Samstag, 12. Mai 2012
OLG Thüringen, Urteil vom 21.03.2012, Az. 2 U 602/11
Via RA Ole Damm
Die Spezial-Frage der rechtlichen Bewertung, der mit urheberrechtlichen Abmahnungen stets geforderten Abgabe einer bestimmten und vorgefertigten Unterlassungserklärung, führt gerne in besondere Urteile und Beschlüsse. Besondere Berühmtheit erlangte der Beschluss des OLG Köln vom 20.05.2011, Az.: 6 W 30/11, und das nicht etwa weil er die "alten" Versionen der Abmahnungen der Kanzlei Waldorf-Frommer 2006 - 2011 vollständig untaugliche Abmahnungen darstellen, sondern weil der Heimathafen des dortigen Lieblingsanwalts den Kölner Beschluss totalignoriert (BGH-fähig).
Nun beschäftigte sich das OLG Thüringen allerdings im wettbewerbsrechtlichen (bedingt übertragbar aufs Urheberrecht) Segment mit der Frage der Geltung einer unterschriebenen "Orginal-Unterlassungserklärung", wenn ein Vertragsstrafenversprechen in der Höhe von 25.000,00€ gefordert wird.
Hier ein adäquates Beispiel aus dem Abmahnwahn:
Das OLG Thüringen hatte letztlich ein solches Produkt (25.000,00€) als nichtig bewertet. Damit kann in erster Linie die Vertragsstrafensumme in Höhe von 25.000,00€ nicht eingefordert werden.Nicht eingefordert bedeuted im Übrigen hier gar nicht = 0,00€. (Sollte das Gericht keine Kostenteilung beschlossen haben gingen die Verfahrenskosten im Bereich von 11.000,00€ + Spesen ganz an die erfolglose Klägerin.)
Angesichts der Argumentationslinien des OLG Thüringen muss ich erkennen, dass die obige Orgnal-Unterlassungserklärung, sofern vom Abgemahnten unterschrieben ebenso nichtig zu werten ist. Die wichtigsten:
1. "Eine unangemessene Benachteiligung liegt vor, weil die Klausel ohne Differenzierung nach Art, Umfang, Schwere und Grad des Verschuldens des konkreten Verstoßes eine Vertragsstrafe in einer erheblichen und so auch nicht üblichen Höhe vorsieht (vgl. OLG Hamburg Magazindienst 2000, 23)."
Es gibt hier keinerlei Ansatzpunkte, die für die Höhe der Vertragsstrafe (6.000,00€) vorgetragen wären. Ebenso werden keine graduellen Unterschiede erläutert.
2. Fehlende "Differenzierung" ("Es kann der Klausel nicht entnommen werden, inwieweit der Kläger beabsichtigt hatte, geringfügige Verstöße oder nur aufgrund leichter Fahrlässigkeit begangene Verstöße zusammenzufassen."
Mehr als interessant: Jede "Orginal"- aber auch jede "modifizierte" Unterlassungserklärung enthält nach dem Hamburger Brauch die Floskel "für jeden Fall der Zuwiderhandlung". Es dürfte jedoch klar sein, dass zwischen dem Versuch eines Verstoßes gegen den § 19a UrhG (Werk in Tauschbörse nur 3% angeladen) und einem schwunghaften Raubkopiehandel an 250 "Kunden" für 5€/Stück ein kleiner Unterschied besteht.
3. "Bei der Bemessung einer Vertragsstrafe kommt es - unter Berücksichtigung von Schwere und Ausmaß der Zuwiderhandlung - auf den Sanktionscharakter der Vertragsstrafe und deren Funktion an, weitere Zuwiderhandlungen zu verhüten, ferner auf die Gefährlichkeit der Zuwiderhandlung für den Gläubiger, auf das Verschulden des Verletzers und - gegebenenfalls - auf die Funktion der Vertragsstrafe als pauschalierter Schadensersatz (BGH GRUR 1994, 146 - Vertragsstrafebemessung). Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist die vom Kläger vorgegebene Vertragsstrafe unangemessen hoch."
Nehmen wir mal den "pauschalisierten Schadensersatz", der gerade in den TGC-Verfahren diskutiert wird als Beispiel, nämlich 182,00€ und legen ihn neben das geforderte Vertragsstrafenversprechen in Höhe von 6.000,00€ erkennen wir einen Unterschied (bei zB gleicher Verletzungshandlung) von 5.818,00€. Interessanter Weise sucht die Kanzlei im Beispiel am Gerichtsstand Berlin solche Schadensersatzforderungen bei einer erstmaligen Zuwiderhandlung durchzusetzen. Nach der Logik der Kanzlei da müßte also in der "Orginal-Unterlassungserklärung" ein Wert von 165.000,00€ stehen.
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