicht sei dahin gestellt.
Eine wie auch immer geartete Erklärungspflicht eines Abgemahnten in einer Antwort an eine Abmahnkanzlei ist durch das Schuldverhältniss nicht begründbar. Dies allein schon da es ausreicht den Unterlassungsanspruch ohne ein „Schuldeingeständnis“ über die Abgabe einer „normalen modUE“ zu erfüllen (also einer Erklärung die den Unterlassungsschuldner nicht zwingt darzulegen, ob er Täter, Teilnehmer oder Störer oder keines von Allen sei). Gerade aus dem Unterlassungsanspruch können nach dessen keine weiteren Ansprüche abgeleitet werden. Der Auskunftsanspruch ist als eigenständiger Anspruch im § 97 UrhG, Abs. 1 ausgewiesen.
Hier ist von Bedeutung für den Rechtsstreit am Landgericht Leipzig, dass der Unterlassungsschuldner bezüglich der abgegebenen „erweiterten“ Erklärung keinerlei Rückantwort bekam. Damit sind für ihn auch keine Einwendungen gegenüber den Formulierungen der Unterlassungserklärungen erkennbar. Die richterliche Denkweise, die in der Übernahme der Argumente aus dem Antrag auf Einstweilige Verfügung besteht vergißt das diese Argumente bereits bis zu 6 Wochen zuvor hätten geäußert werden können.
Das die Bearbeiterin der Abmahnung 1 + 2 und des Antrags die gleiche Person darstellte ist insofern auch wichtig, da es durchaus ein Dokument gab in dem ausreichend Zweifel bezüglich der eigenen Täterschaft geäußert wurde. Der Antragsgegner ließ per Anwaltsschreiben mitteilen, dass er die angebliche Rechtsverletzung nicht zuordnen könne. Danebst forderte er zusätzliche Unterlagen an, die leider niemals eingetroffen sind. Die Leipziger Richter konnten nun nicht über die Wirkung dieser Äußerung entscheiden, da Ihnen das Dokument nicht vorgelgt wurde und sie es auch nicht als erheblich empfanden, obwohl sie in Kentnnis der Existenz einer solchen Äußerung waren.
Die maßgeblichste fehelerhafte Rechtsanwendung besteht jedoch im Punkt, dass die Leipziger Richter entgegen dem § 131 BGB („Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.“) den wirklichen Willen überhaupt nicht erforschten und eine Auslegung daher nicht mal im Ansatz erkennbar ist. Man erforschte nur den wirklichen Willen des Antragsstellers.
Man gestattete sich hierbei schlicht die Übernahme der hanebüchenen Kommentare der Rechtsanwältin K.. Diese behauptet uA im Antrag vom 29.03.2011 allen Ernstes, dass zum Eingang der Erklärung des Antragsgegners gegenüber der U. GmbH Anfang Februar 2011 eine Mandatierung der E. GmbH bezüglich des Antragsgegners nicht vorgelegen habe. Man habe erst am 07.03.2011 als mandatierte Rechtsanwälte der E. GmbH im Auskunftsverfahren von der Person Kenntnis erlangt, zum Zeitpunkt des Antrags auf Auskunft habe daher kein Mandatsverhältnis mit der E. GmbH bestanden und daher habe man auch zum Eingang der Erklärung kein Empfangsberechtigungsmandat für die E. GmbH besessen.
Zum Beweis der These die E. GmbH stelle jeweils pro Abgemahnter gesonderte Mandatierungen (so in etwa 400 Stück pro Woche) nach Kentnniserlangung des Realnamens aus legte die Rechtsanwältin K. ….
…. man kann es sich denken …. überhaupt keine Vollmacht der E. GmbH vor.
Es wäre auch sinnlos so etwas zu fordern, da nicht ganz so musikindustriegutgläubige Richter sich der Vernehmung der Zeugen R. Und S. erinnern könnten, die am Landgericht Köln statt fand und eindeutige Aussagen zu dem Thema der "entpersonalisierten" Mandatierung in sich trägt. Ein vollständig unbelegter Sachvortrag hätte auch so schon zur sofortigen Zurückweisung geführt.
Es spielt da schon keine Rolle mehr das man zum Thema der Unbestimmtheit der abgegebenen Erklärung viele Worte fand, jedoch zu den unbestimmten Orginal-UEs ("total alles mögliche an Musikrepertoire") nichts zu sagen hatte. Wie es eine Firma U. GmbH schaffen soll in mitten von 300 000 Lizenznehmerketten, die insgesamt 7 Millionen Lizenkettenteilnehmer betreffen jeden einzelnen im "total alles mögliche an Musikrepertoire" in eine Orginal-UE unterzubringen fragt man sich aber schon.
Der Antragsgegner wurde gerügt er habe die E. GmbH nicht namentlich benannt. Hätte er die namentlich nicht ausgestattete Orginal-UE unterzeichnet wäre nach Ansicht der Richter alles in Ordnung gewesen.
* Rechtsanwältin K. operierte hier mit dem bekannten Schricker/Wild-Kommentar (siehe zb. LG Düsseldorf, Beschluss vom 29.09.2010, Az.: 12 O 51/10) Sowohl die Meinung, der Kommentar, als auch das Urteil sind ungenügend als Verweis auf die Situation der Antragstellerin. Warum sieht man hier. Es ist in der heutigen Sampler-Verwertungswelt nicht möglich eine Erklärung gegenüber einem Rechteinhaber der Klasse U. GmbH ohne Drittunterwerfung abzugeben, da in jedem Fall und für jeden noch so schlechten Titel die Möglichkeit besteht er könnte dereinst auf einem Werk erscheinen an dem der Rechteinhaber der Klasse E. GmbH Rechte hält. Die Unterlassung wird nicht auf ein Datum, sondern für die Zukunft erklärt. Sie ist auf künftige und künftig mögliche Lizennehmerketten ausgerichtet, genauso wie der Unterlassungsgläubiger wünscht die Erklärung für sämtlich relevante künftige Nutzungen eine Wiederholung ausgeschlossen wird.
Die Richter in Leipzig aber stellten darauf ab, dass der Antragsgegner erst der Mit-Unterlassungsgläubigerin namentlich bekannt sein muß und ihr eine (Kopie der) Erklärung zugehen muß damit eine Unterlassung wirksam werden kann. Dies ist vollständig rechtsfremd, da ein Anspruch nicht dann entsteht wenn der Geschädigte davon mitgeteilt bekommt, sondern in dem Moment der Rechtsverletzung entsteht. Die "Wahl des Versprechensempfängers" kann nicht ernsthaft und auch nicht einseitig dem Unterlassungsschuldner überlassen werden, da er nur über die Vorlage der speziellen aktuellen Verträge diese erkennen kann, was andererseits den Unterlassungsgläubigern nicht recht sein dürfte. Aus einer "normalen" modUE würde im jeweiligen Fall ein Dokument von Bibelstärke, konkrete Abmahnungen ebenso und allein die Prüfdauer einer "richtigen" Drittunterwerfung benötigte das dreifache an Anwaltsstärke wie man sie in Deutschland aktuell hat.
Da im vorliegenden Fall jedoch überhaupt keine Prüfung der nicht belegten Angaben zum Thema der Lizennehmerketten statt fand ist diese theoretische Betrachtung eigentlich sinnlos.
Landgericht Leipzig, Beschluss vom 30.03.2011, Az.: 05 O 842/11
Sachverhalt
Die Firma U. GmbH mahnte im Januar 2011 über die Rechtsanwaltskanzlei R. einen Internetanschlußinhaber wegen der angeblichen Verbreitung eines Musikwerks der Gruppe A. in einer „Tauschbörse“ ab. Der Abgemahnte reagierte mit anwaltlichem Schreiben und einer modifiziert-erweiterten Unterlassungserklärung. Eine Reaktion erfolgte nicht.
Als er im März 2011 eine erneute Abmahnung des gleichen Typs von Rechtsanwaltskanzlei R. erhielt, die jedoch nun im Namen einer Firma E. GmbH, welche Rechte an einem Titel eines DeutschBlondinenjodelpopwerks geltend machte, verwies der Anschlußinhaber auf die bereits abgegebene Unterlassungserklärung. Die Abmahnung würde ins Leere gehen, da der Abgemahnte bereits eine ausreichende Unterlassung auch gegenüber der Firma R. erklärt habe.
Die Rechtsanwaltskanzlei R. beantragte nun ohne weitere Korrespondenz eine Einstweilige Verfügung.
Beschluss – Antrag
Schon der textbausteingestaltete Antrag beinhaltet in erheblichem Maße als unsubstantiiert zu klassifizierende Punkte. So erläutert der Antrag der Firma E. GmbH, dass eine wirksame Drittunterwerfung nur in Ausnahmefällen in Betracht käme, sprich eine Erklärung gegenüber der Firma U. GmbH gleichzeitig eine Erklärung gegenüber der Firma E. enthalten könne. Dies wäre nur möglich wenn sich beide Firmen innerhalb einer bestimmten Lizenznehmerkette befänden. Eine Rechtsgrundlage oder Urteilsverweise fehlen selbstverständlich.
Der erste „Fehler“ des Vortrags einer gewissen Rechtsanwältin K. ist, dass Sie die zu Grunde zu legende Lizennehmerkette auf das streitgegenständliche Werk setzt. Es hätte die Lizenznehmerkette des Werks der U. GmbH sein müssen. Der zweite „Fehler“ besteht darin das keine rechtliche Grundlage des Behaupteten angegeben wird.* (Ende beachten) Der dritte „Fehler“ besteht darin, dass die Tatsache, die U. GmbH befände sich mit der E. GmbH bezüglich des streitgegenständlichen Werks nicht in einer Lizennehmerkette nicht glaubhaft gemacht wird (Zeugenbeweis – Eidesstattliche Versicherung). Somit bleibt der Vortrag insgesamt eine persönliche Meinung der Rechtsanwältin K, die auch noch den vierten "Fehler" in sich trägt, dass … die Meinungsäußerung falsch ist (Tip des Tages: Hanseatisches OLG, Urteil vom 23.07.2008, Az.: 5 U 159/06). Tatsächlich steht die U. GmbH bezüglich des streitgegenständlichen Werks schon Kraft des Urheberpersönlichkeitsrechts in einer Lizennehmerkette mit der E. GmbH.
Eine richterliche Äußerung zu diesem Thema erfolgte nicht.
Der Beschluss
Der Beschlusstenor richtet sich ausschließlich an eine täterschaftliche Handlung. Dem Antragsgegner wird verboten das streitgegenständliche Werk „auf einem Computer für den Abruf für andere Teilnehmer von Filesharing-Systemen über das Internet bereit zu stellen...“.
Dies wirft die Frage auf mit welcher Begründung der beantragte Tenor von den bekannten Wortlauten der Orginal-Unterlassungserklärung abweicht. Wie später dargelegt handelt es sich hier um eine anwaltsübliche Begründung per Weglassen von Dokumenten. Der Antrag selbst stellt sich als unschlüssig dar (OLG Köln, Beschluss vom 24.03.2011, Az.: 6 W 42/11)
Man könnte nämlich meinen, der Antragsgegner habe über seinen Rechtsanwalt die Tathandlung zugegeben. Dem ist jedoch nicht so.
„Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht zwar eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Daraus ergibt sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, der geltend macht, eine andere Person habe die Rechtsverletzung begangen...“ (BGH, Urteil vom 12.05.2010, Az.: I ZR 121/08)
„Als sekundäre Darlegungslast wird die Last einer Gegenpartei bezeichnet, sich im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behauptungen der darlegungspflichtigen Partei zu äußern.“ (Kleines 1x1)
Das Landgericht Leipzig führt in Anlehnung an das BGH-Urteil aus, dass der Abgemahnte in der Ablehnung der zweiten Abmahnung sich nicht zu dem Tatvorwurf geäußert habe. Daher sei eine tatsächliche Vermutung gegeben, er selbst sei der Täter.
Nach dem Landgericht Leipzig dehnt sich also eine prozessuale Erklärungspflicht dann auf eine außergerichtliche Abmahnung aus, wenn … wenn … wenn... ja es fehlt leider an einer Erklärung. . Die Richter ignorieren dabei den gesetzlichen Wortlaut des § 97a UrhG, der die Abmahnung erkennbar vor die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens stellt.
Mit dieser rechtsfehlerhaften Meinung spart man sich komplizierte Erläuterungen über die Frage zu welchen Angaben ein Abgemahnter nun tatsächlich verpflichtet ist. Trägt der Abgemahnte jedoch wie im Streitfall der Antragstellerin begründet vor, dass er der Ansicht sei bereits die Abmahnung sei unbegründet und damit sei ein Anspruch auf Unterlassung nicht gegeben hat er bereits seinen ihm prozessual obliegenden Erklärungspflichten zu den Behauptungen der darlegungspflichtigen Partei genügt. Ob er dann Recht hat oder nicht sei dahin gestellt.
Eine wie auch immer geartete Erklärungspflicht eines Abgemahnten in einer Antwort an eine Abmahnkanzlei ist durch das Schuldverhältniss nicht begründbar. Dies allein schon da es ausreicht den Unterlassungsanspruch ohne ein „Schuldeingeständnis“ über die Abgabe einer „normalen modUE“ zu erfüllen (also einer Erklärung die den Unterlassungsschuldner nicht zwingt darzulegen, ob er Täter, Teilnehmer oder Störer oder keines von Allen sei). Gerade aus dem Unterlassungsanspruch können nach dessen keine weiteren Ansprüche abgeleitet werden. Der Auskunftsanspruch ist als eigenständiger Anspruch im § 97 UrhG, Abs. 1 ausgewiesen.
Hier ist von Bedeutung für den Rechtsstreit am Landgericht Leipzig, dass der Unterlassungsschuldner bezüglich der abgegebenen „erweiterten“ Erklärung keinerlei Rückantwort bekam. Damit sind für ihn auch keine Einwendungen gegenüber den Formulierungen der Unterlassungserklärungen erkennbar. Die richterliche Denkweise, die in der Übernahme der Argumente aus dem Antrag auf Einstweilige Verfügung besteht vergißt das diese Argumente bereits bis zu 6 Wochen zuvor hätten geäußert werden können.
Das die Bearbeiterin der Abmahnung 1 + 2 und des Antrags die gleiche Person darstellte ist insofern auch wichtig, da es durchaus ein Dokument gab in dem ausreichend Zweifel bezüglich der eigenen Täterschaft geäußert wurde. Der Antragsgegner ließ per Anwaltsschreiben mitteilen, dass er die angebliche Rechtsverletzung nicht zuordnen könne. Danebst forderte er zusätzliche Unterlagen an, die leider niemals eingetroffen sind. Die Leipziger Richter konnten nun nicht über die Wirkung dieser Äußerung entscheiden, da Ihnen das Dokument nicht vorgelgt wurde und sie es auch nicht als erheblich empfanden, obwohl sie in Kentnnis der Existenz einer solchen Äußerung waren.
