Dienstag, 28. Februar 2012

OLG Hamburg, Beschluss v. 13.02.2012 - Az.: 3 W 92/11

Dr. Martin Bahr

Vorbeugende P2P-Unterlassungserklärung an nicht mandatierten Rechtsanwalt wettbewerbswidrig

Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss v. 13.02.2012 - Az.: 3 W 92/11

Leitsatz:

Die Übersendung einer vorbeugenden Unterlassungserklärung im P2P-Bereich an eine nicht mandatierte Rechtsanwaltskanzlei stellt einen Wettbewerbsverstoß dar. Die vorzunehmende Abwägung der schutzwürdigen Rechtsgüter verbietet einen Eingriff in den anwaltlichen Geschäftsbetrieb.



Sachverhalt:

Der Beklagte, ein Rechtsanwalt, hatte der Klägerin, einer Anwaltskanzlei, im Interesse seines Mandanten eine vorbeugende Unterlassungserklärung betreffend die Verletzung urheberrechtlich geschützter Werke (P2P-Urheberrechtsverletzung) zukommen lassen.

Seitens der Klägerin bestand indessen keinerlei Mandatsverhältnis zu dem in der Unterwerfungserklärung genannten Urheber.

Die Klägerin nahm die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.


Entscheidung:

Das Oberlandesgericht gab der Klägerin überwiegend Recht.

Das Verhalten des Beklagten stelle eine unzumutbare Belästigung im Sinne des Urheberrechts sowie einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar.

Die Klägerin, die sich in Unkenntnis darüber befinde, wer Urheberrechtsinhaber sei und ob ein Mandatsverhältnis eines Rechteinhabers zu ihr bestehe, habe den Rechercheaufwand betreiben müssen, welcher zur Beurteilung der rechtlichen Relevanz der urheberrechtlichen Unterwerfung nötig sei.

Sie habe sich veranlasst gesehen, unter Aufbietung von personellen und sonstigen Ressourcen ihrerseits zu klären, ob die Unterwerfung ein mit den namentlich genannten oder auch nur über die genannten Werktitel ermittelbaren Rechteinhabern bestehendes Mandatsverhältnis betreffe.

Der Beklagte habe sich "auf Kosten" der Klägerin die Last der Klärung der tatsächlichen Grundlagen der Unterwerfung "erspart".

Mit dieser Verfahrensweise wirke der Beklagte zugunsten seiner eigenen geschäftlichen Tätigkeit auf den Geschäftsbetrieb der Klägerin und deren Möglichkeit zur wettbewerblichen Entfaltung in relevanter Weise ein.

Die vorzunehmende Abwägung zwischen dem Interesse des Beklagten an der freien Wahl der für angebracht gehaltenen Mittel der anwaltlichen Vertretung und das Interesse der Klägerin, in der Ausübung ihres anwaltlichen Geschäftsbetriebs nicht durch die ressourcenzehrende Bearbeitung außerhalb bestehender Mandate ungezielt versandter vorbeugender Unterwerfungen behindert zu werden, streite zugunsten der Klägerin.

Es sei zunächst einmal Sache des für eine Urheberrechtsverletzung verantwortlichen, ggf. anwaltlich vertretenen Störers, die zur Rechtswahrung mittels Unterwerfung nötigen Tatsachen und Rechtsverhältnisse zu ermitteln. Diese Aufgabe obliege nicht dem Verletzten oder seinem Rechtsanwalt, schon gar nicht aber einem Rechtsanwalt, der durch den Verletzten nicht mandatiert sei.

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