Die maßgeblichste fehelerhafte Rechtsanwendung besteht jedoch im Punkt, dass die Leipziger Richter entgegen dem § 131 BGB („Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.“) den wirklichen Willen überhaupt nicht erforschten und eine Auslegung daher nicht mal im Ansatz erkennbar ist. Man erforschte nur den wirklichen Willen des Antragsstellers.
Man gestattete sich hierbei schlicht die Übernahme der hanebüchenen Kommentare der Rechtsanwältin K.. Diese behauptet uA im Antrag vom 29.03.2011 allen Ernstes, dass zum Eingang der Erklärung des Antragsgegners gegenüber der U. GmbH Anfang Februar 2011 eine Mandatierung der E. GmbH bezüglich des Antragsgegners nicht vorgelegen habe. Man habe erst am 07.03.2011 als mandatierte Rechtsanwälte der E. GmbH im Auskunftsverfahren von der Person Kenntnis erlangt, zum Zeitpunkt des Antrags auf Auskunft habe daher kein Mandatsverhältnis mit der E. GmbH bestanden und daher habe man auch zum Eingang der Erklärung kein Empfangsberechtigungsmandat für die E. GmbH besessen.
Zum Beweis der These die E. GmbH stelle jeweils pro Abgemahnter gesonderte Mandatierungen (so in etwa 400 Stück pro Woche) nach Kentnniserlangung des Realnamens aus legte die Rechtsanwältin K. ….
…. man kann es sich denken …. überhaupt keine Vollmacht der E. GmbH vor.
Es wäre auch sinnlos so etwas zu fordern, da nicht ganz so musikindustriegutgläubige Richter sich der Vernehmung der Zeugen R. Und S. erinnern könnten, die am Landgericht Köln statt fand und eindeutige Aussagen zu dem Thema der "entpersonalisierten" Mandatierung in sich trägt. Ein vollständig unbelegter Sachvortrag hätte auch so schon zur sofortigen Zurückweisung geführt.
Es spielt da schon keine Rolle mehr das man zum Thema der Unbestimmtheit der abgegebenen Erklärung viele Worte fand, jedoch zu den unbestimmten Orginal-UEs ("total alles mögliche an Musikrepertoire") nichts zu sagen hatte. Wie es eine Firma U. GmbH schaffen soll in mitten von 300 000 Lizenznehmerketten, die insgesamt 7 Millionen Lizenkettenteilnehmer betreffen jeden einzelnen im "total alles mögliche an Musikrepertoire" in eine Orginal-UE unterzubringen fragt man sich aber schon.
Der Antragsgegner wurde gerügt er habe die E. GmbH nicht namentlich benannt. Hätte er die namentlich nicht ausgestattete Orginal-UE unterzeichnet wäre nach Ansicht der Richter alles in Ordnung gewesen.
* Rechtsanwältin K. operierte hier mit dem bekannten Schricker/Wild-Kommentar (siehe zb. LG Düsseldorf, Beschluss vom 29.09.2010, Az.: 12 O 51/10) Sowohl die Meinung, der Kommentar, als auch das Urteil sind ungenügend als Verweis auf die Situation der Antragstellerin. Warum sieht man hier. Es ist in der heutigen Sampler-Verwertungswelt nicht möglich eine Erklärung gegenüber einem Rechteinhaber der Klasse U. GmbH ohne Drittunterwerfung abzugeben, da in jedem Fall und für jeden noch so schlechten Titel die Möglichkeit besteht er könnte dereinst auf einem Werk erscheinen an dem der Rechteinhaber der Klasse E. GmbH Rechte hält. Die Unterlassung wird nicht auf ein Datum, sondern für die Zukunft erklärt. Sie ist auf künftige und künftig mögliche Lizennehmerketten ausgerichtet, genauso wie der Unterlassungsgläubiger wünscht die Erklärung für sämtlich relevante künftige Nutzungen eine Wiederholung ausgeschlossen wird.
Die Richter in Leipzig aber stellten darauf ab, dass der Antragsgegner erst der Mit-Unterlassungsgläubigerin namentlich bekannt sein muß und ihr eine (Kopie der) Erklärung zugehen muß damit eine Unterlassung wirksam werden kann. Dies ist vollständig rechtsfremd, da ein Anspruch nicht dann entsteht wenn der Geschädigte davon mitgeteilt bekommt, sondern in dem Moment der Rechtsverletzung entsteht. Die "Wahl des Versprechensempfängers" kann nicht ernsthaft und auch nicht einseitig dem Unterlassungsschuldner überlassen werden, da er nur über die Vorlage der speziellen aktuellen Verträge diese erkennen kann, was andererseits den Unterlassungsgläubigern nicht recht sein dürfte. Aus einer "normalen" modUE würde im jeweiligen Fall ein Dokument von Bibelstärke, konkrete Abmahnungen ebenso und allein die Prüfdauer einer "richtigen" Drittunterwerfung benötigte das dreifache an Anwaltsstärke wie man sie in Deutschland aktuell hat.
Da im vorliegenden Fall jedoch überhaupt keine Prüfung der nicht belegten Angaben zum Thema der Lizennehmerketten statt fand ist diese theoretische Betrachtung eigentlich sinnlos.
Mittwoch, 9. März 2011
AG Aichach, Az.: 102 C 705/10 - Klagerücknahme
Kurzmitteilung
Auf diese Nachricht wies freundlicher Weise Herr Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies von der Münchner Kanzlei Knies & Albrecht hin.
Dieser Rechtsstreit wurde von der Netzwelt.de-Spendenaktion begleitet. Bei einem Gegenstandswert in Höhe von 1.823.60€ und Gerichtskosten in Höhe von 219.00€ und Gesamt-Rechtsanwaltskosten in Höhe von 990.97€ und drohenden Fahrtkosten in Höhe von 600.00€ wurde die drohende Gesamtbelastung im Verfahren bei Verlust der ersten Instanz mit 3.633.57€ angesetzt.
In einem Filesharing-Verfahren wurde den Beklagten heute durch das Gericht mitgeteilt, dass die Klägerin die Klage zurück genommen habe. Ein mündlicher Verhandlungstermin (10.03.2011) wurde aufgehoben.
Eine Gesellschaft zum Schutze digitaler Medien hatte von einem jungen Paar, dass gemeinsam Inhaber eines Internetanschlusses ist im Rahmen von zwei Abmahnungen im März 2010 die Unterlassung zweier angeblicher Rechtsverletzungen aus dem Februar 2010, die eine Darmstädter IP-Adressenprotokollierungsfirma angeblich in einer sog. p2p-Tauschbörse notiert haben wollte verlangt. Die Abgemahnten reagierten richtig und gaben eine modifizierte Unterlassungserklärung ab. Gleichzeitig lehnten sie jedoch die Bezahlung von insgesamt 960,00 € an Schadensersatz, Ermittlungskosten und Rechtsanwaltskosten für die Einschaltung einer bekannten Berliner Abmahnkanzlei die in den Abmahnungen geltend gemacht wurden ab.
Die Gesellschaft zum Schutze digitaler Medien beantragte nach einem erfolglosen "Bettelbrief" im April des Jahres 2010 bereits im Juni 2010 einen Mahnbescheid. Die Beklagten legten Widerspruch ein. Im September 2010 wurde darauf hin am Gerichtsstand der Beklagten die Klage erhoben.
Die klägerin verlangte nun für zwei Abmahnungen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.263,60€. Sie verlangte zudem (gesamtschuldnerisch) insgesamt 400,00€ für die Durchführung zweier zivilrechtlichen Auskunftsverfahren (Die Klägerin hatte in zwei Beschlüssen 938 Anschlußinhaberadressen ergattert). An Ermittlungskosten forderte die Klägerin insgesamt 160,00€.
Nach erfolgter Klageerwiederung traf im Dezember die Nachricht ein, die Gesellschaft zum Schutze digitaler Medien habe der bevollmächtigten Berliner Kanzlei das Mandat entzogen, worauf hin dies dem Streitgericht gemeldet wurde. Eine bekannte Frankfurter Rechtsanwaltskanzlei übernahm wie schon in außergerichtlich dokumentierten Fällen ("99 Luftballons-Affaire") die prozessuale Vertretung der Gesellschaft zum Schutze digitaler Medien. Sie unterließ es jedoch zum durch das Gericht fest gesetzten Mündlichen Verhandlungstermin erkennbar zu replizieren.
Nun wurde heute durch das Gericht mitgeteilt, dass die Klage zurück gezogen wurde.
Auf diese Nachricht wies freundlicher Weise Herr Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies von der Münchner Kanzlei Knies & Albrecht hin.
Dieser Rechtsstreit wurde von der Netzwelt.de-Spendenaktion begleitet. Bei einem Gegenstandswert in Höhe von 1.823.60€ und Gerichtskosten in Höhe von 219.00€ und Gesamt-Rechtsanwaltskosten in Höhe von 990.97€ und drohenden Fahrtkosten in Höhe von 600.00€ wurde die drohende Gesamtbelastung im Verfahren bei Verlust der ersten Instanz mit 3.633.57€ angesetzt.
In einem Filesharing-Verfahren wurde den Beklagten heute durch das Gericht mitgeteilt, dass die Klägerin die Klage zurück genommen habe. Ein mündlicher Verhandlungstermin (10.03.2011) wurde aufgehoben.
Eine Gesellschaft zum Schutze digitaler Medien hatte von einem jungen Paar, dass gemeinsam Inhaber eines Internetanschlusses ist im Rahmen von zwei Abmahnungen im März 2010 die Unterlassung zweier angeblicher Rechtsverletzungen aus dem Februar 2010, die eine Darmstädter IP-Adressenprotokollierungsfirma angeblich in einer sog. p2p-Tauschbörse notiert haben wollte verlangt. Die Abgemahnten reagierten richtig und gaben eine modifizierte Unterlassungserklärung ab. Gleichzeitig lehnten sie jedoch die Bezahlung von insgesamt 960,00 € an Schadensersatz, Ermittlungskosten und Rechtsanwaltskosten für die Einschaltung einer bekannten Berliner Abmahnkanzlei die in den Abmahnungen geltend gemacht wurden ab.
Die Gesellschaft zum Schutze digitaler Medien beantragte nach einem erfolglosen "Bettelbrief" im April des Jahres 2010 bereits im Juni 2010 einen Mahnbescheid. Die Beklagten legten Widerspruch ein. Im September 2010 wurde darauf hin am Gerichtsstand der Beklagten die Klage erhoben.
Die klägerin verlangte nun für zwei Abmahnungen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.263,60€. Sie verlangte zudem (gesamtschuldnerisch) insgesamt 400,00€ für die Durchführung zweier zivilrechtlichen Auskunftsverfahren (Die Klägerin hatte in zwei Beschlüssen 938 Anschlußinhaberadressen ergattert). An Ermittlungskosten forderte die Klägerin insgesamt 160,00€.
Nach erfolgter Klageerwiederung traf im Dezember die Nachricht ein, die Gesellschaft zum Schutze digitaler Medien habe der bevollmächtigten Berliner Kanzlei das Mandat entzogen, worauf hin dies dem Streitgericht gemeldet wurde. Eine bekannte Frankfurter Rechtsanwaltskanzlei übernahm wie schon in außergerichtlich dokumentierten Fällen ("99 Luftballons-Affaire") die prozessuale Vertretung der Gesellschaft zum Schutze digitaler Medien. Sie unterließ es jedoch zum durch das Gericht fest gesetzten Mündlichen Verhandlungstermin erkennbar zu replizieren.
Nun wurde heute durch das Gericht mitgeteilt, dass die Klage zurück gezogen wurde.
Donnerstag, 24. Februar 2011
OLG Köln 6 W 5/11, Beschluss vom 10.02.2011
Mittlerweile ist der Volltext des Beschlusses veröffentlicht worden.
Vorwort
Als mich im Dezember 2010 Herr Rechtsanwalt Mathias Straub von der Kanzlei Riegger Rechtsanwälte aus Ludwigsburg kontaktierte um eine Einschätzung bezüglich einer IP-Adressen-Liste zu bitten mußte ich mich aufgrund des damals noch laufenden Beschwerdeverfahrens am Oberlandesgericht Köln noch zurück halten und recherchieren. Da der Beschluss des OLG nun vorliegt können weitere Erkentnisse veröffentlicht werden.
Bericht von RA Mathias Straub zum Beschluss des OLG
Vorbericht über das Verfahren ebenda
I - Die Rolle der Telekom AG oder wann beginnt das Wissen
Der Lobby-Paragraph 101 UrhG enthält einige Schwächen. Unter anderem bedenklich ist die Forumulierung des Absatz 6: "Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war."
Die Beteiligten in Auskunftsverfahren, sowohl Reseller als auch Provider, lösen das Problem des Wissens in dem Sie sehr offensichtlich keine Prüfung der vorgelegten Daten vornehmen und sich auf den richterlichen Beschluss aus Köln/Bielefeld/München verlassen. Die Richter im obigen Fall waren jedoch nicht im Stande eine 1,25-SeitenListe mit 33 IP-Adressen nach auffälligen Merkmalen zu untersuchen. Das OLG verfügte im Beschluss lapidar, dass es darauf nicht ankäme. Es genüge jedenfalls, dass insofern maßgebliche Umstände hätten Gegenstand der Prüfung sein können.
Der Senat fährt jedoch fort: "Dass die weitere Beteiligte als Internetprovider IP-Adressen grundsätzlich dynamisch und jedenfalls nach spätestens 24 Stunden eine Zwangstrennung des Anschlusses durchführt ist dem Senat aus zahlreichen Verfahren bekannt."
Der weiteren Beteiligten ebenso. Jedoch erhält sie einfachst zu prüfende Dokumente die erhebliche Zweifel auslösen müssen und prüft diese nicht. Normalerweise würde man das Wissen mit der Kenntniss-Erlangung, also hier dem Eingang der IP-Adressenliste beim Provider zu terminieren haben. Ich sehe hier Anlass über eine Haftung des Providers nach zu denken. Und das verstärkt...
II - Die Rolle der Ermittlungsfirma, oder wann beginnt aus Spaß Ernst zu werden?
Rechtsanwalt Mathias Straub legt eine IP-Adressenliste aus 33 IP-Adressen vor. Auf Ihr finden sich folgende Daten zu der IP-Adresse 87.152.123.245:
12.06.2010 um 21:30:36 Uhr
13.06.2010 um 23:01:09 Uhr
14.06.2010 um 20:37:26 Uhr
Titel: "Private Lustschweine - Enge A....f..... hart ge....." von der sehr bekannten Hochglanzpornoherstellerfirma GMV. Diese behauptet im Vortrag am OLG Köln, dass es vielmehr wahrscheinlich (sei) dass die fragliche IP-Adresse dem Beschwerdeführer mehrfach unter verschiedenen Daten zugeordnet worden sei. Dazu wird behauptet: "Es sei unter der im Tenor genannten IP-Adresse nur der Beschwerdeführer abgemahnt worden."
Eine interessante Meinung. Denn die Rechtsanwaltskanzlei Max Weismann aus Bretten hat mir dankenswerter Weise eine IP-Adressen-Liste aus einem Auskunftsverfahren vermittelt auf der zu finden ist:
Titel: "Private Lustschweine - Enge A....f..... hart ge....." - GMV
87.152.123.245
03.06.2010 um 23:58:30 Uhr
In dem Antrag Nr. 220/10 vom 08.06.2010 und dem Antrag Nr 229/10 vom 15.06.2010 tauchen weitere identische IP-Adressen auf:
91.51.222.33
91.51.215.125
91.51.203.123
87.152.117.37
91.51.208.214
87.152.114.44
87.152.113.248
usw.....
..................... über den weiteren Verlauf dieser Angelegenheit wird berichtet...
Vorwort
Als mich im Dezember 2010 Herr Rechtsanwalt Mathias Straub von der Kanzlei Riegger Rechtsanwälte aus Ludwigsburg kontaktierte um eine Einschätzung bezüglich einer IP-Adressen-Liste zu bitten mußte ich mich aufgrund des damals noch laufenden Beschwerdeverfahrens am Oberlandesgericht Köln noch zurück halten und recherchieren. Da der Beschluss des OLG nun vorliegt können weitere Erkentnisse veröffentlicht werden.
Bericht von RA Mathias Straub zum Beschluss des OLG
Vorbericht über das Verfahren ebenda
I - Die Rolle der Telekom AG oder wann beginnt das Wissen
Der Lobby-Paragraph 101 UrhG enthält einige Schwächen. Unter anderem bedenklich ist die Forumulierung des Absatz 6: "Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war."
Die Beteiligten in Auskunftsverfahren, sowohl Reseller als auch Provider, lösen das Problem des Wissens in dem Sie sehr offensichtlich keine Prüfung der vorgelegten Daten vornehmen und sich auf den richterlichen Beschluss aus Köln/Bielefeld/München verlassen. Die Richter im obigen Fall waren jedoch nicht im Stande eine 1,25-SeitenListe mit 33 IP-Adressen nach auffälligen Merkmalen zu untersuchen. Das OLG verfügte im Beschluss lapidar, dass es darauf nicht ankäme. Es genüge jedenfalls, dass insofern maßgebliche Umstände hätten Gegenstand der Prüfung sein können.
Der Senat fährt jedoch fort: "Dass die weitere Beteiligte als Internetprovider IP-Adressen grundsätzlich dynamisch und jedenfalls nach spätestens 24 Stunden eine Zwangstrennung des Anschlusses durchführt ist dem Senat aus zahlreichen Verfahren bekannt."
Der weiteren Beteiligten ebenso. Jedoch erhält sie einfachst zu prüfende Dokumente die erhebliche Zweifel auslösen müssen und prüft diese nicht. Normalerweise würde man das Wissen mit der Kenntniss-Erlangung, also hier dem Eingang der IP-Adressenliste beim Provider zu terminieren haben. Ich sehe hier Anlass über eine Haftung des Providers nach zu denken. Und das verstärkt...
II - Die Rolle der Ermittlungsfirma, oder wann beginnt aus Spaß Ernst zu werden?
Rechtsanwalt Mathias Straub legt eine IP-Adressenliste aus 33 IP-Adressen vor. Auf Ihr finden sich folgende Daten zu der IP-Adresse 87.152.123.245:
12.06.2010 um 21:30:36 Uhr
13.06.2010 um 23:01:09 Uhr
14.06.2010 um 20:37:26 Uhr
Titel: "Private Lustschweine - Enge A....f..... hart ge....." von der sehr bekannten Hochglanzpornoherstellerfirma GMV. Diese behauptet im Vortrag am OLG Köln, dass es vielmehr wahrscheinlich (sei) dass die fragliche IP-Adresse dem Beschwerdeführer mehrfach unter verschiedenen Daten zugeordnet worden sei. Dazu wird behauptet: "Es sei unter der im Tenor genannten IP-Adresse nur der Beschwerdeführer abgemahnt worden."
Eine interessante Meinung. Denn die Rechtsanwaltskanzlei Max Weismann aus Bretten hat mir dankenswerter Weise eine IP-Adressen-Liste aus einem Auskunftsverfahren vermittelt auf der zu finden ist:
Titel: "Private Lustschweine - Enge A....f..... hart ge....." - GMV
87.152.123.245
03.06.2010 um 23:58:30 Uhr
In dem Antrag Nr. 220/10 vom 08.06.2010 und dem Antrag Nr 229/10 vom 15.06.2010 tauchen weitere identische IP-Adressen auf:
91.51.222.33
91.51.215.125
91.51.203.123
87.152.117.37
91.51.208.214
87.152.114.44
87.152.113.248
usw.....
..................... über den weiteren Verlauf dieser Angelegenheit wird berichtet...
Dienstag, 25. Januar 2011
Über die Verjährung von Ansprüchen im Abmahnwahn - III
III. Die Verjährung
„Verjährung ist im Zivilrecht der durch den Ablauf einer bestimmten Frist bewirkte Verlust der Möglichkeit, einen bestehenden Anspruch durchzusetzen.“ [Link]
In den beiden Vorgängern dieser Serie [Link] beschäftigte ich mich mit den Folgen der sogenannten Hemmung durch Rechtsverfolgung. Heute soll eine ausreichend dokumentierte eingetretene Verjährung näher beschrieben werden. Als Autor bin ich jedoch der Ansicht das der 25. Januar noch zu früh erscheint um sicher zu sein, dass tatsächlich keine gerichtlichen Aktivitäten die im Vorjahr beantragt wurden eintreffen können. Und sei es nur durch einen Fehler der Postzustellung können immer noch böse Überraschungen drohen. Es ist aber auch möglich ... das dieser Text um ein Jahr verspätet erscheint.
Im Bericht wird eine Abmahnung der Kanzlei Rasch dargestellt. Diese steht bei diesem Thema natürlich nicht alleine. Abmahnungen seitens der Kanzleien Kornmeier, Waldorf, Schutt&Waetke, KuW, etc.... sind wohl prozentual mehr von der Verjährung betroffen, da sich die Kanzlei Rasch als die klagefreudigste des Jahres 2010 gezeigt hat. Eine Verjährtengeneration liegt bereits hinter uns. Spannend wird es jedoch erst so richtig ab diesem Jahr wenn die Massenabmahnsysteme jeweils eine Anzahl von fünfstelligen Nichtzahlern zu verarbeiten haben.
Der Übliche Ablauf?
Vielfach diskutiert werden im Internet Verfahren die seitens der Kanzlei Rasch schon ab 2009 zumeist an den Gerichtsständen Köln und Hamburg im Jahr vor dem Eintreten des Verlusts der Möglichkeit einen bestehenden Anspruch gerichtlich durchzusetzen geführt werden. Es handelt sich dabei ausschließlich um Verfahren mit satten Gegenstandswerten im mittleren 4-stelligen Bereich. Die Tendenz zeigt eine Verschiebung zu Regelklagen mit einem enormen Schadensersatzanteil während zuvor nur die reinen Rechtsanwaltskosten eingeklagt wurden. Als Beispiel kann man das Verfahren LG Köln 28 O 585/10, Urteil vom 22.12.2010 verwenden. Der Kanzlei Rasch wurden anstatt der geforderten 2.380,00€ an Rechtsanwaltskosten „nur“ 1.680,10€ zugesprochen. Als Ersatz gibt es jedoch das Trostpflaster in Höhe von 3.475,00€ an Schadensersatz. Hinzuzufügen wären die dreistelligen Verfahrenskosten. Wie sich solche Praktiken aber mit Äußerungen des Kanzleichefs vertragen, der im Hamburger Abendblatt vom 16.01.2008 noch tönte, "Es soll wehtun, aber nicht das Genick brechen." [Link] sei dahin gestellt. Mir jedenfalls liegen Anfragen auf Unterstützungsgelder von Familien vor denen das Genick bereits finanziell gebrochen ist. Die Argumentation der Kanzlei Rasch, man habe ja bis zur gerichtlichen Auseinandersetzung und auch in dieser immer Vergleichsbereitschaft signalisiert und somit seien die Beklagten die negative Urteile erleiden selbst verantwortlich nehme ich zur Kenntnis. Die Justiz hingegen muß sich fragen lassen ob der mittlerweile berüchtigte Wille des Gesetzgebers darin besteht Familien zu schleifen, deren ausschließliches „Verbrechen“ darin bestand einen Internetanschluß zu unterhalten und zum Beispiel nicht „ordnungsgemäß“ ihre Zöglinge zu überwachen. Das neueste wird zu diesem Thema jedoch aus Hamburg vermeldet. Dort zögert das Amtsgericht das Ende der Hemmung der Verjährung nach Mahnbescheid und Widerspruch der Schuldner um derzeit ganze vier Monate hinaus in dem man die Verfahrenshandlung des Versandes der Prozeßakten an das zuständige Landgericht nicht sofort erledigt sondern recht willkürlich die Akten erstmal liegen läßt.
Wer aber den Bericht im Hamburger Abendblatt genau gelesen hat wird sich an eine bestimmte Zahl erinnern die veröffentlicht wurde. Es sollen 25 000 Personen im ersten Halbjahr 2007 abgemahnt worden sein. Sogar wenn man eine Zahlerquote von 70% annehmen würde verblieben 7 500 Personen allein aus dieser Zeit übrig. Selbst wenn man nun 200 Klagen hieraus annehmen würde...
... wo ist der Rest nur geblieben?
Nun. Die Verjährten haben sicherlich eine Vielzahl von Motiven sich nicht zu melden. Aus den Berichten von Abgemahnten aus dem Mahnbescheids-Komplex, also denjenigen die sich melden da die Verjährung gehemmt wurde kann man neben einer generellen Emotionalisierung vor allem eines heraus lesen: Angst.
Sie befürchten das wenn sie sich melden doch noch eine wie auch immer geartete Repression droht. Die gnadenlose Rechtsprechung und die Berichterstattung zum Thema tut ihr übriges. Auch kein großes Geheimnis mehr ist das einige Kanzleien in gerichtlichen Auseinandersetzungen Äußerungen im Internet von Abgemahnten präsentieren – „Screenshotbeweise“ erstellt von modernen Kopfgeldjägern. Auch anwaltlich vertretene Personen stellen sich nicht besser, da die eigenen Rechtsanwälte auch keine vernünftigte Prognose erstelen können ... oder gar zur Hysterie mit beitragen.
Der Autor ist dabei ja nicht „irgendwer“. Er kennt Tausende Abgemahnte persönlich. So unglaublich es aber klingen mag... er kennt bislang nur einen Verjährungsfall dieser speziellen Kanzlei der dokumentiert vorliegt.
Im zweiten Quartal des Jahres 2007 erhielt ein Internetanschlußinhaber aus X. eine Rasch-Abmahnung von sechs musikindustriellen Gesellschaften. Ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahen wäre bereits im ersten Quartal 2006 angestoßen worden, da eine bestimmte Rechteverfolgungsfirma fest gestellt habe, dass eine dreistellige Anzahl von Musiktiteln aus dem Repertoire der Tonträgerhersteller im emule-Netzwerk angeboten wurden. Damals gab es noch die Aussage das ein „gerichtlich angenommener Gegenstandswert“ von je 10.000,00€ pro Musiktitel angemessen sei. (Bei 300 Titeln also 3.000.000,00€ und allein 13.644,80€ RA-Kosten). Daher sei auch ein Vergleichsangebot in Höhe von 3.500,00€ angemessen wehtuend und nicht Genick brechend. Es wurde auch um nähere Auskunft zur Rechtverletzung gebeten. Die mitgesandte Orginal-Unterlassungserklärung beinhaltete ein deutliches Schuldeingeständniss. Sie sollte innerhalb von 10 Tagen nach Abgabedatum zurückgesandt werden, der Vergleich nach 20 Tagen bestätigt werden und die 3.500,00€ sollten nach 27 Tagen eingetroffen sein.
Der Abgemahnte reagierte nicht und erhielt die erste Aufforderung schon nach etwa zwei Wochen die Unterlassung zu erklären und sich zum Vergleichsangebot zu äußern. Die Abmahnung wurde komplett noch einmal versandt. Auf die Titelliste verzichtete man. Das Schreiben wurde jedoch anders als die Abmahung per Einschreiben versandt.
Ein zweites Erinnerungsschreiben per Einschreiben traf im ersten Quartal 2009 ein. Eine Vielzahl von Fehlern sind zu notieren: Datumsangaben waren nicht korrekt. Der weiterhin aufrecht gehaltene hohe Streitwert zur Bemessung der Rechtsanwaltskosten wurde mit einem Beschluss eines Oberlandesgerichts in einem Einstweiligen Verfügungsverfahren dokumentiert.
Auf die Nichtreaktion des Abgemahnten folgte ein Vierteljahr später ein weiteres Erinnerungsschrieben. Das war es nun.
Selbstverständlich hätte in diesem Fall eine Unterlassung erklärt werden sollen.
Fazit
Zumindest die Vergütungsansprüche aus dem dargestellten Abmahnfall sind vom Tisch. Da die Kanzlei Rasch keine Schreiben mehr nach etwa Mitte 2009 versandt hat gehe ich persönlich und natürlich ohne Akteneinsicht ins staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren genommen zu haben sogar davon aus das der Name des Anschlußinhabers schon 2006 der Kanzlei bekannt wurde und somit bereits Ende des Jahres 2009 die Verjährung eingetreten ist.
Auf einem anderen Blatt steht der Unterlassungsanspruch. Eventuell Teil 4 dieser Serie wird sich mit der Frage beschäftigen müssen ob denn auch dieser verjährt ist. Es gibt rechtsanwaltliche Stimmen die die Meinung vertreten das der Unterlassungsanspruch, der ja nur dann wegfällt wenn die Wiederholungsgefahr über eine Unterlassungserklärung ausgeschlossen wird immer noch besteht wenn keine Unterlassung erklärt wurde. Als logisch denkendem Menschen ist mir dieses einleuchtend. Andere Rechtsanwälte und wohl auch die Mehrheit dürften sich auf die Regelungen des § 102 UrhG auf § 194 + § 199 BGB beziehen und auch den Unterlassungsanspruch als verjährt betrachten.
Wie nicht anders zu erwarten existieren sie ... die Verjährten. Ein System ist nicht erkennbar. Auffällig oft (aber nicht statistisch erfasst) wurden wohl Abgemahnte ausgesucht die sich rechtsanwaltlich vertreten ließen und somit wohl auch Unterlassungserklärungen ausstellten. Hingegen dürfte der Anteil derjenigen die sich „tod stellten“ und die keine Klage/Mahnbescheid erhielten überraschend hoch sein.
Jedenfalls dürfte sehr klar geworden sein das die branchenübliche Behauptung man wolle hauptsächlich eine Unterlassung einer fest gestellten Rechtsverletzung mit einer Abmahnung erzielen nicht aufrecht erhalten werden kann.
„Verjährung ist im Zivilrecht der durch den Ablauf einer bestimmten Frist bewirkte Verlust der Möglichkeit, einen bestehenden Anspruch durchzusetzen.“ [Link]
In den beiden Vorgängern dieser Serie [Link] beschäftigte ich mich mit den Folgen der sogenannten Hemmung durch Rechtsverfolgung. Heute soll eine ausreichend dokumentierte eingetretene Verjährung näher beschrieben werden. Als Autor bin ich jedoch der Ansicht das der 25. Januar noch zu früh erscheint um sicher zu sein, dass tatsächlich keine gerichtlichen Aktivitäten die im Vorjahr beantragt wurden eintreffen können. Und sei es nur durch einen Fehler der Postzustellung können immer noch böse Überraschungen drohen. Es ist aber auch möglich ... das dieser Text um ein Jahr verspätet erscheint.
Im Bericht wird eine Abmahnung der Kanzlei Rasch dargestellt. Diese steht bei diesem Thema natürlich nicht alleine. Abmahnungen seitens der Kanzleien Kornmeier, Waldorf, Schutt&Waetke, KuW, etc.... sind wohl prozentual mehr von der Verjährung betroffen, da sich die Kanzlei Rasch als die klagefreudigste des Jahres 2010 gezeigt hat. Eine Verjährtengeneration liegt bereits hinter uns. Spannend wird es jedoch erst so richtig ab diesem Jahr wenn die Massenabmahnsysteme jeweils eine Anzahl von fünfstelligen Nichtzahlern zu verarbeiten haben.
Der Übliche Ablauf?
Vielfach diskutiert werden im Internet Verfahren die seitens der Kanzlei Rasch schon ab 2009 zumeist an den Gerichtsständen Köln und Hamburg im Jahr vor dem Eintreten des Verlusts der Möglichkeit einen bestehenden Anspruch gerichtlich durchzusetzen geführt werden. Es handelt sich dabei ausschließlich um Verfahren mit satten Gegenstandswerten im mittleren 4-stelligen Bereich. Die Tendenz zeigt eine Verschiebung zu Regelklagen mit einem enormen Schadensersatzanteil während zuvor nur die reinen Rechtsanwaltskosten eingeklagt wurden. Als Beispiel kann man das Verfahren LG Köln 28 O 585/10, Urteil vom 22.12.2010 verwenden. Der Kanzlei Rasch wurden anstatt der geforderten 2.380,00€ an Rechtsanwaltskosten „nur“ 1.680,10€ zugesprochen. Als Ersatz gibt es jedoch das Trostpflaster in Höhe von 3.475,00€ an Schadensersatz. Hinzuzufügen wären die dreistelligen Verfahrenskosten. Wie sich solche Praktiken aber mit Äußerungen des Kanzleichefs vertragen, der im Hamburger Abendblatt vom 16.01.2008 noch tönte, "Es soll wehtun, aber nicht das Genick brechen." [Link] sei dahin gestellt. Mir jedenfalls liegen Anfragen auf Unterstützungsgelder von Familien vor denen das Genick bereits finanziell gebrochen ist. Die Argumentation der Kanzlei Rasch, man habe ja bis zur gerichtlichen Auseinandersetzung und auch in dieser immer Vergleichsbereitschaft signalisiert und somit seien die Beklagten die negative Urteile erleiden selbst verantwortlich nehme ich zur Kenntnis. Die Justiz hingegen muß sich fragen lassen ob der mittlerweile berüchtigte Wille des Gesetzgebers darin besteht Familien zu schleifen, deren ausschließliches „Verbrechen“ darin bestand einen Internetanschluß zu unterhalten und zum Beispiel nicht „ordnungsgemäß“ ihre Zöglinge zu überwachen. Das neueste wird zu diesem Thema jedoch aus Hamburg vermeldet. Dort zögert das Amtsgericht das Ende der Hemmung der Verjährung nach Mahnbescheid und Widerspruch der Schuldner um derzeit ganze vier Monate hinaus in dem man die Verfahrenshandlung des Versandes der Prozeßakten an das zuständige Landgericht nicht sofort erledigt sondern recht willkürlich die Akten erstmal liegen läßt.
Wer aber den Bericht im Hamburger Abendblatt genau gelesen hat wird sich an eine bestimmte Zahl erinnern die veröffentlicht wurde. Es sollen 25 000 Personen im ersten Halbjahr 2007 abgemahnt worden sein. Sogar wenn man eine Zahlerquote von 70% annehmen würde verblieben 7 500 Personen allein aus dieser Zeit übrig. Selbst wenn man nun 200 Klagen hieraus annehmen würde...
... wo ist der Rest nur geblieben?
Nun. Die Verjährten haben sicherlich eine Vielzahl von Motiven sich nicht zu melden. Aus den Berichten von Abgemahnten aus dem Mahnbescheids-Komplex, also denjenigen die sich melden da die Verjährung gehemmt wurde kann man neben einer generellen Emotionalisierung vor allem eines heraus lesen: Angst.
Sie befürchten das wenn sie sich melden doch noch eine wie auch immer geartete Repression droht. Die gnadenlose Rechtsprechung und die Berichterstattung zum Thema tut ihr übriges. Auch kein großes Geheimnis mehr ist das einige Kanzleien in gerichtlichen Auseinandersetzungen Äußerungen im Internet von Abgemahnten präsentieren – „Screenshotbeweise“ erstellt von modernen Kopfgeldjägern. Auch anwaltlich vertretene Personen stellen sich nicht besser, da die eigenen Rechtsanwälte auch keine vernünftigte Prognose erstelen können ... oder gar zur Hysterie mit beitragen.
Der Autor ist dabei ja nicht „irgendwer“. Er kennt Tausende Abgemahnte persönlich. So unglaublich es aber klingen mag... er kennt bislang nur einen Verjährungsfall dieser speziellen Kanzlei der dokumentiert vorliegt.
Im zweiten Quartal des Jahres 2007 erhielt ein Internetanschlußinhaber aus X. eine Rasch-Abmahnung von sechs musikindustriellen Gesellschaften. Ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahen wäre bereits im ersten Quartal 2006 angestoßen worden, da eine bestimmte Rechteverfolgungsfirma fest gestellt habe, dass eine dreistellige Anzahl von Musiktiteln aus dem Repertoire der Tonträgerhersteller im emule-Netzwerk angeboten wurden. Damals gab es noch die Aussage das ein „gerichtlich angenommener Gegenstandswert“ von je 10.000,00€ pro Musiktitel angemessen sei. (Bei 300 Titeln also 3.000.000,00€ und allein 13.644,80€ RA-Kosten). Daher sei auch ein Vergleichsangebot in Höhe von 3.500,00€ angemessen wehtuend und nicht Genick brechend. Es wurde auch um nähere Auskunft zur Rechtverletzung gebeten. Die mitgesandte Orginal-Unterlassungserklärung beinhaltete ein deutliches Schuldeingeständniss. Sie sollte innerhalb von 10 Tagen nach Abgabedatum zurückgesandt werden, der Vergleich nach 20 Tagen bestätigt werden und die 3.500,00€ sollten nach 27 Tagen eingetroffen sein.
Der Abgemahnte reagierte nicht und erhielt die erste Aufforderung schon nach etwa zwei Wochen die Unterlassung zu erklären und sich zum Vergleichsangebot zu äußern. Die Abmahnung wurde komplett noch einmal versandt. Auf die Titelliste verzichtete man. Das Schreiben wurde jedoch anders als die Abmahung per Einschreiben versandt.
Ein zweites Erinnerungsschreiben per Einschreiben traf im ersten Quartal 2009 ein. Eine Vielzahl von Fehlern sind zu notieren: Datumsangaben waren nicht korrekt. Der weiterhin aufrecht gehaltene hohe Streitwert zur Bemessung der Rechtsanwaltskosten wurde mit einem Beschluss eines Oberlandesgerichts in einem Einstweiligen Verfügungsverfahren dokumentiert.
Auf die Nichtreaktion des Abgemahnten folgte ein Vierteljahr später ein weiteres Erinnerungsschrieben. Das war es nun.
Selbstverständlich hätte in diesem Fall eine Unterlassung erklärt werden sollen.
Fazit
Zumindest die Vergütungsansprüche aus dem dargestellten Abmahnfall sind vom Tisch. Da die Kanzlei Rasch keine Schreiben mehr nach etwa Mitte 2009 versandt hat gehe ich persönlich und natürlich ohne Akteneinsicht ins staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren genommen zu haben sogar davon aus das der Name des Anschlußinhabers schon 2006 der Kanzlei bekannt wurde und somit bereits Ende des Jahres 2009 die Verjährung eingetreten ist.
Auf einem anderen Blatt steht der Unterlassungsanspruch. Eventuell Teil 4 dieser Serie wird sich mit der Frage beschäftigen müssen ob denn auch dieser verjährt ist. Es gibt rechtsanwaltliche Stimmen die die Meinung vertreten das der Unterlassungsanspruch, der ja nur dann wegfällt wenn die Wiederholungsgefahr über eine Unterlassungserklärung ausgeschlossen wird immer noch besteht wenn keine Unterlassung erklärt wurde. Als logisch denkendem Menschen ist mir dieses einleuchtend. Andere Rechtsanwälte und wohl auch die Mehrheit dürften sich auf die Regelungen des § 102 UrhG auf § 194 + § 199 BGB beziehen und auch den Unterlassungsanspruch als verjährt betrachten.
Wie nicht anders zu erwarten existieren sie ... die Verjährten. Ein System ist nicht erkennbar. Auffällig oft (aber nicht statistisch erfasst) wurden wohl Abgemahnte ausgesucht die sich rechtsanwaltlich vertreten ließen und somit wohl auch Unterlassungserklärungen ausstellten. Hingegen dürfte der Anteil derjenigen die sich „tod stellten“ und die keine Klage/Mahnbescheid erhielten überraschend hoch sein.
Jedenfalls dürfte sehr klar geworden sein das die branchenübliche Behauptung man wolle hauptsächlich eine Unterlassung einer fest gestellten Rechtsverletzung mit einer Abmahnung erzielen nicht aufrecht erhalten werden kann.
Donnerstag, 20. Januar 2011
Systematische Abmahntätigkeit III
Die Veröffentlichung der "Jahresbilanz" über das Abmahnwesen 2010 hat für einige Kontroversen gesorgt. Interessant ist jedoch das anders als im Vorjahr sich innerhalb der Abmahnfront kein organisierter Widerspruch erhebt.
Die einzige Wortmeldung ist die Glosse eines Herrn Lampmann der als mitverantwortlicher Rechtsanwalt bezeichnenderweise das Werk "Die Beschissenheit der Dinge abmahnt".
Da der Mann so überaus witzig und eloquent ist nehme ich heute einen seiner Gedanken auf: "Übertragen auf das Filesharing: Bedeuten mehr Abmahnungen mehr Straftaten im Filesharingbereich? Oder nur, dass eine ähnliche Anzahl konsequenter verfolgt wird?"
Da mir die konsequente Rechtsverfolgungspraxis seiner Kanzlei gänzlich unbekannt ist muß ich das aktuelle Beispiel einer Berliner Kanzlei nehmen deren konsequente Rechtsverfolgung derzeit so aussieht:
In der Statistik wird eine Abmahnanzahl von 27.440 Abmahnungen notiert. Hiervon sind eine ungefähre Anzahl von sagen wir mal 22.000 (der Herr Lampmann kann mir ja die exakte Anzahl gerne ermitteln) einer bekannten Rechteverfol... ähm... Verzeihung! ... Rechtekonsequentverfolgungstauschbörsenverwertungs mbH zuzuschreiben. Diese geht mit einem Nominalpauschalabgeltungsbetrag in Höhe von 422,00€ vor, hat aber an die Kanzlei bereits vollständige Rechnungen im Sinne von vollständig entstandenen Rechtsanwaltskosten aus dem berüchtigten Streitwert 10.000,00€ bezahlt.
Für die Erfolgsrechnung verwende ich eine Forderungsgesamtgröße von 22.000x422,00€ = 9.284.000,00€. Der hieraus resultierende Geldeingang bei einer Zahlerquote von 40% ergibt 3.713.600,00€.
Soweit zum Bereich der konsequenten Rechtsverfolgung. Denn die Kanzlei kann nun mittlerweile nicht mehr konsequent rechtsverfolgen da man ihr aus nicht bekannten Gründen das Mandat entzogen hat. Verbleiben also offene Forderungen in Höhe von 5.570.400,00€.
Zur konsequenten Rechtverfolgung wurde nun ein nächste Kanzlei eingeschaltet die Massenvergleichsangebote über 100€ an einen gewissen Anteil der säumigen Zahler versandt hat. Hier kann man von etwa 9 500 Angeschriebenen ausgehen, von denen sicherlich einige bezahlen. Nehmen wir realistisch die Hälfte ergibt sich ein Sondereingang in Höhe von 475.000,00€.
Der aktuelle Wert pro Abmahnung liegt also bei einem Eingang von 4.188.600,00€ bei genau 190,39€ von denen zwei Anwaltskanzleien (oder nur eine?), eine Loggerbude die angeblich 80,00€ pro Nase bekommt und Auskunftsverfahren (Spottbillig) bezahlt würden müssten. Macht also knappe 105,00€ pro Abmahnung. Schadensersatz wird iÜ nicht geltend gemacht und damit mutmaßlich mit der Loggerbude abgewickelt was sicherlich eher das Finanzamt als mich interessieren dürfte.
Man könnte jetzt abschließen und "Hurrah" jubeln, denn insgesamt wird ... ja auf 100,00 gedeckelt, wobei die Zahler die RA-Kosten-Deckelung finanzieren ... so wie sich das der Gesetzgeber bestimmt gedacht hat.
Wir reden hier aber über das Thema der konsequenten Rechtsverfolgung. Insofern ist zu erwarten, dass alle verbliebenen Restzahler vollständig ausgeklagt werden. Hierfür wird zuvor eine Rechung der neuen Kanzlei bezahlt, die (Doppelabmahnungen weggelassen, also ein nach unten zu verbessernder Wert) bei 8 450 Nichtzahlern 5.507.710,00€ umfaßt. Zusätzlich sollen auch die 80,00€ Ermittlungsgebühr und die Auskunftskosten bezahlt sein ... nochmals etwa 750.000,00€.
Nun, da ich bestimmt zu dumm bin um die Frage zu beantworten muß sie uns der Herr Lampmann beantworten: Glaubt irgendjemand in Deutschland im Ernst das eine Summe von 6,26 Milllionen € bewegt wird um die konsequente Rechtsverfolgung zu finanzieren?
Da glaube ich als dummer Mensch doch eher an ein dereinstiges verscherbeln der Forderungen an eine Inkassobude, die die Leute am Ende der Verjährungsfrist abplagt, mit Billig-Angeboten Mahnbescheide beantragt und den Rest der nicht bezahlt irgendwann einstampft ... so wie man das von den bereits verjährten Abmahnungen der Rechtekonsequentverfolgungstauschbörsenverwertungs mbH (ohne Inkasso) vermuten darf.
Die einzige Wortmeldung ist die Glosse eines Herrn Lampmann der als mitverantwortlicher Rechtsanwalt bezeichnenderweise das Werk "Die Beschissenheit der Dinge abmahnt".
Da der Mann so überaus witzig und eloquent ist nehme ich heute einen seiner Gedanken auf: "Übertragen auf das Filesharing: Bedeuten mehr Abmahnungen mehr Straftaten im Filesharingbereich? Oder nur, dass eine ähnliche Anzahl konsequenter verfolgt wird?"
Da mir die konsequente Rechtsverfolgungspraxis seiner Kanzlei gänzlich unbekannt ist muß ich das aktuelle Beispiel einer Berliner Kanzlei nehmen deren konsequente Rechtsverfolgung derzeit so aussieht:
In der Statistik wird eine Abmahnanzahl von 27.440 Abmahnungen notiert. Hiervon sind eine ungefähre Anzahl von sagen wir mal 22.000 (der Herr Lampmann kann mir ja die exakte Anzahl gerne ermitteln) einer bekannten Rechteverfol... ähm... Verzeihung! ... Rechtekonsequentverfolgungstauschbörsenverwertungs mbH zuzuschreiben. Diese geht mit einem Nominalpauschalabgeltungsbetrag in Höhe von 422,00€ vor, hat aber an die Kanzlei bereits vollständige Rechnungen im Sinne von vollständig entstandenen Rechtsanwaltskosten aus dem berüchtigten Streitwert 10.000,00€ bezahlt.
Für die Erfolgsrechnung verwende ich eine Forderungsgesamtgröße von 22.000x422,00€ = 9.284.000,00€. Der hieraus resultierende Geldeingang bei einer Zahlerquote von 40% ergibt 3.713.600,00€.
Soweit zum Bereich der konsequenten Rechtsverfolgung. Denn die Kanzlei kann nun mittlerweile nicht mehr konsequent rechtsverfolgen da man ihr aus nicht bekannten Gründen das Mandat entzogen hat. Verbleiben also offene Forderungen in Höhe von 5.570.400,00€.
Zur konsequenten Rechtverfolgung wurde nun ein nächste Kanzlei eingeschaltet die Massenvergleichsangebote über 100€ an einen gewissen Anteil der säumigen Zahler versandt hat. Hier kann man von etwa 9 500 Angeschriebenen ausgehen, von denen sicherlich einige bezahlen. Nehmen wir realistisch die Hälfte ergibt sich ein Sondereingang in Höhe von 475.000,00€.
Der aktuelle Wert pro Abmahnung liegt also bei einem Eingang von 4.188.600,00€ bei genau 190,39€ von denen zwei Anwaltskanzleien (oder nur eine?), eine Loggerbude die angeblich 80,00€ pro Nase bekommt und Auskunftsverfahren (Spottbillig) bezahlt würden müssten. Macht also knappe 105,00€ pro Abmahnung. Schadensersatz wird iÜ nicht geltend gemacht und damit mutmaßlich mit der Loggerbude abgewickelt was sicherlich eher das Finanzamt als mich interessieren dürfte.
Man könnte jetzt abschließen und "Hurrah" jubeln, denn insgesamt wird ... ja auf 100,00 gedeckelt, wobei die Zahler die RA-Kosten-Deckelung finanzieren ... so wie sich das der Gesetzgeber bestimmt gedacht hat.
Wir reden hier aber über das Thema der konsequenten Rechtsverfolgung. Insofern ist zu erwarten, dass alle verbliebenen Restzahler vollständig ausgeklagt werden. Hierfür wird zuvor eine Rechung der neuen Kanzlei bezahlt, die (Doppelabmahnungen weggelassen, also ein nach unten zu verbessernder Wert) bei 8 450 Nichtzahlern 5.507.710,00€ umfaßt. Zusätzlich sollen auch die 80,00€ Ermittlungsgebühr und die Auskunftskosten bezahlt sein ... nochmals etwa 750.000,00€.
Nun, da ich bestimmt zu dumm bin um die Frage zu beantworten muß sie uns der Herr Lampmann beantworten: Glaubt irgendjemand in Deutschland im Ernst das eine Summe von 6,26 Milllionen € bewegt wird um die konsequente Rechtsverfolgung zu finanzieren?
Da glaube ich als dummer Mensch doch eher an ein dereinstiges verscherbeln der Forderungen an eine Inkassobude, die die Leute am Ende der Verjährungsfrist abplagt, mit Billig-Angeboten Mahnbescheide beantragt und den Rest der nicht bezahlt irgendwann einstampft ... so wie man das von den bereits verjährten Abmahnungen der Rechtekonsequentverfolgungstauschbörsenverwertungs mbH (ohne Inkasso) vermuten darf.
Mittwoch, 12. Januar 2011
Die Schattenseite der 'Sache mit den Abmahnungen'
Vorwort
Der folgende Text wird sich mit einer besonderen Materie beschäftigen. Ich persönlich bin zwar in meinen Funktionen keineswegs zu mehr verpflichtet als Tatsachenbehauptungen die hier publiziert werden ggfs. belegen zu können. Natürlich wird aber auch sorgsam geprüft in wie weit die sozialen Umstände der echten Fälle die ich darstelle unter ethischen Kriterien veröffentlichungsfähig sind. Auch wenn ich es nicht für notwendig erachte werde ich die Texte zur Begutachtung dem Deutschen Presserat schicken um eine entsprechende Überprüfung des Inhalts in Bezug auf den "Pressekodex", vornehmlich Ziffer 8, Richtlinie 5 der "Pressemitteilung" herzustellen. Bis zur Antwort wird daher bei mir auch der Name der Rechtsanwaltskanzlei die den Fall gemeldet hat nicht veröffentlicht. Meine persönliche Meinungsäußerungen im Kommentarbereich sehe ich hingegen absolut im Rahmen der geltenden Gesetze. Ich werde den Text jedoch mit überprüfen lassen.
"Pressemitteilung"
"Wie ein Mandant der Rechtsanwaltskanzlei X......, der anonym bleiben möchte berichtet, versuchte seine minderjährige Tochter sich das Leben zu nehmen, nachdem die Eltern eine Filesharing-Abmahnung erhalten hatten.
Die Eltern hatten auf Grund einer Filesharing-Abmahnung das Ladekabel des internetfähigen Mobiltelefons konfisziert und ein Internetverbot ausgesprochen. Daraufhin hatte die Minderjährige eine Überdosis Tabletten genommen und wurde zwischen Weihnachten und Neujahr in das örtliche Krankenhaus eingeliefert. Die Eltern entdeckten dies nur durch Zufall, eine Stunde später wäre sie nach Einschätzung der Eltern wohl nicht mehr zu retten gewesen. Ob bleibende Schädigungen der inneren Organe verursacht wurden, ist zur Zeit noch unklar.
Der Selbstmordversuch erfolgte unmittelbar nachdem der Zugang zum Internet gesperrt wurde. Die Eltern fragen sich nun, wie man Jugendliche von irgendwelchen Urheberrechtsverletzungen abhalten soll, ohne dass die Situation eskaliert. Sie möchten der Öffentlichkeit auf diesem Wege davon berichten damit andere Eltern vor solchen Reaktionen ihrer Kinder gewarnt sind und damit den Abmahnkanzleien klar wird, welchen Einfluss die teilweise extrem angsteinflößenden Abmahnungen auf Minderjährige besitzen können. Nach Einschätzung des Vaters der Betroffenen, ist die Medienabhängigkeit von Jugendlichen und das Geschäftsmodell des massenhaften Versendens von Filesharing-Abmahnungen wohl noch gefährlicher als die meisten Eltern vermuten. Es sei wohl nur eine Frage der Zeit, bis irgendwann einmal ein noch ernsteres Unglück geschehe.
Die Tochter wird nun für das nächste halbe Jahr täglich ambulant psychologisch betreut, falls Wiederholungsgefahr festgestellt werden sollte, muss sie stationär in einer Heilanstalt eingeliefert werden.
Die Tochter beteuert weiterhin, dass sie nie irgendwelche Filme über das Internet heruntergeladen hat. Die Eltern glauben ihr. Abgemahnt wurde der angebliche Upload eines Filmwerkes über eine Internettauschbörse."
Um gleich etwaigen Gelüsten Einhalt zu gebieten: Ich selbst habe die Belege gesehen.
Kommentarbereich
Die dunkel Seite der „Sache mit den Abmahnungen“
„Damit stellte sich das elterliche Verbot als nicht von Sanktionen bedroht dar und die Kinder konnten unbeschränkt über den PC und den Internetzugang verfügen.“ [OLG Köln, Az: 6 U 101/09, Urteil vom 23.12.2009]
"Viele Frauen fühlten sich bisher nicht so stark wie Männer von unserer Kampagne 'Raubkopierer sind Verbrecher' angesprochen. Das wollen wir ändern und haben daher das Plakat 'Auch Raubkopiererinnen sind Verbrecherinnen' kreiert, das deutschlandweit an Kinos und Videotheken zum Weltfrauentag ausgeliefert wird." [Golem.de]
Das bislang erfolgreichste Jahr für Urheberrechtsverletzungen in p2p-Tauschbörsen abmahnende Künstler und Unternehmen ist vorüber. Es erbrachte über eine halbe Millionen Abmahnungen und die beteiligten Nutznießer des Geschäftsmodells können Eingänge in dreistelliger Millionenhöhe verbuchen.
Neben den vielfältigen Kritikpunkten an den Motiven der „Rechteinhaber“, den nicht zu 100% beweissicheren Ermittlungen, oder den exorbitanten Forderungen mit denen sich deutsche Haushalte konfrontiert sehen ist anlässlich eines dokumentierten Falls, den die u.a. auf die Abwehr von Filesharing-Abmahnungen spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei X....., X.... betreut, auf einen Missstand hinzuweisen der noch nicht ausreichend in die Köpfe der Verantwortlichen gelang ist. Hierbei darf man auch nicht die Rolle der Medien und die Entwicklung der Berichterstattung außer Acht lassen.
Von Zeit zu Zeit gibt es in einschlägigen Medien (ard, rtl, sat1, ...) Berichte über die klassische Vater-Mutter-Kind-Story nach urheberrechtlichen Abmahnungen mit Betroffenen. Sie wirken immer wie die Kopie eines zugrunde liegenden storytelling-Grundmusters:
* Mutter/Vater bekommt unerwartet Post vom Abmahn-Anwalt. Komplett aus dem Häuschen
* Interview mit Mutter/Vater, allgemeine Empörung über die Höhe der geforderte Summe, Hilflosigkeit, Ratlosigkeit
* Der Schuldige wird gesucht, im Sohn/in der Tochter gefunden
* Intensive Zurechtweisung des Sohnes/der Tochter
* Interview mit Sohn/Tochter: "Ich habe gar nicht gewusst, wie schlimm das ist. Machen doch alle."
* Interview mit einem Medienanwalt: "Ja, die Streitwerte sind sehr hoch, bestimmte Gerichte lassen die jedoch zu"
* Zähneknirschendes Bezahlen
* Familie zieht Fazit: "Das wird uns eine Lehre sein, das machen wir nie wieder."
* Keine Hilflosigkeit mehr, keine Ratlosigkeit, "Puuuh!"
Solche Werke sind nicht neutral, sondern psychologisch geschickt gemachte PR. Mit dem Wissen, das nicht nur Kinder durch Nachahmen lernen, wird vorgespielt, wie auf eine unbekanntes Ereignis (Filesharing-Abmahnung) zu reagieren ist (Sohn ist zurechtzuweisen, Scham muss empfunden werden, etc.). Besonders kritisch ist die Berichterstattung bisher nicht. [Quelle]
Folgende Ereignisse werden hingegen aus naheliegenden? Gründen nicht dokumentiert: Vanessa R., Alter 14 Jahre (Name geändert), hatte versucht sich zwischen Weihnachten und Neujahr 2010 durch die Einnahme von Tabletten umzubringen, nachdem ihre Eltern erneut eine Filesharing-Abmahnung erhalten hatten. Bereits im Oktober des Jahres 2010 wurde der Upload einer Tonaufnahme in einer Tauschbörse abgemahnt. Im Dezember 2010 folgte dann eine Abmahnung wegen des angeblichen öffentlichen Verbreitens eines Filmwerkes in einer Tauschbörse. Vanessa R. hatte keine Filme heruntergeladen. Keiner glaubte ihr!
Vornehmlich die Kölner und Hamburger Rechtsprechung zum Thema der Anschlussinhaberhaftung bei Rechtsverletzungen im Internet hat in einer Serie von Urteilen und Beschlüssen den „Willen des Gesetzgebers“ enorm restriktiv ausgelegt. Noch auffälliger als die Grundrichtung der bekannten Kammern und Richter und Richterinnen ist bereits ab dem Jahr 2009 die Behandlung von Fällen mit Tätern aus dem Familienkreis, zumeist Kindern oder Jugendlichen. Besonders der Verlauf des oben zitierten Kölner Verfahrens in dem ein 10-jähriger Sohn einer Anschlussinhaberin als möglicher Täter von den Richtern „identifiziert“ wurde zeigte auf, dass sich die Gerichte im Zuge einer klägerfreundlichen Rechtsprechung von der Lebensrealität in deutschen Familien entfernt haben.
Der BGH sah sich am 12.05.2010 mit seinem ersten „Filesharingurteil“ („Sommer unseres Lebens“) nicht in der Lage dem Treiben ein Ende zu bereiten.
Auch wenn keine Statistiken existieren die den Anteil der Abmahnungen die an Familienvorstände und Internetanschlussinhaber nach Tathandlungen der Sprösslinge angeben, dürfte deren Anzahl als enorm einzustufen sein. Die Gerichtssäle sind voll von solchen Fällen. Die meisten der Verhandlungen laufen nach der richterlichen Lebenserfahrung: „Aha! Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch.“ (Originalzitat eines Richters). Die Kölner Richter am Oberlandesgericht möchten die „Mäuse“ von Sanktionen bedroht sehen, oder empfehlen gar eine nachbarschaftliche Fremd-Überwachung der intimsten Inhalte auf Kindercomputern, wenn die „Katze“ technisch nicht fähig ist die „Mäuse“ zu überwachen. [vgl. Bericht zur Mündlichen Verhandlung OLG Köln] Das LG Köln propagiert gerne textbausteinmäßig die Ansicht, dass „das Unrechtsbewusstsein der Rechtsverletzer (Kinder, Jugendliche) dabei erschreckend wenig (von den Eltern) ausgebildet sei“. Diese Sichtweise folgt strikt dem Modell für das u.a. der Justizminister des Landes Baden-Württemberg, Prof. Dr. Ulrich Goll, Pate stand: „Das Urheberrecht ist für viele Jugendliche keineswegs ein Buch mit sieben Siegeln. Sie wissen recht genau, was sie dürfen und was nicht.“ [Vortrag - Risiko Raubkopie - Zu Risiken und Nebenwirkungen illegaler Downloads - Justizminister wirbt bei Schülerinnen und Schülern für Achtung des Urheberrechts] Nun reden wir mittlerweile über 10-jährige „jugendliche Rechtsverletzer". Ein Positivguthaben wird den Kindern nicht gut geschrieben. Sie werden nicht als technikbegeisterte und entwicklungsfreudige Gruppierung gesehen. Es wird nicht als normal empfunden das Kinder ihre Lieblinge "aus Funk und Fernsehen" unbedingt und oft ohne nachzudenken hören oder sehen wollen.
Stopft ein Familienvater im Monat 100€ in die Ausstattung der Tochter mit Kleidung, Musik, T-Shirts, Plakaten, Zeitschriften die in Verbindung zu dem morgen schon vergessenen Lieblings-Star stehen hat er gut gehandelt. Versorgt sich die Tochter mit einem 99cent-Song in einer Tauschbörse selbst ist die Demokratie in Gefahr und es muß eine Terrorwarnung ergehen.
Nun wird wahrscheinlich nie der Fall eintreten das Normalbürger und Familienvorstände restriktive Politmodelle und Rechtsprechung verinnerlichen werden und für die Urheberrechtsindustrie Privatermittler (oder böse gesagt die Familienstasi) zu spielen. Hierfür wird meist die Zeit fehlen oder mangelnde Kenntnis, fehlendes technisches Verständnis, ob aus „phobischer“ Einstellung zum Internet heraus Beschäftigungsängste, oder weil man sich schlicht keine Gedanken darüber macht. Eine organisierte Permanentüberwachung von Kindern und Jugendlichen im Bereich Internet ist absolut illusorisch. Jedoch ist die gerade in Köln gängige Meinung das "Eltern für ihre Kinder haften" nicht etwa nur eine Hürde die man erfährt wenn man in einem Verfahren steckt. Der Beschluss vom 23.12.2009 wurde als so wichtig erachtet das man stolz eine Pressemitteilung verfaßte [Pressemitteilung], die auch noch daran krankt das sie im Bereich Ehemann sich nicht im Urteil widerspiegelt.
Gesellschaftspolitisch dürfte eine derartige unfreiheitliche Einstellung zur Technik in der Keimzelle der Gesellschaft, der Familie, auch nicht wünschenswert sein! Welches Gesellschaftsbild vertreten die mit den Filesharing-Fällen befassten Richter und Richterinnen, die eine "Totalüberwachung" der Sprösslinge durch die Eltern fordern eigentlich? Haben sie sich schon einmal Gedanken über die Konsequenzen ihrer Forderungen gemacht?
In der Realität hat sich in den letzten Jahren ein richterlich autorisiertes Regime in hunderttausenden Fällen etabliert, über das Justizminister Goll sagt: „Wer auch nur einen MP3-Musiktitel illegal downloaded oder anderen zum Download anbietet, eröffnet Anwälten ein lukratives Geschäftsfeld.“ Das dieses Geschäftsfeld auf der Angst der Abgemahnten vor Kosten, Staatsanwalt, Gerichten und Existenzgefährdung basiert und sich spezialisierte Abmahnkanzleien damit eine goldene Nase verdienen verschweigt er.
Eine Abmahnung die auf einen Haushaltsvorstand trifft schlägt regelmäßig wie eine Bombe ein. Hierbei ist den Absendern und Verantwortlichen egal wie die sozialen Verhältnisse liegen. Berüchtigt sind dabei die Pornoabmahnungen die unvermittelt auf Rentnerhaushalte treffen, aber auch stakkatoartige Musikabmahnungen, die z.B. für Chartcontainer oder Sampler (Bravo-Hits, etc.) innerhalb weniger Tage nacheinander eintreffen und auch sozial gefestigte Familienverbände erschüttern können sorgen in erster Linie für Streit und Stress und stören massiv das familiäre Gefüge. Die Tragweite einer Abmahnung für labile Persönlichkeiten, zersplitterte Familien oder Familien in denen es bereits wegen zum Teil entwicklungsspezifischer Probleme zu Dissonanzen kommt ist den Beteiligten egal oder wird zumindest ausgeblendet. Der Versand einer Abmahnung beinhaltet immer ein Risiko den falschen zu Treffen. Nun steht dagegen das es tatsächlich enorme Anzahlen von Rechtsverletzungen im Internet gerade durch Jugendliche gibt. Eine Verfolgung dieser unerlaubten Handlungen ist nicht das Problem. Das Vehikel der urheberrechtlichen Abmahnung das als bewährtes rechtsstaatliches Mittel verkauft wird ist das Problem. Es sorgt in seinem Zustand seit Jahren für volkswirtschaftliche Schäden und es hat noch keine einzige Verletzungshandlung verhindert, da die Karawane schlicht zum nächsten - abmahnfreien - Platz im Internet wandert. Die Strategie von Politik - Rechteinhabern - Rechtsprechung ist gescheitert.
Wir kennen die Reaktionen der Jugendlichen und Kinder aus den Unterhaltungen in den Internetforen genau. Das erste Markenzeichen von ihnen ist es, dass es keine staatlichen oder schulischen Ansprechpartner gibt an die sie sich wenden können. Sie müssen sich an fremde Personen, engagierte Nichtjuristen wenden, um zu erfahren was es sich mit der „Sache mit den Abmahnungen“ auf sich hat. Man trifft auf hysterische Jugendliche die kaum fähig sind sich vernünftig zu artikulieren, nicht weil sie „dumm“ sind, sondern weil aus dem Nichts heraus ein extremer psychischer Druck auf ihnen lastet. Sie geben dabei die Taten sofort und bedenkenlos zu und äußern tief empfundenes Bedauern darüber, dass es die Eltern getroffen hat. Sie machen zwar schon bei den einfachsten Dingen wie dem Ausfüllen von modifizierten Unterlassungserklärungen alles falsch, man hat jedoch genügend Zugriff um die Angelegenheit rechtlich einwandfrei zu stellen. Was die Foren nicht organisieren können ist das Gespräch mit den Eltern.
Auch Rechtsanwalt X.... berichtet von Mandanten, die Schlafstörungen haben, ihr Internet abmelden, oder bei denen die Eltern den Kindern schlichtweg den Zugang zum Internet sperren, weil sie nicht mehr zu helfen wissen. Ob dies der richtige Weg sein kann die Jugendlichen zu mehr Medienkompetenz zu erziehen scheint ihm indes fraglich.
Als jemand der sich mit der Materie beschäftigt stelle ich mir jedoch persönlich immer die Frage, was mit den Jugendlichen geschieht, die sich nicht psychologisch und rechtlich in Internetforen betreuen lassen weil sie keine Hilfe suchen. Man darf von einer gewaltigen Dunkelziffer sprechen und kennt Fälle, die vor der Verjährung - drei Jahre nach dem Vorfall - urplötzlich auftauchen, um von ihm zu berichten. Tausende? Zehntausende? Jugendliche melden sich nicht!
Es wäre nun übertrieben von einem generellen Risiko vor allem für nicht beratene Jugendliche auszugehen und dass sich Vorfälle wie der dokumentierte immer wieder in hoher Anzahl ereignen. Die Dunkelziffer ist als enorm einzustufen. Es grenzt andererseits schon an ein Wunder, dass diese Geschichte von den Betroffenen vorgetragen und belegt wurde. Massenabmahnungen wegen angeblichem oder tatsächlichem Filesharing sind in Deutschland Alltag. Der Alltag der Massenabmahnungen wird weiter gehen, die Richtersprüche werden weiter massiven Druck auf die Haushalte ausüben, die Betreiber des lukrativen Geschäftsmodells werden sich nicht darum kümmern.
Welche Faktoren im Einzelnen die junge Vanessa R., Alter 14 Jahre im Einzelnen bewegt haben, sich zwischenW eihnachten und Neujahr 2010 mit einem wahllos zusammengestellten Cockail aus Schmerz- Fieber und Rheumamitteln umzubringen sind im Einzelnen nicht zu erörtern. Sie ist in einem gefährlichen Alter, in dem aber eine nach ihrer Auffassung unberechtigten urheberrechtliche Abmahnung massiv auf sie eingewirkt hat. Im Verlauf 2010 hatte die "Rechtsverletzerin" bereits eine, nach Auskunft des Vaters wohl dem Grunde nach berechtigte Musikabmahnung erhalten. Sie war nach eigener Aussage danach nicht mehr in Tauschbörsen aktiv, schon gar nicht im Bereich des Film-Filesharings. 100%-beweisgesichert erhielt die Familie dennoch eine Abmahnung. Das Mädchen fühlte sich allein gelassen. Niemand glaubte ihr, dass sie die Tat nicht begangen habe. Sie hatte Angst vor den Konsequenzen. Elterliche Sanktionen im Willen des Gesetzgebers taten das übrige.
Die gute Nachricht ist, dass sie zufällig von den Eltern vor dem Tod aufgefunden wurde und rechtzeitig ins Krankenhaus verbracht werden konnte. Sie lebt, was das Wichtigste ist. Gesundheitliche Folgeschäden für die Inneren Organe können noch nicht abgeschätzt werden. Das Mädchen wird nun ambulant psychologisch betreut und man kann nur hoffen, dass ihre Zukunft ohne bleibende Schäden belastet ist. Die Eltern und die Tochter sind zu keinen weiteren Stellungnahmen bereit.
Sie wird aber sicher nicht der letzte Fall bleiben. Für uns engagierte Nichtjuristen ist sie nicht das „Opfer dubioser Kanzleien“. Ich wusste vor der Dokumentation, eigentlich bereits bei meinem Einstieg ins Thema im Sommer 2008, dass solche Fälle irgendwann eintreten werden und ich davon erfahren werde. Es bleibt nur Hilflosigkeit übrig. Keiner der Engagierten kann solche Vorfälle verhindern. Das ist auch der Grund weshalb dieser Kommentar überhaupt geschrieben wird.
Die kaltlächelnde Rechtsprechung und die Verfechter des lukrativen Geschäftsmodells der Filesharing-Abmahnungen hingegen dürfen sich genau jetzt im Spiegel betrachten.
Der folgende Text wird sich mit einer besonderen Materie beschäftigen. Ich persönlich bin zwar in meinen Funktionen keineswegs zu mehr verpflichtet als Tatsachenbehauptungen die hier publiziert werden ggfs. belegen zu können. Natürlich wird aber auch sorgsam geprüft in wie weit die sozialen Umstände der echten Fälle die ich darstelle unter ethischen Kriterien veröffentlichungsfähig sind. Auch wenn ich es nicht für notwendig erachte werde ich die Texte zur Begutachtung dem Deutschen Presserat schicken um eine entsprechende Überprüfung des Inhalts in Bezug auf den "Pressekodex", vornehmlich Ziffer 8, Richtlinie 5 der "Pressemitteilung" herzustellen. Bis zur Antwort wird daher bei mir auch der Name der Rechtsanwaltskanzlei die den Fall gemeldet hat nicht veröffentlicht. Meine persönliche Meinungsäußerungen im Kommentarbereich sehe ich hingegen absolut im Rahmen der geltenden Gesetze. Ich werde den Text jedoch mit überprüfen lassen.
"Pressemitteilung"
"Wie ein Mandant der Rechtsanwaltskanzlei X......, der anonym bleiben möchte berichtet, versuchte seine minderjährige Tochter sich das Leben zu nehmen, nachdem die Eltern eine Filesharing-Abmahnung erhalten hatten.
Die Eltern hatten auf Grund einer Filesharing-Abmahnung das Ladekabel des internetfähigen Mobiltelefons konfisziert und ein Internetverbot ausgesprochen. Daraufhin hatte die Minderjährige eine Überdosis Tabletten genommen und wurde zwischen Weihnachten und Neujahr in das örtliche Krankenhaus eingeliefert. Die Eltern entdeckten dies nur durch Zufall, eine Stunde später wäre sie nach Einschätzung der Eltern wohl nicht mehr zu retten gewesen. Ob bleibende Schädigungen der inneren Organe verursacht wurden, ist zur Zeit noch unklar.
Der Selbstmordversuch erfolgte unmittelbar nachdem der Zugang zum Internet gesperrt wurde. Die Eltern fragen sich nun, wie man Jugendliche von irgendwelchen Urheberrechtsverletzungen abhalten soll, ohne dass die Situation eskaliert. Sie möchten der Öffentlichkeit auf diesem Wege davon berichten damit andere Eltern vor solchen Reaktionen ihrer Kinder gewarnt sind und damit den Abmahnkanzleien klar wird, welchen Einfluss die teilweise extrem angsteinflößenden Abmahnungen auf Minderjährige besitzen können. Nach Einschätzung des Vaters der Betroffenen, ist die Medienabhängigkeit von Jugendlichen und das Geschäftsmodell des massenhaften Versendens von Filesharing-Abmahnungen wohl noch gefährlicher als die meisten Eltern vermuten. Es sei wohl nur eine Frage der Zeit, bis irgendwann einmal ein noch ernsteres Unglück geschehe.
Die Tochter wird nun für das nächste halbe Jahr täglich ambulant psychologisch betreut, falls Wiederholungsgefahr festgestellt werden sollte, muss sie stationär in einer Heilanstalt eingeliefert werden.
Die Tochter beteuert weiterhin, dass sie nie irgendwelche Filme über das Internet heruntergeladen hat. Die Eltern glauben ihr. Abgemahnt wurde der angebliche Upload eines Filmwerkes über eine Internettauschbörse."
Um gleich etwaigen Gelüsten Einhalt zu gebieten: Ich selbst habe die Belege gesehen.
Kommentarbereich
Die dunkel Seite der „Sache mit den Abmahnungen“
„Damit stellte sich das elterliche Verbot als nicht von Sanktionen bedroht dar und die Kinder konnten unbeschränkt über den PC und den Internetzugang verfügen.“ [OLG Köln, Az: 6 U 101/09, Urteil vom 23.12.2009]
"Viele Frauen fühlten sich bisher nicht so stark wie Männer von unserer Kampagne 'Raubkopierer sind Verbrecher' angesprochen. Das wollen wir ändern und haben daher das Plakat 'Auch Raubkopiererinnen sind Verbrecherinnen' kreiert, das deutschlandweit an Kinos und Videotheken zum Weltfrauentag ausgeliefert wird." [Golem.de]
Das bislang erfolgreichste Jahr für Urheberrechtsverletzungen in p2p-Tauschbörsen abmahnende Künstler und Unternehmen ist vorüber. Es erbrachte über eine halbe Millionen Abmahnungen und die beteiligten Nutznießer des Geschäftsmodells können Eingänge in dreistelliger Millionenhöhe verbuchen.
Neben den vielfältigen Kritikpunkten an den Motiven der „Rechteinhaber“, den nicht zu 100% beweissicheren Ermittlungen, oder den exorbitanten Forderungen mit denen sich deutsche Haushalte konfrontiert sehen ist anlässlich eines dokumentierten Falls, den die u.a. auf die Abwehr von Filesharing-Abmahnungen spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei X....., X.... betreut, auf einen Missstand hinzuweisen der noch nicht ausreichend in die Köpfe der Verantwortlichen gelang ist. Hierbei darf man auch nicht die Rolle der Medien und die Entwicklung der Berichterstattung außer Acht lassen.
Von Zeit zu Zeit gibt es in einschlägigen Medien (ard, rtl, sat1, ...) Berichte über die klassische Vater-Mutter-Kind-Story nach urheberrechtlichen Abmahnungen mit Betroffenen. Sie wirken immer wie die Kopie eines zugrunde liegenden storytelling-Grundmusters:
* Mutter/Vater bekommt unerwartet Post vom Abmahn-Anwalt. Komplett aus dem Häuschen
* Interview mit Mutter/Vater, allgemeine Empörung über die Höhe der geforderte Summe, Hilflosigkeit, Ratlosigkeit
* Der Schuldige wird gesucht, im Sohn/in der Tochter gefunden
* Intensive Zurechtweisung des Sohnes/der Tochter
* Interview mit Sohn/Tochter: "Ich habe gar nicht gewusst, wie schlimm das ist. Machen doch alle."
* Interview mit einem Medienanwalt: "Ja, die Streitwerte sind sehr hoch, bestimmte Gerichte lassen die jedoch zu"
* Zähneknirschendes Bezahlen
* Familie zieht Fazit: "Das wird uns eine Lehre sein, das machen wir nie wieder."
* Keine Hilflosigkeit mehr, keine Ratlosigkeit, "Puuuh!"
Solche Werke sind nicht neutral, sondern psychologisch geschickt gemachte PR. Mit dem Wissen, das nicht nur Kinder durch Nachahmen lernen, wird vorgespielt, wie auf eine unbekanntes Ereignis (Filesharing-Abmahnung) zu reagieren ist (Sohn ist zurechtzuweisen, Scham muss empfunden werden, etc.). Besonders kritisch ist die Berichterstattung bisher nicht. [Quelle]
Folgende Ereignisse werden hingegen aus naheliegenden? Gründen nicht dokumentiert: Vanessa R., Alter 14 Jahre (Name geändert), hatte versucht sich zwischen Weihnachten und Neujahr 2010 durch die Einnahme von Tabletten umzubringen, nachdem ihre Eltern erneut eine Filesharing-Abmahnung erhalten hatten. Bereits im Oktober des Jahres 2010 wurde der Upload einer Tonaufnahme in einer Tauschbörse abgemahnt. Im Dezember 2010 folgte dann eine Abmahnung wegen des angeblichen öffentlichen Verbreitens eines Filmwerkes in einer Tauschbörse. Vanessa R. hatte keine Filme heruntergeladen. Keiner glaubte ihr!
Vornehmlich die Kölner und Hamburger Rechtsprechung zum Thema der Anschlussinhaberhaftung bei Rechtsverletzungen im Internet hat in einer Serie von Urteilen und Beschlüssen den „Willen des Gesetzgebers“ enorm restriktiv ausgelegt. Noch auffälliger als die Grundrichtung der bekannten Kammern und Richter und Richterinnen ist bereits ab dem Jahr 2009 die Behandlung von Fällen mit Tätern aus dem Familienkreis, zumeist Kindern oder Jugendlichen. Besonders der Verlauf des oben zitierten Kölner Verfahrens in dem ein 10-jähriger Sohn einer Anschlussinhaberin als möglicher Täter von den Richtern „identifiziert“ wurde zeigte auf, dass sich die Gerichte im Zuge einer klägerfreundlichen Rechtsprechung von der Lebensrealität in deutschen Familien entfernt haben.
Der BGH sah sich am 12.05.2010 mit seinem ersten „Filesharingurteil“ („Sommer unseres Lebens“) nicht in der Lage dem Treiben ein Ende zu bereiten.
Auch wenn keine Statistiken existieren die den Anteil der Abmahnungen die an Familienvorstände und Internetanschlussinhaber nach Tathandlungen der Sprösslinge angeben, dürfte deren Anzahl als enorm einzustufen sein. Die Gerichtssäle sind voll von solchen Fällen. Die meisten der Verhandlungen laufen nach der richterlichen Lebenserfahrung: „Aha! Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch.“ (Originalzitat eines Richters). Die Kölner Richter am Oberlandesgericht möchten die „Mäuse“ von Sanktionen bedroht sehen, oder empfehlen gar eine nachbarschaftliche Fremd-Überwachung der intimsten Inhalte auf Kindercomputern, wenn die „Katze“ technisch nicht fähig ist die „Mäuse“ zu überwachen. [vgl. Bericht zur Mündlichen Verhandlung OLG Köln] Das LG Köln propagiert gerne textbausteinmäßig die Ansicht, dass „das Unrechtsbewusstsein der Rechtsverletzer (Kinder, Jugendliche) dabei erschreckend wenig (von den Eltern) ausgebildet sei“. Diese Sichtweise folgt strikt dem Modell für das u.a. der Justizminister des Landes Baden-Württemberg, Prof. Dr. Ulrich Goll, Pate stand: „Das Urheberrecht ist für viele Jugendliche keineswegs ein Buch mit sieben Siegeln. Sie wissen recht genau, was sie dürfen und was nicht.“ [Vortrag - Risiko Raubkopie - Zu Risiken und Nebenwirkungen illegaler Downloads - Justizminister wirbt bei Schülerinnen und Schülern für Achtung des Urheberrechts] Nun reden wir mittlerweile über 10-jährige „jugendliche Rechtsverletzer". Ein Positivguthaben wird den Kindern nicht gut geschrieben. Sie werden nicht als technikbegeisterte und entwicklungsfreudige Gruppierung gesehen. Es wird nicht als normal empfunden das Kinder ihre Lieblinge "aus Funk und Fernsehen" unbedingt und oft ohne nachzudenken hören oder sehen wollen.
Stopft ein Familienvater im Monat 100€ in die Ausstattung der Tochter mit Kleidung, Musik, T-Shirts, Plakaten, Zeitschriften die in Verbindung zu dem morgen schon vergessenen Lieblings-Star stehen hat er gut gehandelt. Versorgt sich die Tochter mit einem 99cent-Song in einer Tauschbörse selbst ist die Demokratie in Gefahr und es muß eine Terrorwarnung ergehen.
Nun wird wahrscheinlich nie der Fall eintreten das Normalbürger und Familienvorstände restriktive Politmodelle und Rechtsprechung verinnerlichen werden und für die Urheberrechtsindustrie Privatermittler (oder böse gesagt die Familienstasi) zu spielen. Hierfür wird meist die Zeit fehlen oder mangelnde Kenntnis, fehlendes technisches Verständnis, ob aus „phobischer“ Einstellung zum Internet heraus Beschäftigungsängste, oder weil man sich schlicht keine Gedanken darüber macht. Eine organisierte Permanentüberwachung von Kindern und Jugendlichen im Bereich Internet ist absolut illusorisch. Jedoch ist die gerade in Köln gängige Meinung das "Eltern für ihre Kinder haften" nicht etwa nur eine Hürde die man erfährt wenn man in einem Verfahren steckt. Der Beschluss vom 23.12.2009 wurde als so wichtig erachtet das man stolz eine Pressemitteilung verfaßte [Pressemitteilung], die auch noch daran krankt das sie im Bereich Ehemann sich nicht im Urteil widerspiegelt.
Gesellschaftspolitisch dürfte eine derartige unfreiheitliche Einstellung zur Technik in der Keimzelle der Gesellschaft, der Familie, auch nicht wünschenswert sein! Welches Gesellschaftsbild vertreten die mit den Filesharing-Fällen befassten Richter und Richterinnen, die eine "Totalüberwachung" der Sprösslinge durch die Eltern fordern eigentlich? Haben sie sich schon einmal Gedanken über die Konsequenzen ihrer Forderungen gemacht?
In der Realität hat sich in den letzten Jahren ein richterlich autorisiertes Regime in hunderttausenden Fällen etabliert, über das Justizminister Goll sagt: „Wer auch nur einen MP3-Musiktitel illegal downloaded oder anderen zum Download anbietet, eröffnet Anwälten ein lukratives Geschäftsfeld.“ Das dieses Geschäftsfeld auf der Angst der Abgemahnten vor Kosten, Staatsanwalt, Gerichten und Existenzgefährdung basiert und sich spezialisierte Abmahnkanzleien damit eine goldene Nase verdienen verschweigt er.
Eine Abmahnung die auf einen Haushaltsvorstand trifft schlägt regelmäßig wie eine Bombe ein. Hierbei ist den Absendern und Verantwortlichen egal wie die sozialen Verhältnisse liegen. Berüchtigt sind dabei die Pornoabmahnungen die unvermittelt auf Rentnerhaushalte treffen, aber auch stakkatoartige Musikabmahnungen, die z.B. für Chartcontainer oder Sampler (Bravo-Hits, etc.) innerhalb weniger Tage nacheinander eintreffen und auch sozial gefestigte Familienverbände erschüttern können sorgen in erster Linie für Streit und Stress und stören massiv das familiäre Gefüge. Die Tragweite einer Abmahnung für labile Persönlichkeiten, zersplitterte Familien oder Familien in denen es bereits wegen zum Teil entwicklungsspezifischer Probleme zu Dissonanzen kommt ist den Beteiligten egal oder wird zumindest ausgeblendet. Der Versand einer Abmahnung beinhaltet immer ein Risiko den falschen zu Treffen. Nun steht dagegen das es tatsächlich enorme Anzahlen von Rechtsverletzungen im Internet gerade durch Jugendliche gibt. Eine Verfolgung dieser unerlaubten Handlungen ist nicht das Problem. Das Vehikel der urheberrechtlichen Abmahnung das als bewährtes rechtsstaatliches Mittel verkauft wird ist das Problem. Es sorgt in seinem Zustand seit Jahren für volkswirtschaftliche Schäden und es hat noch keine einzige Verletzungshandlung verhindert, da die Karawane schlicht zum nächsten - abmahnfreien - Platz im Internet wandert. Die Strategie von Politik - Rechteinhabern - Rechtsprechung ist gescheitert.
Wir kennen die Reaktionen der Jugendlichen und Kinder aus den Unterhaltungen in den Internetforen genau. Das erste Markenzeichen von ihnen ist es, dass es keine staatlichen oder schulischen Ansprechpartner gibt an die sie sich wenden können. Sie müssen sich an fremde Personen, engagierte Nichtjuristen wenden, um zu erfahren was es sich mit der „Sache mit den Abmahnungen“ auf sich hat. Man trifft auf hysterische Jugendliche die kaum fähig sind sich vernünftig zu artikulieren, nicht weil sie „dumm“ sind, sondern weil aus dem Nichts heraus ein extremer psychischer Druck auf ihnen lastet. Sie geben dabei die Taten sofort und bedenkenlos zu und äußern tief empfundenes Bedauern darüber, dass es die Eltern getroffen hat. Sie machen zwar schon bei den einfachsten Dingen wie dem Ausfüllen von modifizierten Unterlassungserklärungen alles falsch, man hat jedoch genügend Zugriff um die Angelegenheit rechtlich einwandfrei zu stellen. Was die Foren nicht organisieren können ist das Gespräch mit den Eltern.
Auch Rechtsanwalt X.... berichtet von Mandanten, die Schlafstörungen haben, ihr Internet abmelden, oder bei denen die Eltern den Kindern schlichtweg den Zugang zum Internet sperren, weil sie nicht mehr zu helfen wissen. Ob dies der richtige Weg sein kann die Jugendlichen zu mehr Medienkompetenz zu erziehen scheint ihm indes fraglich.
Als jemand der sich mit der Materie beschäftigt stelle ich mir jedoch persönlich immer die Frage, was mit den Jugendlichen geschieht, die sich nicht psychologisch und rechtlich in Internetforen betreuen lassen weil sie keine Hilfe suchen. Man darf von einer gewaltigen Dunkelziffer sprechen und kennt Fälle, die vor der Verjährung - drei Jahre nach dem Vorfall - urplötzlich auftauchen, um von ihm zu berichten. Tausende? Zehntausende? Jugendliche melden sich nicht!
Es wäre nun übertrieben von einem generellen Risiko vor allem für nicht beratene Jugendliche auszugehen und dass sich Vorfälle wie der dokumentierte immer wieder in hoher Anzahl ereignen. Die Dunkelziffer ist als enorm einzustufen. Es grenzt andererseits schon an ein Wunder, dass diese Geschichte von den Betroffenen vorgetragen und belegt wurde. Massenabmahnungen wegen angeblichem oder tatsächlichem Filesharing sind in Deutschland Alltag. Der Alltag der Massenabmahnungen wird weiter gehen, die Richtersprüche werden weiter massiven Druck auf die Haushalte ausüben, die Betreiber des lukrativen Geschäftsmodells werden sich nicht darum kümmern.
Welche Faktoren im Einzelnen die junge Vanessa R., Alter 14 Jahre im Einzelnen bewegt haben, sich zwischenW eihnachten und Neujahr 2010 mit einem wahllos zusammengestellten Cockail aus Schmerz- Fieber und Rheumamitteln umzubringen sind im Einzelnen nicht zu erörtern. Sie ist in einem gefährlichen Alter, in dem aber eine nach ihrer Auffassung unberechtigten urheberrechtliche Abmahnung massiv auf sie eingewirkt hat. Im Verlauf 2010 hatte die "Rechtsverletzerin" bereits eine, nach Auskunft des Vaters wohl dem Grunde nach berechtigte Musikabmahnung erhalten. Sie war nach eigener Aussage danach nicht mehr in Tauschbörsen aktiv, schon gar nicht im Bereich des Film-Filesharings. 100%-beweisgesichert erhielt die Familie dennoch eine Abmahnung. Das Mädchen fühlte sich allein gelassen. Niemand glaubte ihr, dass sie die Tat nicht begangen habe. Sie hatte Angst vor den Konsequenzen. Elterliche Sanktionen im Willen des Gesetzgebers taten das übrige.
Die gute Nachricht ist, dass sie zufällig von den Eltern vor dem Tod aufgefunden wurde und rechtzeitig ins Krankenhaus verbracht werden konnte. Sie lebt, was das Wichtigste ist. Gesundheitliche Folgeschäden für die Inneren Organe können noch nicht abgeschätzt werden. Das Mädchen wird nun ambulant psychologisch betreut und man kann nur hoffen, dass ihre Zukunft ohne bleibende Schäden belastet ist. Die Eltern und die Tochter sind zu keinen weiteren Stellungnahmen bereit.
Sie wird aber sicher nicht der letzte Fall bleiben. Für uns engagierte Nichtjuristen ist sie nicht das „Opfer dubioser Kanzleien“. Ich wusste vor der Dokumentation, eigentlich bereits bei meinem Einstieg ins Thema im Sommer 2008, dass solche Fälle irgendwann eintreten werden und ich davon erfahren werde. Es bleibt nur Hilflosigkeit übrig. Keiner der Engagierten kann solche Vorfälle verhindern. Das ist auch der Grund weshalb dieser Kommentar überhaupt geschrieben wird.
Die kaltlächelnde Rechtsprechung und die Verfechter des lukrativen Geschäftsmodells der Filesharing-Abmahnungen hingegen dürfen sich genau jetzt im Spiegel betrachten.
Freitag, 3. Dezember 2010
Logistep III - Das Urteil aus der Schweiz - online
Heute wurden die Schweizer Logistep-Urteile veröffentlicht
1C_285/2009 vom 08.09.2010
und die 295
Erste Kommentierung von David Vasella.
Kommentierung von RA Sebastian Dosch.
Kommentierung von Shual: Das Urteil gegen die Logistep ist in zwei wesentliche Bereiche unterteilt. RA Sebastian Dosch behandelt bereits ausreichend die tatsächlich erfrischend logisch vorgetragenen Ansichten zum Thema ob eine IP-Adresse nun ein personenbezogenes Datum darstellt oder nicht. Eine Gegenüberstellung der Argumente zum BGH-Urteil "Herbst unserer Abmahnerexistenz" vom 12.05.2010 dauert für heute zu lange. Ein maßgeblicher Punkt als Beispiel.
"Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass nicht vorausgesetzt ist, dass die Urheberrechtsverletzer bereits für die Beschwerdegegnerin bestimmbar sind. Vielmehr genügt es, wenn sie es nach Übergabe der entsprechenden Daten für die Urheberrechteinhaber werden." vs "Die IP-Adresse gibt deshalb bestimmungsgemäß keine zuverlässige Auskunft über die Person, die zu einem konkreten Zeitpunkt einen bestimmten Internetanschluss nutzt + Die Zuordnung einer zu einem bestimmten Zeitpunkt benutzten dynamischen IP-Adresse zu einem Anschlussinhaber enthält keine Aussage darüber, mit wem der Betreffende worüber und wie lange kommuniziert hat."
Die deutschen Richter versuchen sich über das Vehikel der Störerhaftung dem Thema zu nähern, in dem sie erklären das die von Tauschbörsenermittlungsfirmen fest gestellte Tathandlung nicht einen Verletzer, sondern eine Verletzung durch "jemanden" darstellt. Hier liegt natürlich ein logisches Problem vor, denn es "spricht ... eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist." Der Anschlußinhaber sei daher gehalten sich entsprechend der sekundären Darlegungslast zu der Verletzung zu äußern. Kann er dies nicht ist er als Täter zu qualifizieren. Die Schweizer Richter hingegen sehen schon ("Wohl ist davon auszugehen, dass in vielen Fällen der Urheberrechtsverletzer nicht ausfindig gemacht werden kann, so insbesondere dann, wenn verschiedene Personen zu einem Computer oder einem Netzwerk Zugang haben. Es ist jedoch ausreichend, dass die Bestimmbarkeit in Bezug auf einen Teil der von der Beschwerdegegnerin gespeicherten Informationen gegeben ist.") durch die Möglichkeit eines Teils der insgesamt ermittelten Daten einen Verletzer zu identifizieren einen ausreichenden Bezug zu datenschutzrechtlichen Belangen der Verletzer.
Von großem Interesse wird damit der Bereich: "Das Vorgehen der Beschwerdegegnerin schliesse zudem aus, dass dem IP-Adressinhaber im Moment der Beschaffung mitgeteilt werde, wozu seine Daten gespeichert würden. Selbst wenn es zutreffe, dass vereinzelt darauf aufmerksam gemacht werde, dass "Anti-P2P-Firmen Daten loggen", könne keineswegs von einer Angabe des Datenbeschaffungszwecks durch die Bearbeiterin gesprochen werden. Sowohl der Grundsatz der Zweckbindung wie auch der Grundsatz der Erkennbarkeit würden damit regelmässig verletzt." Die Schweizer Gerichte sehen also auch den deutschen § 28 BDSG, Abs. 1 verletzt. Das Thema der Erkennbarkeit der Ermittlung ist ebenso sehr spannend. Natürlich wird nicht ausgeführt wie sich eine Ermittlungsfirma im Internet zu erkennen geben muß. Es dürfte aber klar sein, das die anonymisierte Datenerhebung zu gewerblichen Zwecken mit dem Zweck der Rechtsverfolgung kollidiert. Würde eine Ermittlerfirma zweckgebunden und erkennbar auftreten gäbs wohl keine Verletzer der so dumm wäre eine Rechtsverletzung von sich aus zu begehen (obwohl die Dummen nie aussterben werden und vielfältig über nicht geschützte W-LANe operiert wird was die Hemmschwelle senkt).
Tatsächlich ist das Operieren als "Verdeckte Ermittlung" immer nur unter besonderen Vorraussetzungen möglich, wenn es zum Beispiel um schwere Straftaten geht. Es ist dabei auch unter Schutzmaßnahmen und aktiver Ermittlung zu unterscheiden. Das deutsche BGH-Urteil (anders als in den lächerlichen Pressemitteilungen der Logistep AG dargestellt) beschäftigt sich keines wegs mit den Ermittern, sondern mit der Verwertung der Daten in Auskunftsverfahren. Dabei spielt es auch keine Rolle ob man nun die IP-Adresse als Bestandsdatum oder Verkehrsdatum sieht.
Es ist jedoch fest zu halten, dass "Es ... Sache des Gesetzgebers und nicht des Richters ist, die allenfalls notwendigen Massnahmen zu treffen, um einen den neuen Technologien entsprechenden Urheberrechtsschutz zu gewährleisten." Der deutsche BGH erkennt hier den Willen des Gesetzgebers zur Verfolgung von Rechtsverletzungen. Allerdings fehlen die wiederum von den Schweizern eingeforderten klaren Aussagen der Logistep AG zu der tatsächlichen Verwertung der Datenmengen und gesetzliche Schranken. Wir kennen das Phänomen des Mißbrauchs der ermittelten Daten zur Genüge. Es äußert sich in Absurdforderungen, dem "Samplerabmahnungen"-Themenkreis, den vielfältigen Pannen der Ermittler und der beauskunftenden Stellen, schwerwiegenden prozessualen Fehlern der Anwaltskanzleien, grundsätzlichen Bedenken zum eigentlichen Beweiswert eines "Loggerbudenfreßzettels", der regelmäßig schwere Fehler in sich birgt, einer fehlenden Rechtsverfolgung nach Abmahnung die angesichts der Masse an mittlerweile 1,2Mio Abmahnungen überhaupt nicht zu organisieren ist und natürlich den vielfältigen Problemen die bei der Rechteübertragung oder gar Aktivlegitimation, also der eigentlichen Befugnis abmahnen zu können beginnen.
Der Wille des Gesetzgebers war es ein grandioses Chaos in dem noch die dubiosesten Forderungen unterstützt werden zu schaffen?
Nun zum wichtigsten Punkt des Urteils.
"Das Vorgehen der Beschwerdegegnerin stellt eine Persönlichkeitsverletzung dar."
"Im Übrigen zeitigt eine derartige (gegebenenfalls richterlich bestätigte) Empfehlung eine indirekte Wirkung für all jene Personen, die nach einer ähnlichen Methode vorgehen wie die Beschwerdeführerin,..."
Diese endgültige Qualifizierung der Ermittlung selbst als Persönlichkeitsrechtsverletzung hat weitreichende Folgen. Neben den vorhandenen Auskunftsrechten ist zu prüfen in wie weit eine Sperrung der Weitergabe, eine Löschung und eine mit der Persönlichkeitsretzverletzung einhergehden Schädigung gerichtlich durchgesetzt werden kann. Freiwillig wird die Logistep AG keinen Abgemahnten für die Persönlichkeitsrechtsverletzung entschädigen. Weitere Ansprüche kann man sich jedoch nicht vorstellen. [vgl. Urteil vom 09.09.2010, Obergericht des Kanton Zug (Az. JS 2010 44 und JS 2010 45)]
1C_285/2009 vom 08.09.2010
und die 295
Erste Kommentierung von David Vasella.
Kommentierung von RA Sebastian Dosch.
Kommentierung von Shual: Das Urteil gegen die Logistep ist in zwei wesentliche Bereiche unterteilt. RA Sebastian Dosch behandelt bereits ausreichend die tatsächlich erfrischend logisch vorgetragenen Ansichten zum Thema ob eine IP-Adresse nun ein personenbezogenes Datum darstellt oder nicht. Eine Gegenüberstellung der Argumente zum BGH-Urteil "Herbst unserer Abmahnerexistenz" vom 12.05.2010 dauert für heute zu lange. Ein maßgeblicher Punkt als Beispiel.
"Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass nicht vorausgesetzt ist, dass die Urheberrechtsverletzer bereits für die Beschwerdegegnerin bestimmbar sind. Vielmehr genügt es, wenn sie es nach Übergabe der entsprechenden Daten für die Urheberrechteinhaber werden." vs "Die IP-Adresse gibt deshalb bestimmungsgemäß keine zuverlässige Auskunft über die Person, die zu einem konkreten Zeitpunkt einen bestimmten Internetanschluss nutzt + Die Zuordnung einer zu einem bestimmten Zeitpunkt benutzten dynamischen IP-Adresse zu einem Anschlussinhaber enthält keine Aussage darüber, mit wem der Betreffende worüber und wie lange kommuniziert hat."
Die deutschen Richter versuchen sich über das Vehikel der Störerhaftung dem Thema zu nähern, in dem sie erklären das die von Tauschbörsenermittlungsfirmen fest gestellte Tathandlung nicht einen Verletzer, sondern eine Verletzung durch "jemanden" darstellt. Hier liegt natürlich ein logisches Problem vor, denn es "spricht ... eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist." Der Anschlußinhaber sei daher gehalten sich entsprechend der sekundären Darlegungslast zu der Verletzung zu äußern. Kann er dies nicht ist er als Täter zu qualifizieren. Die Schweizer Richter hingegen sehen schon ("Wohl ist davon auszugehen, dass in vielen Fällen der Urheberrechtsverletzer nicht ausfindig gemacht werden kann, so insbesondere dann, wenn verschiedene Personen zu einem Computer oder einem Netzwerk Zugang haben. Es ist jedoch ausreichend, dass die Bestimmbarkeit in Bezug auf einen Teil der von der Beschwerdegegnerin gespeicherten Informationen gegeben ist.") durch die Möglichkeit eines Teils der insgesamt ermittelten Daten einen Verletzer zu identifizieren einen ausreichenden Bezug zu datenschutzrechtlichen Belangen der Verletzer.
Von großem Interesse wird damit der Bereich: "Das Vorgehen der Beschwerdegegnerin schliesse zudem aus, dass dem IP-Adressinhaber im Moment der Beschaffung mitgeteilt werde, wozu seine Daten gespeichert würden. Selbst wenn es zutreffe, dass vereinzelt darauf aufmerksam gemacht werde, dass "Anti-P2P-Firmen Daten loggen", könne keineswegs von einer Angabe des Datenbeschaffungszwecks durch die Bearbeiterin gesprochen werden. Sowohl der Grundsatz der Zweckbindung wie auch der Grundsatz der Erkennbarkeit würden damit regelmässig verletzt." Die Schweizer Gerichte sehen also auch den deutschen § 28 BDSG, Abs. 1 verletzt. Das Thema der Erkennbarkeit der Ermittlung ist ebenso sehr spannend. Natürlich wird nicht ausgeführt wie sich eine Ermittlungsfirma im Internet zu erkennen geben muß. Es dürfte aber klar sein, das die anonymisierte Datenerhebung zu gewerblichen Zwecken mit dem Zweck der Rechtsverfolgung kollidiert. Würde eine Ermittlerfirma zweckgebunden und erkennbar auftreten gäbs wohl keine Verletzer der so dumm wäre eine Rechtsverletzung von sich aus zu begehen (obwohl die Dummen nie aussterben werden und vielfältig über nicht geschützte W-LANe operiert wird was die Hemmschwelle senkt).
Tatsächlich ist das Operieren als "Verdeckte Ermittlung" immer nur unter besonderen Vorraussetzungen möglich, wenn es zum Beispiel um schwere Straftaten geht. Es ist dabei auch unter Schutzmaßnahmen und aktiver Ermittlung zu unterscheiden. Das deutsche BGH-Urteil (anders als in den lächerlichen Pressemitteilungen der Logistep AG dargestellt) beschäftigt sich keines wegs mit den Ermittern, sondern mit der Verwertung der Daten in Auskunftsverfahren. Dabei spielt es auch keine Rolle ob man nun die IP-Adresse als Bestandsdatum oder Verkehrsdatum sieht.
Es ist jedoch fest zu halten, dass "Es ... Sache des Gesetzgebers und nicht des Richters ist, die allenfalls notwendigen Massnahmen zu treffen, um einen den neuen Technologien entsprechenden Urheberrechtsschutz zu gewährleisten." Der deutsche BGH erkennt hier den Willen des Gesetzgebers zur Verfolgung von Rechtsverletzungen. Allerdings fehlen die wiederum von den Schweizern eingeforderten klaren Aussagen der Logistep AG zu der tatsächlichen Verwertung der Datenmengen und gesetzliche Schranken. Wir kennen das Phänomen des Mißbrauchs der ermittelten Daten zur Genüge. Es äußert sich in Absurdforderungen, dem "Samplerabmahnungen"-Themenkreis, den vielfältigen Pannen der Ermittler und der beauskunftenden Stellen, schwerwiegenden prozessualen Fehlern der Anwaltskanzleien, grundsätzlichen Bedenken zum eigentlichen Beweiswert eines "Loggerbudenfreßzettels", der regelmäßig schwere Fehler in sich birgt, einer fehlenden Rechtsverfolgung nach Abmahnung die angesichts der Masse an mittlerweile 1,2Mio Abmahnungen überhaupt nicht zu organisieren ist und natürlich den vielfältigen Problemen die bei der Rechteübertragung oder gar Aktivlegitimation, also der eigentlichen Befugnis abmahnen zu können beginnen.
Der Wille des Gesetzgebers war es ein grandioses Chaos in dem noch die dubiosesten Forderungen unterstützt werden zu schaffen?
Nun zum wichtigsten Punkt des Urteils.
"Das Vorgehen der Beschwerdegegnerin stellt eine Persönlichkeitsverletzung dar."
"Im Übrigen zeitigt eine derartige (gegebenenfalls richterlich bestätigte) Empfehlung eine indirekte Wirkung für all jene Personen, die nach einer ähnlichen Methode vorgehen wie die Beschwerdeführerin,..."
Diese endgültige Qualifizierung der Ermittlung selbst als Persönlichkeitsrechtsverletzung hat weitreichende Folgen. Neben den vorhandenen Auskunftsrechten ist zu prüfen in wie weit eine Sperrung der Weitergabe, eine Löschung und eine mit der Persönlichkeitsretzverletzung einhergehden Schädigung gerichtlich durchgesetzt werden kann. Freiwillig wird die Logistep AG keinen Abgemahnten für die Persönlichkeitsrechtsverletzung entschädigen. Weitere Ansprüche kann man sich jedoch nicht vorstellen. [vgl. Urteil vom 09.09.2010, Obergericht des Kanton Zug (Az. JS 2010 44 und JS 2010 45)]
Abonnieren
Posts (Atom)